Sebastian BrehmCDU/CSU - Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In ganz Deutschland entwickelt sich die Inflation zu einer der zentralen Herausforderungen, und zwar für alle am Markt Beteiligten: seien es die Verbraucherinnen und Verbraucher, aber auch der deutsche Mittelstand. Die Inflationsentwicklung in diesem Jahr ist erschreckend: 5,1 Prozent im Februar, 7,3 Prozent im März, 7,4 Prozent im April und 7,9 Prozent im Mai. Das ist die höchste Inflation – der Kollege Güntzler hat es gesagt – seit der Ölkrise 1973/74 in unserem Land. Die Energiepreise sind um 38 Prozent gestiegen und die Lebensmittelpreise um 11,1 Prozent.
Viele Menschen können sich das normale Leben nicht mehr leisten und haben Angst vor Abstieg und Wohlstandsverlust. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsparteien, brauchen wir eine wirksame Initiative gegen Inflation und kein Stückwerk, so wie Sie das derzeit praktizieren. Denn Ihre Maßnahmen kommen bei der Bevölkerung nicht an.
(Beifall bei der CDU/CSU – Maximilian Mordhorst [FDP]: Stimmt gar nicht!)
Wir können etwas tun, aber Sie müssen es halt angehen. Wenn Sie, liebe Frau Kollegin Beck, sagen, die Situation ist halt so, sage ich Ihnen: Sie haben es in der Hand. Machen Sie es,
(Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen wir ja auch!)
nehmen Sie als Regierung die Herausforderung an, und bringen Sie entsprechenden Maßnahmen voran!
(Beifall bei der CDU/CSU – Frauke Heiligenstadt [SPD]: 30 Milliarden! – Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie oft müssen wir Ihnen noch unsere über 15 Maßnahmen vorstellen? Unglaublich!)
Es braucht ein sinnvolles, aber auch ideologiefreies Konzept. Wir haben hier schon einige Maßnahmen vorgestellt, die Sie aber bei jeder Debatte immer wieder abgelehnt haben.
Erstens. Auf nationaler Ebene müssen wir dringend zu einem ausgeglichenen Haushalt ohne Schulden zurückkehren.
(Tim Klüssendorf [SPD]: Was hat das denn damit zu tun?)
Ihre derzeitige Rekordschuldenpolitik mit 300 Milliarden Euro Schulden ist erschreckend. Das sind mehr Schulden, als für das wichtige Projekt der deutschen Einheit aufgenommen wurden. Die Linken fordern ja sogar, in den nächsten Jahren weitere Schulden zu machen, lieber Kollege Görke.
(Zurufe der Abg. Frauke Heiligenstadt [SPD] und Christian Görke [DIE LINKE])
Auf europäischer Ebene – zweitens – muss die Europäische Zentralbank die Niedrigzinspolitik und die Anleihenkäufe umgehend stoppen. Die aktuellen Diskussionen um weitere Anleihenkäufe sind falsch. Sie fordern allerdings zum Teil im Parlament sogar eine Vergemeinschaftung von Schulden.
Dazu gehört aber auch – drittens – eine Senkung der Steuer auf Energieprodukte auf das europäische Mindestmaß. Das tun Sie bei der Stromsteuer nicht; da könnten Sie sie deutlich reduzieren.
(Tim Klüssendorf [SPD]: Eben noch Haushalt mit schwarzer Null fordern und jetzt Steuersenkungen!)
Wir haben es beantragt, Sie haben es abgelehnt.
(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: So sind sie!)
Viertens. Während Sie Hartz-IV-Sanktionen abschaffen, belasten Sie diejenigen, die jeden Tag zur Arbeit gehen.
(Widerspruch bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Der Kollege Güntzler hat es ja gesagt: Bei der Entfernungspauschale müssten wir dringend eine Erhöhung ab dem ersten Kilometer vornehmen. – Wir werden das beantragen; wahrscheinlich werden Sie es auch wieder ablehnen.
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja!)
