23.06.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 44 / Tagesordnungspunkt 26

Carolin WagnerSPD - Berufsausbildungsförderungsgesetz, Bildungsbericht

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir über ein gutes Leben nachdenken und wenn wir, wie wir als SPD, den Anspruch haben, ein gutes Leben für die vielen Millionen Menschen in diesem Land und nicht nur für die wenigen, die viele Millionen haben, zu gewährleisten, dann muss man unweigerlich über Bildungschancen nachdenken und sie in den Blick nehmen.

Mit Blick auf das Studium zeigt sich hier akuter Handlungsbedarf. Viel zu lange wurde das BAföG als das zentrale Instrument zur Förderung von Bildungsgerechtigkeit, zum Abbau von Bildungsschranken unter 16 Jahren unionsgeführtem Bildungsministerium vernachlässigt. Werte Frau Kollegin Staffler, das sind keine Fake News, sondern das ist die Realität.

Die nackten Zahlen sprechen für sich: 2020 erhielten 27 Prozent weniger Menschen BAföG als noch 1991, und aktuell sind es nur noch 11 Prozent der Studierenden – 11 Prozent! Das Chanceninstrument BAföG haben Sie regelrecht verkümmern lassen, und daran haben auch fünf Novellen nichts geändert. Und auch in Sachen Anpassung des BAföGs an die neue Realität diverser Bildungsbiografien wurde in der Regierungszeit der Union – wie so vieles – einfach ausgesessen.

Liebe Kollegin Wagner, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder ‑bemerkung von der Kollegin Staffler aus der CDU/CSU-Fraktion?

Ja, freilich.

Sie haben das Wort.

Besten Dank. – Sie haben gerade nochmals darauf hingewiesen, so wie in der letzten Debatte auch, deswegen möchte ich an dieser Stelle Herrn Kaczmarek zitieren:

Das ist ein Zitat Ihres AG-Vorsitzenden – der hier auch anwesend ist – aus der Debatte zur letzten BAföG-Novelle.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Oliver Kaczmarek [SPD])

Sie behaupten jetzt hier, das wäre alles Mist gewesen. Ist das Ihr Verständnis von verlässlicher Politik für die Studentinnen und Studenten in diesem Land?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Kollegin Staffler, man sollte Politik immer wieder entsprechend der Realität anlegen.

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Dann müssen Sie anders reden!)

Wenn ich mir diese Zahl anschaue – nur 11 Prozent der Studierenden erhalten BAföG –, dann zeigt sich, dass hier akuter Handlungsbedarf besteht.

(Katrin Staffler [CDU/CSU]: Das verneint ja auch niemand!)

Diesem begegnen wir mit entsprechenden Maßnahmen, die wir heute vorlegen, in einem ersten Schritt; weitere Schritte folgen in den nächsten Jahren.

(Beifall bei der SPD)

Denn wir wissen, dass wir die einzige Ressource in diesem Land – die vielen klugen Köpfe – fördern müssen – ganz einfach.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Genau das macht jetzt die SPD-geführte Zukunftskoalition der Ampel mit der vorliegenden Gesetzesnovelle, werte Damen und Herren. Wir feiern uns dafür nicht selbst, liebe Frau Connemann, sondern wir machen schlicht und ergreifend unsere Arbeit, nicht mehr und nicht weniger.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Ria Schröder [FDP])

Mit der aktuellen BAföG-Reform legen wir rasch den Hebel um, damit mehr junge Menschen studieren können, auch wenn die Eltern dies eben nicht finanziell unterstützen können. Wie unmittelbar daran Zukunftschancen junger Menschen hängen, das weiß ich aus 13 Jahren Berufserfahrung als Studienberaterin. In einem meiner letzten Beratungsgespräche im Sommersemester 2021 berichtete mir ein Student, dass er einen Ablehnungsbescheid vom BAföG-Amt erhalten hatte. Das Einkommen seiner Eltern – er: Busfahrer, sie: Verkäuferin im Einzelhandel – lag knapp über dem Elternfreibetrag. Für diesen jungen Mann stand das Studium somit plötzlich auf der Kippe: mehr nebenher arbeiten konnte er nicht mehr, die Eltern gaben schon das, was ihnen möglich war.

Genau an dieser Stelle setzen wir jetzt an. Wir heben die Freibeträge ganz massiv an – um 20 Prozent! So bringen wir mehr junge Menschen in ein Studium. Wir heben die Altersgrenze von 34 Jahren auf künftig 45 Jahre an und bringen damit mehr mitteljunge Menschen in ein Studium – genau das entspricht der heutigen Realität diverser Bildungswege, die eben auch erst später nach einer ersten beruflichen Phase oder nach einer Familiengründungsphase zu einem Studium führen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Das, werte Damen und Herren, ist der erste Schritt, um das BAföG zukunftsfähig zu machen. Das ist der erste Schritt, der jetzt schnell gegangen werden kann und muss, nämlich schon zum kommenden Wintersemester, und den wir auch tatsächlich gehen. Das ist der Unterschied. Wir bringen jetzt mehr Studierende ins System hinein, und das ist gut so, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Die Zukunftskoalition wäre aber nicht eine Zukunftskoalition, wenn sie nicht schon jetzt wüsste, dass weitere Schritte folgen müssen und folgen werden. Im nächsten Jahr werden wir die weiteren Aspekte, die im Koalitionsvertrag festgehalten sind, umsetzen. Darauf freue ich mich schon heute.

Für das kommende Wintersemester rufe ich alle Studierenden auf: Prüfen Sie für sich, ob Sie nach den neuen Vorgaben vielleicht antragsberechtigt werden und BAföG beziehen können und somit erleichtert Ihr Studium fortsetzen können! Allen Studieninteressierten empfehle ich, sich ebenfalls zum BAföG zu informieren und bei Bedarf einen Antrag zu stellen; denn das BAföG bietet eine hervorragende Finanzierungsgrundlage für das Studium.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Nächster Redner: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Bruno Hönel.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Personen

Dokumente

Automatisch erkannte Entitäten beta

Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7537508
Wahlperiode 20
Sitzung 44
Tagesordnungspunkt Berufsausbildungsförderungsgesetz, Bildungsbericht
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta