Marcus FaberFDP - Bundeswehrsondervermögensgesetz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Heute ist Tag 100 von Putins Angriffskrieg auf die Ukraine, und es wird leider nicht der letzte Tag sein. Seit 100 Tagen weiß auch jeder hier im Saal, dass wir in einer neuen Realität leben und dass diese Realität bleibt, die Realität, dass ein Staat einen anderen Staat in Europa grundlos überfällt. Wir haben eine Realität, in der Menschen Schutz suchen. Sie suchen Schutz vor Raketen, sie suchen Schutz vor Artillerie, und sie suchen Schutz vor den russischen Invasionstruppen. Wegen dieser neuen Realität haben wir eine Zeitenwende, hinter der sich zum Glück ein sehr großer Teil dieses Hauses versammelt, nämlich die SPD, die Grünen, die FDP und dankenswerterweise auch die Union. Das ist richtig. Diese Zeitenwende muss nicht nur im Kopf ankommen. Sie muss auch in der Realität ankommen, und dafür setzen wir mit dem Sondervermögen gerade einen sehr wichtigen Punkt.
(Beifall bei der FDP)
Ich möchte mich bei der Bundesregierung, vor allem bei unserem Bundesfinanzminister bedanken, dass er dieses Sondervermögen hier verhandelt, damit wir die Bundeswehr ausrüsten können. Ich möchte mich auch bei den genannten vier Fraktionen bedanken, dass wir das hier gemeinsam tragen; denn es ist keine Selbstverständlichkeit, dass man in einer solchen Krise zusammensteht und dass dieser Bundestag ein so starkes Signal setzt. Ich glaube, darauf können wir sehr stolz sein, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Falko Mohrs [SPD])
Diese Zeitenwende besteht aus zwei ganz wesentlichen Teilen:
Der erste Teil ist besonders eilig und dringend. Das ist die Hilfe für die Ukraine. Wir haben uns entschieden, Waffen dorthin zu liefern; Panzerfäuste, Stinger sind geliefert. Wir werden schwere Waffen liefern – Panzerhaubitzen, Geparden –,
(Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Wann?)
und wir tun das alles, weil Kinder in Kellern sitzen, während die Wohnblöcke über ihnen unter Artilleriefeuer stehen. Wir tun das alles, damit dieser Zustand nicht ewig währt. Wir tun das, damit auch die Ukrainerinnen und Ukrainer in Frieden und Freiheit leben können. Auf diesem Weg sind wir einige Schritte gegangen, und wir werden noch weitere gehen müssen.
Der zweite wichtige Teil ist das Sondervermögen, das wir heute verabschieden, um die Bundeswehr auszurüsten. Wir wollen die Bundeswehr in die Lage versetzen, diese Republik, aber eben auch unsere Bündnispartner zu verteidigen. Wir wollen das Prinzip aufrechterhalten, dass es nicht von der Größe eines Landes abhängt, ob es über sich selbst bestimmen kann oder nicht, sondern vom Willen seiner Bürgerinnen und Bürger. Wir wollen, dass das in ganz Europa gilt.
Viele Menschen im Baltikum haben die Präsenz russischer Truppen sicherlich noch gut in Erinnerung. Ich denke an die Hansestadt Riga. Es gibt dort sicherlich viele Menschen, die sich noch daran erinnern, dass russische Truppen vor Ort waren. Das geht vielen Menschen in meiner Heimatstadt, der Hansestadt Stendal, auch so.
Herr Faber, entschuldigen Sie bitte kurz. – Es ist eine sehr große Unruhe im Saal, sodass wir dem Redner nicht folgen können. Ich bitte die Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, die der Debatte folgen wollen, ihre Plätze einzunehmen. Die anderen bitte ich, den Raum zu verlassen. Das betrifft vor allem die stehenden Personen im hinteren Teil des Plenarsaals. Ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen, wenn Sie hierbleiben möchten, damit wir die Debatte gut fortführen können, vor allem angesichts der Wichtigkeit des Themas. – Vielen Dank.
Herr Faber, Sie können fortfahren.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich war gerade dabei, zu betonen, dass die Menschen in der Hansestadt Riga sicherlich keine russischen Truppen mehr in ihrer Stadt haben wollen, weil sie sich noch gut daran erinnern, wie das war. Das verbindet viele Menschen in Mittel- und Osteuropa, zum Beispiel die Menschen in Riga und die in meiner Heimatstadt, der Hansestadt Stendal. Mit diesem Sondervermögen senden wir eine klare Botschaft: Sie müssen davor auch keine Angst haben, weil wir nicht nur den Willen haben, uns zu verteidigen, sondern dann auch die Fähigkeiten. Dafür haben wir dieses Sondervermögen, meine Damen und Herren. Wir werden damit die Bundeswehr ausrüsten. Wir werden das einhalten, was diese Bundesregierung der NATO mehrfach zugesagt hat, nämlich das 2‑Prozent-Ziel. Wir setzen ein klares Signal Richtung Russland. Wir haben Verteidigungskapazitäten in Deutschland und Europa. Außerdem werden wir etwas beenden, was hier viel zu lange Normalzustand war: dass man die Bundeswehr kaputtspart. Wir werden die Bundeswehr ausrüsten, wir werden altes durch neues Gerät ersetzen, und wir werden dafür sorgen, dass auch genug Material da ist.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ein Beispiel. Meine Damen und Herren, wir haben heute Tag 100 von Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine, und wir haben für zwei Tage Munition. Der NATO-Standard sind 30 Tage. Allein um diese Lücke zu schließen, müssen wir investieren. Wir müssen auch in Panzer investieren, in Hubschrauber und in Kampfjets. Ich glaube, niemand hier hat sein politisches Engagement begonnen, weil er das machen will. Aber wir müssen es heute machen, um die zivilen Investitionen, die wir hier tätigen, zu erhalten, um ihren Bestand, um unser Gesellschaftsmodell und damit auch Frieden und Freiheit in Europa zu sichern.
Wir werden das auf eine Art tun: Wir werden marktverfügbares Material kaufen, und wir werden zeitgleich den Beschaffungsprozess reformieren, damit das Gerät schnell in der Truppe ankommt; denn es geht hier um die Sicherheit nicht nur unseres Landes, sondern des gesamten europäischen Kontinents. Deswegen bitte ich Sie alle: Gehen Sie in sich, und stimmen Sie diesem Sondervermögen zu.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich erteile das Wort dem nächsten Redner: Dr. Johann Wadephul, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7537340 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 42 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehrsondervermögensgesetz |