23.06.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 44 / Tagesordnungspunkt 10

Hermann-Josef TebrokeCDU/CSU - Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren hier auf den Rängen und an den Übertragungsgeräten! Ganz offensichtlich sind wir hier uns weitestgehend zumindest in drei Punkten einig. Zum einen erkennen wir eine allgemeine Inflation auf Rekordniveau. An der Stelle würde ich gerne ergänzen, dass der sehr kurzfristige steile Anstieg der Inflation besonders kritisch ist, weil Anpassungsmaßnahmen dadurch schwieriger sind. Wir sind uns, zweitens, einig, dass von der Inflation Unternehmen und private Haushalte unterschiedlich stark betroffen sind, einige heftigst. Und wir sind uns, drittens, offensichtlich einig, dass schnell etwas unternommen werden muss – das hatten auch Sie, Herr Görke, und Sie, Frau Beck, ausgeführt –; allerdings müssen diese Maßnahmen gezielt und wirksam sein, und sie sollten abgestimmt und in ein zusammenhängendes Konzept eingebunden sein.

Daher müssen wir uns etwas umfassender Gedanken machen – so habe ich auch Ihren Beitrag, Herr Zorn, gerade verstanden –, wie wir der Inflation begegnen können. Das heißt, wir müssen zumindest zwischen Maßnahmen zur Abmilderung der akuten Folgen der Inflation für einzelne Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen auf der einen Seite und auf der anderen Seite Maßnahmen, die die Ursachen der Inflation bekämpfen, unterscheiden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich halte das für eine sehr wichtige Unterscheidung.

In Deutschland haben uns weniger die erwarteten Nachholeffekte im Anschluss an die Coronapandemie erreicht als Angebotsschocks. Wenn wir auf diese reagieren wollen, dann müssen wir tendenziell mit einer Angebotspolitik antworten. Das wäre unser Vorschlag als Union. Wir müssen uns darüber klar sein, meine Damen und Herren, dass günstige Energiequellen, internationale Wirtschaftsbeziehungen und Arbeitsteilung uns viele Jahre lang ein hohes Wohlstandsniveau ermöglicht haben, wir aber wenig diversifiziert haben und damit abhängig waren. Und das fällt uns jetzt auf die Füße. Wir stellen Lieferengpässe und Preissteigerungen fest. Ich befürchte, dass wir in den nächsten Monaten auch eine sehr angespannte allgemeine wirtschaftliche Situation feststellen werden; darauf müssen wir uns vorbereiten.

Was können wir gegen Inflation tun? Einige Punkte sind angesprochen worden. Was können wir grundsätzlich gegen Inflation tun, etwa im Bereich der Handels-, Energie- und Wirtschaftspolitik? Da möchte ich nur kurz auf die vielen Vorschläge, die wir seitens der Union schon gemacht haben, verweisen.

Ich kann nach wie vor nicht erkennen, warum wir uns nicht um neue Handelsbeziehungen bemühen, etwa durch den Abschluss eines Vertrags mit Kanada.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zweitens kann ich nicht verstehen, warum wir nicht mehr Engagement an den Tag legen, um Energie aus anderen Quellen zu beschaffen und noch mehr Energie hier zu generieren; wir haben jüngst in unserem Antrag aufgezeigt, wie das gehen könnte. Und drittens ist es wichtig, glaube ich, angebotspolitisch die Rahmenbedingungen für unternehmerisches Handeln zu verbessern. Das heißt, wir brauchen Bürokratieabbau und beschleunigte Genehmigungsverfahren, Unternehmungsgründungen müssen gefördert werden, und ein wettbewerbsfähiges Unternehmensteuerrecht muss realisiert werden. Dazu haben wir viele Vorschläge gemacht. Das sind Beiträge, um angebotspolitisch die Rahmenbedingungen zu verbessern, um diese Engpässe aufzuheben. Dafür brauchen wir mehr Unterstützung. Das erwarten wir von der Ampel, und da erkennen wir zu wenig Engagement.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Im Bereich der Fiskalpolitik sollten wir uns um etwas Zurückhaltung bemühen. Ausgaben des Staates zur Förderung der Konjunktur können preissteigernd wirken. Was wir für richtig und wichtig halten – auch die Kollegen haben es gerade gefordert –, ist eine verlässliche und konsequente Anpassung des Einkommensteuertarifs. Die brauchen wir endlich; da warten wir immer noch auf ein Handeln der Ampel.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Auf geldpolitische Möglichkeiten möchte ich an dieser Stelle nur ganz kurz hinweisen; Herr Zorn, Sie hatten einige Anmerkungen dazu gemacht. Wir wissen alle: Die Zinsen zu erhöhen, könnte die Sparneigung befördern, könnte den Außenwert des Euro steigern. Das wäre zu wünschen. Aber wir wissen auch um die Risiken in den Büchern der Kreditgeber, und wir wissen auch um die nachteiligen Effekte bei der Investitionsbereitschaft. Wir haben uns als Union wiederholt über die Geldpolitik der EZB in den letzten Jahren geärgert. Sie hat sich in eine Situation hineinmanövriert, in der sie jetzt nicht mehr effizient handeln kann. Die einzige Möglichkeit ist, langsam, in kalkulierbaren Schritten die Zinsen zu erhöhen, damit die Geldpolitik endlich wieder berechenbar und glaubwürdig wird. Das dämmt die Inflationserwartungen. Das ist die Maßnahme, das ist die Politik, die wir von der EZB dringend einfordern.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, damit bin ich bei dem Punkt, wie wir den akuten Belastungen der Haushalte und auch der Unternehmen begegnen können. Dazu haben wir hier zwei Vorschläge vorliegen, auf die schon ausführlich eingegangen worden ist.

Allein der Titel des Antrags der AfD vom 16. März 2022 – „… Steuersenkungen als Reaktion auf die Inflation …“ – lässt erkennen: Hier geht es gar nicht um Ursachenanalyse, sondern nur um irgendeine Antwort. Wir haben darüber diskutiert: Was ist mit den Zeiträumen? Was ist mit der Zielgruppe? Was ist mit einem Finanzierungsvorschlag? – Was bleibt, ist eine unterstützenswerte Motivation, aber ansonsten nichts. Deswegen lehnen wir diesen Antrag ab.

In dem Vorschlag der Linken – auch darauf ist bereits eingegangen worden – geht es um die akute Milderung der Auswirkungen der Inflation. Über die Definition der Grundnahrungsmittel werden wir streiten müssen. Ich freue mich, dass die Kollegen schon signalisiert haben, dass sie das Umsatzsteuerrecht noch mal auf den Kopf stellen wollen. Über die Wirkung haben wir diskutiert. Was ich überhaupt nicht verstehen kann – hierauf haben einige vorherige Redner, insbesondere Herr Güntzler, hingewiesen –, ist, dass gerade Die Linke einen Antrag stellt, der am Ende offensichtlich gerade den nicht so sehr Betroffenen hilft. – Herr Görke möchte eine Frage stellen.

Das ist eine gute Idee, aber es ist zu spät

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

angesichts Ihrer verbliebenen Redezeit, was Herr Görke ja nicht wissen konnte. Insofern würde ich Sie jetzt einfach bitten, vielleicht zu erahnen, was er fragen will, und darauf die Antwort zu geben, und dann ist die Redezeit gänzlich um bzw. überschritten.

Also, ich habe Sie jetzt so verstanden, dass ich die Rede zum Ende bringen soll.

Bitte.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das werde ich auch machen. – Herr Görke, wir freuen uns auf die Debatte über Ihren Antrag im Ausschuss; da werden wir das vertiefen. Sie können an den wenigen Bemerkungen schon erkennen: Wenn wir der Inflation wirksam und entschlossen begegnen wollen, dann müssen wir die Ursachen bekämpfen und die akuten Belastungen abmildern, und zwar in einem abgestimmten Konzept. Dazu leistet der Antrag der Linken keinen zufriedenstellenden Beitrag. Wir werden ihn deswegen vermutlich ablehnen. Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dieter Janecek ist jetzt der nächste Redner für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7537565
Wahlperiode 20
Sitzung 44
Tagesordnungspunkt Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel
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