03.06.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 42 / Tagesordnungspunkt VI

Stefan NackeCDU/CSU - Rentenanpassung 2022

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kennen Sie die folgende Refrainzeile von „Ganz Schön Feist“?

Es ist gut, wenn du weißt, was du willst. Wenn du nicht weißt, was du willst, ist das nicht so gut.

Warum kommt mir das in den Sinn, wenn wir heute das Rentenanpassungsgesetz debattieren? Weil man den Eindruck hat, dass die Koalitionsfraktionen in Rentenfragen einfach nicht wissen, was sie wollen. Und das ist nicht so gut.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ihr Koalitionsvertrag ist nach nur sechs Monaten schon Makulatur. Sie wollten in diesem Jahr 10 Milliarden Euro aus Bundesmitteln für den Aufbau eines Kapitalstocks aufwenden als Einstieg in die Kapitaldeckung. Von diesen 10 Milliarden Euro war in den Haushaltsverhandlungen diese Woche keine Rede mehr. Sie sind einfach verschwunden. Wissen Sie vielleicht, wo sie geblieben sind? Oder wollen Sie gar keine Reform? Das wäre nicht so gut.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Lieber Herr Heil, als Arbeitsminister der Großen Koalition haben Sie 2019 für vier Jahre jeweils 500 Millionen Euro als Sonderzahlung zur Stabilisierung der Rentenversicherung gesetzlich zugesichert. An Ihr eigenes Gesetz fühlen Sie sich als Arbeitsminister der Ampel nicht mehr gebunden. Ihnen ist Ihr Bürgergeld wichtiger. Deswegen zweigen Sie die 2 Milliarden Euro zur Stabilisierung der Rentenversicherung kurzerhand für Ihr Bürgergeldprojekt ab. Im Referentenentwurf Ihres Hauses stand das auch ehrlich drin. Im Gesetz, das wir heute beschließen, fehlt diese Ehrlichkeit. Für das Bürgergeld stellen Sie eine stabile Finanzierung der Rentenversicherung hintenan. Sie riskieren damit Ihren Ruf als seriöser Politiker. Wenn man nicht weiß, worauf man sich verlassen kann, ist das nicht so gut.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dass man sich bei der Rente nicht auf die Ampel verlassen kann, zeigt sich auch an dieser Stelle. Der FDP zuliebe reaktivieren Sie bei der Rentenanpassung für dieses Jahr den Nachhaltigkeitsfaktor.

(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nachholfaktor! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nein! Den Nachholfaktor! Der Nachhaltigkeitsfaktor ist etwas anderes, Herr Kollege! Das muss man schon unterscheiden!)

Mit dem Nachhaltigkeitsfaktor wird eine Steigerung der Renten nachträglich abgemildert, wenn im Vorjahr das allgemeine Lohnniveau gesunken ist. Das ist ein Ausgleich für die Rentengarantie. Das finden wir gut. Ab dem nächsten Jahr wird der gerade wieder eingeführte Nachhaltigkeitsfaktor aber schon wieder wirkungslos bleiben

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nachholfaktor!)

– Nachholfaktor –, wenn Sie einseitig die Haltelinie von 48 Prozent Rentenniveau zementieren. Was wollen Sie eigentlich?

(Dr. Tanja Machalet [SPD]: Ja, was wollen Sie denn?)

Ich sage Ihnen, was Sie wollen: Sie wollen die Solidarität in der Sozialversicherung aufkündigen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie wollen einseitig die jüngere Generation der Beitragszahler und der Steuerzahler belasten. Sie wollen schleichend das Modell einer steuerfinanzierten Rente anstreben. Weil Sie sich vor den Verteilungskonflikten mit Blick auf den demografischen Wandel und die Generationengerechtigkeit fürchten, stecken Sie den Kopf in den Sand. Sie verweigern die notwendige Debatte um eine nachhaltige Reform der Alterssicherung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dabei haben wir gar kein Erkenntnisproblem; denn in der Rentenkommission der letzten Legislatur ist gut vorgearbeitet worden. Nur müsste die Ampel jetzt ihre Hausaufgaben erledigen und transparente Entscheidungsprozesse gestalten. Sie dürfen nicht das eine sagen und das andere machen. Sie dürfen sich nicht von einzelnen Interessenlagen leiten lassen, sondern das Gemeinwohl muss den Ausschlag geben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn Sie wissen, was Sie wollen, dann sagen Sie es auch ehrlich. Denn sonst ist das nämlich nicht gut.

Neben aller Kritik: Das Gute am Rentenanpassungsgesetz ist neben der pauschalen Erhöhung der Erwerbsminderungsrenten im Bestand die Höhe der Rentenanpassung von gut 6 und 5 Prozent in Ost- und Westdeutschland. Diese größte Rentenerhöhung seit 30 Jahren ist das Verdienst der guten Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik der unionsgeführten Vorgängerregierung, eines robusten Arbeitsmarktes und seiner Stabilisierung während der Coronapandemie.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Rentnerinnen und Rentner haben diese Rentenerhöhung verdient. Sie reicht aber nicht aus, um die Folgen der massiv gestiegenen Inflation abzufedern. Und dann verweigern Sie den Rentnerinnen und Rentnern auch noch die 300 Euro Energiepreispauschale? Wie Sie bei der NRW-Wahl gemerkt haben, ist das nicht so gut.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, im Unterschied zu diesem Ampelgehampel wissen wir, was wir wollen,

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Was denn? – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der war gut! – Katja Mast [SPD]: Was ist das genau?)

und das ist eine verlässliche Rentenpolitik. Deswegen stimmen wir der Anpassung trotz des fragwürdigen Gesetzgebungsverfahrens zu: am Montag öffentliche Anhörung, Dienstagabend außerplanmäßige Ausschusssitzung und am heutigen Freitag Beschluss im Plenum. Das war selbst Ihren Ampelkollegen im Ausschuss peinlich.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für Bündnis 90/Die Grünen hat Markus Kurth das Wort.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7537353
Wahlperiode 20
Sitzung 42
Tagesordnungspunkt Rentenanpassung 2022
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