Fünftens. Das Energiegeld – Sie haben es ja vorhin angesprochen, Frau Kollegin Beck – haben Sie munter verteilt, aber nicht an diejenigen, die es brauchen. Der Minister bekommt es, aber der Student bekommt es nicht,
(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Das stimmt doch gar nicht! Studierende bekommen es, wenn sie Minijobs haben!)
der Rentner bekommt es nicht, und Familien mit Elterngeldbezug, also mit kleinen Kindern, bekommen es auch nicht. Aber das wären diejenigen, die es brauchen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ein sechster Punkt – da sollten die Kolleginnen und Kollegen, insbesondere der Grünen, ihre ideologische Brille ablegen –:
(Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Ihre ideologische Brille aufziehen?)
Sie wissen, dass die Energiepreise steigen. Sie könnten jedoch eine Preisstabilität erreichen, wenn Sie die Laufzeiten der Kernkraftwerke verlängern würden. Aber Sie tun es nicht.
(Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber das ist doch jetzt auch eine ideologische und nicht an den Fakten orientierte Analyse!)
Das müssen Sie uns erklären. CO2 ist Ihnen in der Diskussion anscheinend egal. Sie hätten es in der Hand; sie handeln aber aus ideologischen Gründen nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU – Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist falsch!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Bereich der Steuern müssen wir – siebtens – die kalte Progression abschaffen. Da warten Sie auch ein bisschen ab. Die kleinen und mittleren Einkommen werden eben nicht entlastet, sondern durch die Inflation sogar durch die jetzige Bundesregierung noch weiter belastet.
Und – wir haben das in der letzten Periode ja ausgiebig schon mit den Kollegen der SPD diskutiert; da haben Sie es abgelehnt – es braucht eine Modernisierung der Unternehmensbesteuerung, weil wir nur mit Wachstum aus der Krise kommen. Wenn man jetzt die Reden von Rot, von Rot und von Grün hört, in denen gesagt wird: „Wir brauchen eine Übergewinnsteuer“, dann heizt das die Inflation noch weiter an und belastet den Mittelstand noch mehr. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind falsche Maßnahmen, die Sie hier vorschlagen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir brauchen übrigens auch eine Preisgleitklausel bei öffentlichen Investitionen, weil die Unternehmer derzeit überhaupt keine öffentlichen Investitionen machen; denn es ist ein Riesenkostenrisiko für die Unternehmer. Auch da müssen wir etwas tun.
Natürlich müssen wir auch über die Entwicklung der Lebensmittelpreise bei Grundnahrungsmitteln sprechen, um die stabil zu halten. Sie haben richtigerweise das Beispiel gebracht: Wenn man den Preis für ein Pfund Butter verdoppelt, verdoppelt sich auch die Mehrwertsteuereinnahme für den deutschen Staat. Und deswegen müssen wir das, was der Staat mehr einnimmt, auch wieder an die Bürgerinnen und Bürger zurückgeben.
Was aber nicht dazu gehört – das ist der Fehler in Ihrem Antrag –, ist, dass man dann im Staat gleichzeitig eine Preisüberwachungsstelle und eine unglaubliche Bürokratie einführt. Vielleicht kommt es ja dann wirklich dazu, dass man am Schluss die Preise vorgibt. Die große Stärke der sozialen Marktwirtschaft ist, dass sich die Preise dezentral bilden und nicht von einem Amt vorgegeben werden. Deswegen können wir Ihrem Antrag auch nicht folgen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Also: Es ist die oberste Aufgabe der Bundesregierung, dafür zu sorgen, dass die Menschen in unserem Land nicht ärmer werden. Umverteilung schafft keinen Wohlstand, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Zuruf des Abg. Alexander Ulrich [DIE LINKE])
Sie haben es in der Hand, Maßnahmen anzugehen. Es gibt ein Bündel von Maßnahmen, die nachweislich die Inflation senken. Sie müssen es aber einfach tun. Nur Sonntagsreden zu halten oder dem Bundesfinanzministerium – Herr Lindner ist jetzt gegangen bei dieser wichtigen Debatte – ein Papier vorzulegen und in der tatsächlichen Politik genau das Gegenteil von dem zu machen, ist auch ein Gesicht dieser Bundesregierung. Sie tun wesentlich zu wenig. Sie treiben die Inflation, und Sie machen die Menschen in unserem Land ärmer.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei CDU/CSU sowie des Abg. Kay Gottschalk [AfD] – Michael Schrodi [SPD]: Nach der ersten Minute habe ich abgeschaltet!)
Die Kollegin Renate Künast hat jetzt das Wort für Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7537560 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 44 |
Tagesordnungspunkt | Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel |