23.06.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 44 / Tagesordnungspunkt 9

Martina Stamm-FibichSPD - Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses 2021

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Eine Petition ist ein Ersuchen, eine Bitte. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die meisten, die ich hier sehe, wissen, von was ich spreche. In unserer Verfassung ist das Grundrecht verankert, dass sich jedermann – egal welchen Alters oder welcher Staatsangehörigkeit – damit an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretungen wenden kann.

Für die Behandlung der an den Bundestag gerichteten Bitten zur Bundesgesetzgebung und zu Problemen mit Bundesbehörden ist der Petitionsausschuss zuständig. Die Bestellung dieses Ausschusses ist seit 1975 im Grundgesetz bestimmt. Der Petitionsausschuss ist verpflichtet, die Petitionen anzunehmen, sie sorgfältig zu prüfen und sie zu bescheiden.

Funktionieren würde diese Arbeit allerdings nicht ohne unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ausschussdienstes, die oft als Erste den Unmut zu spüren bekommen und viel zu selten für ihren wichtigen Beitrag gewürdigt werden.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN sowie des Abg. Dirk Brandes [AfD])

Deswegen neben dem Applaus an dieser Stelle nochmals meinen herzlichen Dank. Ohne Sie wäre unser Gemeinwesen um ein Vielfaches ärmer!

Bedanken möchte ich mich am Anfang aber auch bei allen Mitgliedern des Petitionsausschusses. Die kollegiale Zusammenarbeit, die wir nach wie vor pflegen, ist nicht selbstverständlich. Im Zuge dessen auch meine besten Genesungswünsche an den Obmann der Unionsfraktion, den Kollegen Gero Storjohann. Er wird sehr vermisst.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN sowie des Abg. Dirk Brandes [AfD])

Nun zum eigentlichen Anlass der Debatte. Jedes Jahr legt der Ausschuss dem Deutschen Bundestag seinen Tätigkeitsbericht vor. Das Jahr 2021 war neben der andauernden Coronapandemie geprägt vom Wechsel der Wahlperiode. Die letzte Sitzung des Petitionsausschusses der 19. Wahlperiode fand am 6. September 2021 statt, und bereits am 11. November 2021 erfolgte die konstituierende Sitzung des Petitionsausschusses der 20. Wahlperiode, welcher damals gemäß Einsetzungsbeschluss zunächst nur mit 19 Mitgliedern – es freut mich sehr, dass Sie, Frau Magwas, jetzt die Sitzung leiten – unter Ihrem Vorsitz, Frau Präsidentin, tagte. Seit dem 15. Dezember besteht der Ausschuss nun aus 31 ordentlichen und stellvertretenden Mitgliedern, und seitdem darf ich diesen Ausschuss leiten.

Ich möchte mit ein paar Fakten aus dem Berichtsjahr beginnen:

Im Jahr 2021 wurden 11 667 Petitionen beim Petitionsausschuss eingereicht; das sind ein bisschen weniger als 2020. Gerechnet auf die Werktage dieses Jahres sind das etwa 46 Petitionen pro Tag. Dabei gingen 4 860 und somit etwa 42 Prozent aller Eingaben auf elektronischem Wege über das Petitionsportal im Internet ein. Mittlerweile haben wir 4 Millionen registrierte Nutzerinnen und Nutzer. Damit ist das Petitionsportal das erfolgreichste Internetangebot des Deutschen Bundestages.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Es bietet die Möglichkeit, dem Ausschuss Petitionen auf einfachem elektronischem Weg zu übermitteln und veröffentlichte Petitionen online zu unterstützen und zu diskutieren. Viele Besucherinnen und Besucher fanden ihren Weg auf die Petitionsplattform des Ausschusses tatsächlich über den direkten Zugang, über Suchmaschinen und über Nachrichtenportale. Was zu beachten ist: Ein großer Zulauf, immerhin 26 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer, wurde wieder über soziale Netzwerke verzeichnet, die Petentinnen und Petenten immer öfter nutzen, um auf ihre Petitionen hinzuweisen.

Auch eigens geschaffene Webseiten mit Informationen zu veröffentlichten Anliegen gewinnen immer mehr an Bedeutung. Im Berichtszeitraum haben sich rund 330 000 Nutzerinnen und Nutzer im Portal des Petitionsausschusses neu registriert,

(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Oha!)

um eine Petition einzureichen, im Petitionsforum zu diskutieren oder Petitionen durch eine Mitzeichnung zu unterstützen.

Neben den Petitionen mit Vorschlägen zur Gesetzgebung widmet sich der Petitionsausschuss ebenso den Sorgen und Nöten der Bürgerinnen und Bürger, die den Ausschuss bezogen auf einen Einzelfall um Unterstützung baten. Die Bearbeitung solcher persönlicher Anliegen machte für den Ausschuss mit rund 62 Prozent auch im Jahr 2021 wieder mehr als die Hälfte seiner Arbeit aus.

Viele dieser Petitionen standen – nicht unerwartet – im Zeichen der Coronapandemie und haben uns die Bandbreite der Auswirkungen dieser Pandemie auch noch einmal aufgezeigt. Dabei ging es zum Beispiel um Soforthilfen für Studierende, die oft durch den Wegfall eines Nebenjobs in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, oder um wirtschaftliche Hilfen für die Kultur- und Medienbranche, die schwer von der Pandemie getroffen wurde. Der Petitionsausschuss unterstützte nachdrücklich schnelle und unbürokratische Hilfen. Außerdem konnten oft Anfragen von Petentinnen und Petenten bereits im Vorfeld des parlamentarischen Verfahrens abgeschlossen werden. Denn häufig bewirkten Stellungnahmeersuchen des Petitionsausschusses bei den staatlichen Stellen eine gründliche Abwägung des Sachverhalts.

Manchmal war das Finden von Lösungswegen aber leider auch komplizierter. Hier waren beispielsweise ausführliche Gespräche der Berichterstatterinnen und Berichterstatter unter Beteiligung von Vertreterinnen und Vertretern der Bundesregierung hilfreich. Im Berichtsjahr fanden elf Berichterstattergespräche zu Themen wie beispielsweise Patientenrechte, Energieversorgung, Beamtenrecht – immer wieder ein Thema, das uns beschäftigt –, Arbeitsschutz, Straßenverkehrs-Ordnung und vor allem Visaangelegenheiten statt.

Auch wenn die Ortsbesichtigungen, die wir in der Regel vornehmen, wegen der Pandemie nicht stattfinden konnten, sind wir neue Wege gegangen und haben uns mit Video- und Drohnenaufnahmen einen Einblick verschafft, uns gemeinsam ein Bild von der Situation gemacht, um Lösungen herbeizuführen.

Abschließend behandelt hat der Ausschuss dann tatsächlich über 12 000 Eingaben. Davon wurden 368 Petitionen zur Einzelberatung aufgerufen. Etwa ein Viertel der Zuschriften betraf den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit, welches letztes Jahr natürlich den ersten Platz innehatte. Dies ist, wie bereits eingangs erwähnt, insbesondere durch die zahlreichen Eingaben im Zusammenhang mit der Coronapandemie begründet. Auf dem zweiten Platz folgt, mit deutlichem Abstand, das Bundesministerium der Justiz mit etwa 13 Prozent und dann auf Platz drei das Bundesministerium des Innern und für Heimat mit knapp 12 Prozent.

Der Petitionsausschuss bildet seit Gründung der Bundesrepublik die Schnittstelle zwischen dem Bundestag und seinem Souverän, den Bürgerinnen und Bürgern. Die Menschen sehen den Petitionsausschuss oft als letzte Möglichkeit, Hilfe und Unterstützung zu erfahren. Wenn man bedenkt, dass manche Probleme, die zunächst klein scheinen, für viele Betroffene enorme Auswirkungen auf ihre Lebensumstände haben und der Petitionsausschuss als Rettungsinstanz in der Not gesehen wird, bestätigt das einmal mehr die Notwendigkeit und die Bedeutung dieses Ausschusses. Ich darf allen danken, die hier tatkräftig mitarbeiten.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN sowie des Abg. Johannes Huber [fraktionslos])

Zudem sind Petitionen ein wichtiger Gradmesser bei der Umsetzung von Gesetzen. Sie zeigen uns Parlamentariern, wo es Unstimmigkeiten gibt und wo Handlungsbedarf besteht. Die Entscheidungen des Ausschusses sind keine Gerichtsurteile. Wir können letztendlich nur Empfehlungen aussprechen. Oft führen diese aber dazu, dass Entscheidungen, Gesetze und Regeln überdacht und so für das Allgemeinwohl verträgliche Lösungen gefunden werden. Sollte dem Petenten oder der Petentin nicht zu dem gewünschten Ergebnis verholfen werden, versucht der Petitionsausschuss, zu helfen, indem er den Betroffenen die Entscheidungen der Behörden erklärt und besser verständlich macht.

Gleichzeitig, liebe Kolleginnen und Kollegen, dürfen wir uns nicht ausruhen. Wer verharrt, erstarrt!

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Auch der Petitionsausschuss muss und wird die technischen Möglichkeiten, die sich ihm heutzutage bieten, nutzen, um den Bürgerinnen und Bürgern eine niedrigschwellige und transparente Möglichkeit zu bieten, sich in politische Prozesse einzubringen und ihren Sorgen und Nöten Gehör zu verschaffen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, für mich ist es eine große Ehre, für diesen wichtigen Ausschuss, das Bindeglied zwischen dem Souverän und dem Parlament als wohl bedeutendstes Instrument der direkten Demokratie, als Vorsitzende tätig zu sein.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)

Herzlichen Dank, liebe Frau Vorsitzende, für Ihre wichtige Arbeit im Ausschuss. – Ich erteile nun das Wort Corinna Rüffer für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7537533
Wahlperiode 20
Sitzung 44
Tagesordnungspunkt Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses 2021
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta