03.06.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 42 / Tagesordnungspunkt V

Ingeborg GräßleCDU/CSU - Haushaltsgesetz 2022 (3. Beratung)

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben immer schon gewusst, dass Rot-Grün nicht mit Geld umgehen kann: Wenn einem 332 Milliarden Euro Steuereinnahmen nicht reichen und man sie noch durch eine sensationelle Neuverschuldung toppen muss, ist klar, dass das nichts wird. Aber dazu, dass die FDP da mit im Boot sitzt, zustimmt und sich dann als Hütchenspieler in der Öffentlichkeit aufführt, muss ich sagen: Herr Minister, als Hütchenspieler sind Sie einfach nicht gut genug. Vielleicht sollten Sie die entsprechende Fortbildung eher in Berlin als auf Sylt suchen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der AfD – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)

Wir haben gemerkt, dass die großen Verlierer dieses Haushalts die Rentnerinnen und Rentner sind. Sie haben „Respekt“ plakatiert; Sie haben plakatiert, dass jetzt die große soziale Gerechtigkeit kommt. Doch gerade die Gruppe der Rentnerinnen und Rentner fällt bei Ihnen durchs Raster. Wir beraten nachher auch noch Ihr Rentengesetz, mit dem allerdings nur Rentenlöcher gestopft werden, statt dass eine neue Rentenperspektive geschaffen wird. Wir finden das falsch. Die Aktienrente der FDP ist offenbar ganz beerdigt.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Ja, stimmt! Gibt es nicht mehr! – Konstantin Kuhle [FDP]: Wartet mal ab!)

Jedenfalls finden wir in diesem Haushalt keinen einzigen Euro dafür. Und beim Energiegeld vergessen Sie ausgerechnet diejenigen, die von Inflation und Preissteigerungen am stärksten betroffen sind, nämlich die Rentnerinnen und Rentner.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir finden das falsch. Wir haben viele gute Gründe, diesen Haushalt abzulehnen.

(Konstantin Kuhle [FDP]: Dann nennen Sie doch mal welche!)

Ich möchte Ihnen aber in meinem 25. Parlamentsjahr auch noch ein paar Eindrücke aus der ersten Beratung dieses Haushalts mitteilen. Ich kann nur sagen: Danke für nichts! Wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht gewesen wären, hätten wir nichts zu beklatschen gehabt. Ich muss Ihnen sagen: Ich bin schon schockiert angesichts der Aufgabe von Parlamentsrechten und der Art und Weise, wie die Regierung ihr Big Government, ihren großen Apparat nachts um 1 Uhr durch die kalte Küche aufgebaut hat – ohne Protest der entsprechenden Regierungskoalitionäre, die stattdessen das Ganze zur Kenntnis genommen und durch Händeheben brav zugestimmt haben.

Die 1 500 neuen Stellen beim Zoll müssen jetzt als Rechtfertigung für einen Stellenaufwuchs von 10 000 Stellen herhalten. Geht’s noch? Das ist erbärmlich.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir gehen aus diesen Haushaltsberatungen mit einem Rekordaufwuchs an Stellen heraus – mit einem Rekordaufwuchs an Stellen, die die künftigen Generationen über die nächsten 30 oder 40 Jahre belasten werden. Das empfinde ich als das Gegenteil von Nachhaltigkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie haben doch einst plakatiert „Mehr Demokratie wagen!“; die Überschrift Ihres Koalitionsvertrages ist „Mehr Fortschritt wagen“. Ich empfinde es als undemokratisch, wenn die Vorlagen so spät kommen, dass man sie wirklich nicht mehr zur Kenntnis nehmen kann.

(Karsten Klein [FDP]: Da hätten Sie mal unter der Unionsregierung da sein sollen! Wann da die Vorlagen kamen! Die wurden als Tischvorlagen verteilt, während der Verhandlungen!)

Ich empfinde das ganze Vorgehen als regierungslastig. Dass Ihnen das gefällt, glaube ich sofort; aber es macht Sie halt auch zu braven Abnickern von Regierungsvorlagen und dreisten Versuchen, die Regierung aufzubauschen, und das bei Tag und bei Nacht. Ich habe so etwas noch nie gesehen und möchte es eigentlich auch nicht sehen.

