Christian Lindner - Haushaltsgesetz 2022 (3. Beratung)
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Kollege Bury, ich habe Ihrem leidenschaftlichen Plädoyer gerne zugehört. Vieles von dem, was Sie gesagt haben, teile ich auch in der Sache. Dennoch musste ich gerade noch mal im Volkshandbuch nachschauen. Dort habe ich gesehen: Das ist jetzt Ihre erste Wahlperiode.
(Dr. Silke Launert [CDU/CSU]: Jetzt kommt wieder der Vorwurf!)
Deshalb können Sie nicht wissen, dass Sie viele Dinge kritisiert haben, die ich von der Vorgängerkoalition übernommen habe.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Silke Launert [CDU/CSU]: Ja, aber die Situation hat sich geändert! Es ist immer dasselbe!)
Das will ich gerne an einigen wenigen Punkten deutlich machen.
Der erste Punkt. Wir haben diese Haushaltsberatungen ja in drei Phasen miteinander gestaltet. Die erste Phase war der zweite Regierungsentwurf 2022, der Entwurf der Ampelkoalition. Wir haben dort die Eckpunkte von 99,7 Milliarden Euro Nettokreditaufnahme für 2022 fortgeschrieben. Aber anders als die Vorgängerkoalition haben wir andere Schwerpunkte gesetzt. Obwohl wir im zweiten Regierungsentwurf nicht einen Euro mehr Schulden geplant hatten als die Große Koalition, haben wir eine BAföG-Reform realisiert, haben wir mehr für den sozialen Wohnungsbau getan. Wir haben in Klimaschutz investiert, und wir haben den von CDU/CSU und SPD verantworteten Einkommensteuertarif an die Inflation angepasst, um die Menschen zu entlasten.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Sie haben die KfW-Förderung abgeschafft!)
Und das alles haben wir mit Ihren Eckpunkten getan. Damit kann ich sagen: Der zweite Regierungsentwurf 2022 war bereits der Beginn von Konsolidierungspolitik.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD – Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Da muss sogar der Bundeskanzler lachen! – Gegenruf des Abg. Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Ich sehe ein schlumpfiges Grinsen!)
Wir haben mir Ihren Eckpunkten mehr Qualität erreicht. Da sieht man: Es kommt eben auf den Koalitionspartner an, damit Gutes bewirkt werden kann.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Zum Zweiten: der Ergänzungshaushalt. Im Ergänzungshaushalt ist die 1 Milliarde für die Ukraine enthalten. Im Ergänzungshaushalt sind die Wirtschaftshilfen enthalten. Im Ergänzungshaushalt sind die Entlastungsmaßnahmen enthalten, die wir doch alle brauchen – insgesamt 39 Milliarden Euro an Hilfen für Geflüchtete, Unterstützung im Inland, militärische Ertüchtigung, Solidarität mit der Ukraine. Nennen Sie eine Maßnahme daraus, die Sie nicht wollen oder die die von Ihnen regierten Länder nicht gerne mit umsetzen, wie zum Beispiel das 9‑Euro-Ticket!
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Silke Launert [CDU/CSU]: Wir haben ganz viele Detailvorschläge zu den Einzelhaushalten gemacht!)
Meine Damen und Herren, deshalb haben wir 139 Milliarden Euro Nettokreditaufnahme in einem Jahr von Krieg und Krise. Nur zum Vergleich: Wir planen jetzt mit 139 Milliarden Euro. Im letzten Haushalt der CDU-geführten Regierung 2021 war die Planzahl 240 Milliarden Euro.
(Widerspruch bei der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Finanzminister Scholz!)
– Ja, Finanzminister Scholz ist jetzt der Bundeskanzler.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Florian Oßner [CDU/CSU]: Das war ein Eigentor! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Das ist so lächerlich!)
Wir haben jetzt eine andere Arbeitsteilung in der Regierung.
Jetzt kommen die 100 Milliarden Euro für das Sondervermögen Bundeswehr hinzu, dem Sie ja zustimmen. Sie stimmen zu. Sie halten das auch für erforderlich, weil wir damit ja eine jahrelange Vernachlässigung der Bundeswehr beenden.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, haushaltspolitisch hat die Vernachlässigung der Bundeswehr noch eine andere Seite. Die Vernachlässigung der Bundeswehr hat doch über Jahre auch CDU-geführten Regierungen Verteilungsspielraum an anderer Stelle gebracht.
(Konstantin Kuhle [FDP]: So ist es! Guter Einwand!)
Deshalb ist es nur richtig, dass Sie jetzt zustimmen, dass wir diese 100 Milliarden Euro in die Bundeswehr investieren. Damit bekennen Sie sich dazu, dass Sie sowohl für den Zustand der Bundeswehr als auch für die Finanzen dieses Landes, die Sie uns hinterlassen haben, Verantwortung haben.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Wir haben es erarbeiten müssen, weil die Grünen dagegen waren!)
Was ist nun die Alternative, die Sie angeboten haben? Sie wollen 60 Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds abziehen und in diesem Jahr einsetzen. Dann fehlen uns in den nächsten Jahren wichtige transformative Investitionen. Vor allen Dingen aber klagen Sie, Herr Kollege Bury, gegen diese 60 Milliarden Euro.
(Bettina Hagedorn [SPD]: Ja!)
Das heißt: Die 60 Milliarden Euro, die es nach Ihrer Überzeugung gar nicht geben sollte, geben Sie trotzdem gerne aus. Wie widersprüchlich ist dies?
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Yannick Bury [CDU/CSU]: Kollege, das stimmt nicht! Falsch! – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Peinlich! Peinlich von der Union!)
Jetzt werden alle Rücklagen aufgelöst, die wir von Ihnen übernommen haben. Wie wollen Sie denn den Haushalt 2023 aufstellen, ohne diese Rücklagen einzusetzen? Ich sage Ihnen: Wir machen es nicht wie mit der Tageszeitung. Ihre Haushaltsänderungsanträge landen nicht im Papierkorb; die kommen in die Wiedervorlage für die Haushaltsberatung 2023.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Florian Oßner [CDU/CSU]: Ja, richtig! – Dr. Silke Launert [CDU/CSU]: Genau!)
Ich komme zum Schluss. – Bei alldem sind Sie in der Lage, immer noch mehr Ausgaben, mehr Entlastungen, mehr Subventionen über die KfW zu fordern. Sie wollen in der Haushaltspolitik Schäuble sein; das ist Ihr Anspruch. Aber die Realität ist nicht Schäuble. Die Realität ist:
(Florian Oßner [CDU/CSU]: Scholz!)
Sie gehen mit dem Geld der Menschen um wie der Jongleur auf der Strandpromenade von Sylt.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Silke Launert [CDU/CSU]: Das trifft auf Sie zu, aber nicht auf uns!)
Es folgt für die AfD-Fraktion Kay Gottschalk.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7537314 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 42 |
Tagesordnungspunkt | Haushaltsgesetz 2022 (3. Beratung) |