Thomas GebhartCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Versorgungssicherheit im Winter
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser furchtbare Krieg gegen die Ukraine, den Putin führt, zeigt uns jeden Tag mehr, wie notwendig es ist, dass wir so schnell wie möglich unabhängig werden von russischen Energielieferungen; denn es ist unerträglich, dass wir Geld nach Russland geben und so zumindest indirekt diese Kriegsmaschinerie finanzieren. Zudem müssen wir damit rechnen, dass Putin den Gashahn zudreht.
(Stephan Brandner [AfD]: Wer hat uns denn in diese Abhängigkeit gebracht, Herr Gebhart?)
Zur Hälfte ist er bereits zugedreht; möglicherweise wird er ganz zugedreht. Es könnte im Winter verheerende Auswirkungen bei uns haben, wenn Gasmengen fehlen sollten, wenn Preise durch die Decke gehen.
(Stephan Brandner [AfD]: Daran sind Sie schuld und kein anderer! Sie, Merkel und die ganze CDU-Mischpoke!)
Wie stark die Auswirkungen sein werden, hängt auch maßgeblich davon ab, inwieweit die Regierung in dieser Lage richtig agiert.
Seit Kriegsbeginn sagen wir: Alle Möglichkeiten, um russisches Gas bei uns zu ersetzen, müssen auf den Tisch; sie müssen ehrlich bewertet werden. Und wir brauchen einen Ausstiegsfahrplan –
(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Wir brauchen erst mal einen Einstiegsfahrplan!)
das hat der Deutsche Bundestag übrigens im April mit ganz großer Mehrheit beschlossen –, einen Plan, der aufzeigt: Wie können wir Gaslieferungen kompensieren, durch welche konkreten Maßnahmen, in welchen zeitlichen Schritten, zu welchen Kosten? Aber ich frage Sie, Herr Minister Habeck: Wo ist dieser Fahrplan? Er liegt uns nicht vor. Es sind jetzt vier Monate seit Kriegsbeginn vergangen. Sie ignorieren offenkundig diesen Bundestagsbeschluss. Ich fordere Sie auf: Legen Sie einen solchen Ausstiegsfahrplan vor!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Herr Minister Habeck, Sie haben angekündigt, weniger Gas zur Verstromung einzusetzen. Ja, das ist richtig. Es ist sogar notwendig, dass wir Gasmengen einsparen und zusätzliches Gas einspeichern. Das unterstützen wir. Aber auch hier frage ich: Warum erst jetzt? Am 8. März hat die Leopoldina mit einer Sofortmaßnahme einen Weg aufgezeigt, wie man Gasmengen bei der Verstromung einsparen kann, wenige Tage danach eine Studie der Energiewirtschaft zum gleichen Thema. Ich habe die Bundesregierung im März gefragt: Welche Maßnahmen werden in dieser Hinsicht ergriffen? Die Antwort der Bundesregierung: Wir prüfen. – Ich habe im April die gleiche Frage gestellt. Antwort der Bundesregierung: Wir analysieren. – Wir haben es in der Zwischenzeit im Ausschuss, im Plenum immer wieder thematisiert. Es ist nichts passiert. Daher ist die Frage mehr als berechtigt: Warum erst jetzt?
(Beifall bei der CDU/CSU – Stephan Brandner [AfD]: Warum überhaupt? Fragen Sie doch Frau Merkel!)
Hätte die Regierung an dieser Stelle früher gehandelt, könnten wir heute relevant größere Mengen an Erdgas in den Speichern haben. Wir wären auf den nächsten Winter besser vorbereitet, als es heute der Fall ist. Herr Minister, ich sage Ihnen: Ich habe Respekt vor Ihrer Kommunikationsleistung in diesen Wochen – ich meine es genau so, wie ich es sage –, aber das tatsächliche Regierungshandeln hinkt hinterher.
Meine Damen und Herren, weniger Gas für die Verstromung heißt im Moment mehr Strom aus Kohle, heißt mehr CO2.
(Stefan Wenzel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie schon mal was vom Emissionshandelssystem gehört?)
Das ist zunächst aus Klimaschutzgründen nachteilig. Umso mehr müssen wir uns an anderer Stelle anstrengen, um beim Klimaschutz noch schneller zu werden, noch besser voranzukommen. Daher ist es richtig – auch das unterstützen wir –, mehr Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu erreichen und die Wasserstoffstrategie konsequent umzusetzen.
(Timon Gremmels [SPD]: Was ganz Neues!)
Aber warum nutzen Sie kurzfristig nicht die vorhandenen Biomassepotenziale? Das ist ebenfalls seit März Thema. Warum passiert nicht mehr beim Thema Energieeinsparen? Auch hier könnte man konsequenter vorangehen. Und warum haben Sie sich dagegen entschieden, die drei Kernkraftwerke, die noch am Netz sind und am 31. Dezember abgeschaltet werden sollen, einen Tick länger laufen zu lassen?
(Stephan Brandner [AfD]: Was Sie beschlossen haben! Das ist doch Ihre Politik!)
Ich habe Zweifel, dass das offen und ehrlich geprüft wurde.
(Stephan Brandner [AfD]: Sie haben 16 Jahre regiert! Sie haben die Kernkraftwerke alle ausgemacht! Haben Sie das vergessen?)
Herr Minister, Sie haben gestern im Ausschuss selbst gesagt: Es war eine politische Entscheidung, die drei Kernkraftwerke nicht etwas länger laufen zu lassen. – Natürlich gibt es Hürden, wenn man das tun würde; das ist klar. Aber diese Hürden wären überwindbar gewesen. Ich sage: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.
(Zuruf von der AfD: Und ein Gebüsch!)
Aber der Wille war nicht vorhanden.
(Timon Gremmels [SPD]: Wo war denn Ihr Wille zum Ausbau der erneuerbaren Energien die letzten 16 Jahre?)
Ich hoffe, dass wir Ihre Entscheidung, auf die drei Kernkraftwerke in diesem Winter zu verzichten, nicht bitter bereuen müssen. Noch wäre Zeit. Daher: Bitte überdenken Sie diese Entscheidung.
(Beifall bei der CDU/CSU – Stephan Brandner [AfD]: Stellen Sie sich mal vor, wir hätten zehn Kernkraftwerke! Was wäre denn dann? Unglaublich!)
Als nächster Redner folgt für die SPD-Fraktion Bengt Bergt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7537586 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 44 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Versorgungssicherheit im Winter |