22.06.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 43 / Tagesordnungspunkt 3

Johannes Huberfraktionslos - Regierungserklärung EU Rat, G7-Gipfel, NATO-Gipfel

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Mitbürger! Vor den kommenden Gipfeln steht nichts weniger auf dem Spiel als die bisher gegen Putin als Stärke ins Feld geführte westliche Geschlossenheit.

In der Europäischen Union zeigt die steigende Divergenz auf den Märkten der Staatsanleihen, dass die Eurokrise nach zehn Jahren der historischen Kreditmengenausweitung mit voller Wucht zurückkehrt. Die über 4 Prozent Zinsen auf italienische oder griechische Staatsanleihen sind jedoch immer noch weniger als die Inflation in der EU bei den Verbraucher- und vor allem bei den Erzeugerpreisen. Mut zur Wahrheit ist es, auszusprechen, dass die horrenden Staatsschulden in der EU durch die Inflation auf Kosten der Bürger und Unternehmer entwertet werden und das auch gewollt ist. Deshalb zögert die EZB ihre marginale Zinswende – anders als die sie leitenden Märkte und auch anders als die Schweizerische Nationalbank – hinaus.

In diesem Umfeld kann die Ukraine aufgrund der militärischen Beistandsklausel erst dann in die EU aufgenommen werden, wenn sie sich als souveräne Nation nicht mehr im Krieg befindet. Bei aller Niedertracht von Putins Angriffskrieg und seinem geopolitischen Interesse, die USA auch in Europa als Hegemon abzulösen, gibt es eine weitere unangenehme Wahrheit: Es wäre vor allem im ukrainischen Interesse gewesen, in den letzten Jahren durch die Umsetzung des Minsker Abkommens die vollständige territoriale Integrität wiederzuerlangen. Das ist das, was sie jetzt wollen. Diese heute zurückzuerkämpfen mithilfe westlicher Waffen, die nicht alle an der Front landen, und auf Kosten immenser ziviler und militärischer Opfer, erscheint aktuell zunehmend aussichtslos.

Die NATO hat aber selbst viele Baustellen. Wenn Finnen und Schweden Mitglied werden wollen – was Russland im Übrigen wegen der dann gefährdeten Murmansk-Anbindung unter keinen Umständen akzeptieren wird –, dann müssen sie zumindest bei der Unterstützung der PKK und YPG weitere konkrete Schritte auf die Türkei zugehen. Genauso muss Griechenland auf die Forderung der 12-Seemeilen-Grenze und Erdogan dafür auf seine illegitimen Ansprüche auf griechische Inseln verzichten.

Ein Konflikt zwischen zwei NATO-Staaten, der sich bis hin zu einer nicht ausgeschlossenen türkischen Aggression ausweiten kann, hilft letztlich nur Putin, der in diesem Szenario Erdogan als südliche NATO-Flanke in den Rücken stechen wird. Halten wir also den türkischen Staatspräsidenten von dieser historischen Dummheit ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD und des Abg. Matthias Helferich [fraktionslos])

Ich erteile das Wort Wolfgang Hellmich, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Christine Aschenberg-Dugnus [FDP])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7537445
Wahlperiode 20
Sitzung 43
Tagesordnungspunkt Regierungserklärung EU Rat, G7-Gipfel, NATO-Gipfel
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