In zentralen Fragen dieses Landes sind wir kein Jota vorangekommen. Eine solche Frage ist nämlich, warum auf manchen Haushaltslinien so viel Geld vorhanden ist, dass die Verwaltung das Geld gar nicht umsetzen kann. Da ist es mit Schuldzuweisungen nicht getan. Offenbar gibt es strukturelle Probleme in unserem Land, die regierungsunabhängig sind. Das betrifft gerade auch die Probleme der Digitalisierung, die sowohl beim BMF als auch beim BMI ressortieren. Denen müssen wir uns zuwenden. Es wäre gut, wenn Sie hier nicht mit unterkomplexen Analysen glänzen würden,

(Jamila Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das können Sie sich selbst auf die Fahne schreiben!)

nämlich mit dem Satz: „Wir wollen, also geht es“, und im Umkehrschluss: „Ihr wolltet nicht, also ging es nicht.“ PR und Selbstlob werden diese Probleme nicht lösen.

Was mich in dieser Debatte wirklich entsetzt hat, ist, wie die Redner der Ampel die Fakten verdreht haben. Da wurde in der Generaldebatte behauptet, die Union wolle die von ihr beklagten Ausgaben in Höhe von 60 Milliarden Euro für den Energie- und Klimafonds zur Deckung ihres Entlastungspakets nutzen.

(Andreas Schwarz [SPD]: Ja, das stimmt auch! – Dennis Rohde [SPD]: Steht heute noch einmal im Antrag! Lesen hilft!)

Die Realität sieht anders aus: Wir senken die von Ihnen umgewidmeten Mittel im Rahmen unserer Anträge ab.

(Dennis Rohde [SPD]: Dann nehmen Sie die Klage heute zurück! Das muss die Konsequenz sein!)

Genutzt werden sie rein haushaltstechnisch, damit Ihre Neuverschuldung in der Vorlage reduziert wird.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, das stimmt nicht! Sie haben gesagt, zur Finanzierung eines Entlastungspakets! Steht in der Begründung drin!)

Glauben Sie wirklich, dass wir Ihnen so eine Steilvorlage geben würden? Glauben Sie das wirklich? Lesen Sie mal die Dokumente! Lesen Sie die Dokumente richtig!

(Beifall bei der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Über Rücklagen machen Sie das!)

Zur Finanzierung unseres 40‑Milliarden-Euro-Entlastungspakets verwenden wir Mittel aus der Rücklage in Höhe von 48,2 Milliarden Euro, einer Rücklage übrigens, die unter der CDU/CSU-geführten Regierung geschaffen wurde und die Sie weiter gebunkert haben. Warum haben Sie sie gebunkert? Weil Sie sie natürlich zur Befriedung der Koalition mit Geld brauchen.

(Dennis Rohde [SPD]: Die Finanzplanung unter Bundeskanzlerin Merkel hat genau das so vorgesehen! Jetzt wird es peinlich, Frau Kollegin!)

Wir entsprechen einer Empfehlung des Bundesrechnungshofs, der sagt: Konsum von Rücklagen vor neuen Schulden. – Sie haben wie die Eichhörnchen im Winter in diesem Haushalt Vorräte angelegt –

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat Angela Merkel gemacht!)

Manövriermasse, Spielgeld und Kitt für einen bereits brüchigen Koalitionsfrieden.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nö!)

Sie ringen halt nicht um die beste Politik, sondern handeln nach dem Motto „Jeder kriegt was“. Das Ganze geht zulasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die sich schon fragen, was aus dieser Koalition noch an Positivem herauskommen soll, das unser Land wirklich weiterbringt.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU – Jamila Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich dachte, Sie bemängeln Unterkomplexität!)

Für die FDP-Fraktion spricht jetzt Otto Fricke.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7537318
Wahlperiode 20
Sitzung 42
Tagesordnungspunkt Haushaltsgesetz 2022 (3. Beratung)
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