Roderich KiesewetterCDU/CSU - Bundeswehreinsatz in Libanon (UNIFIL)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben es gerade von Omid Nouripour gehört: Die Lage im Libanon verschärft sich zusehends: Die Wahlen im Mai brachten kein stabilisierendes Ergebnis, und die Lage insgesamt droht außer Kontrolle zu geraten. Dazu kommt, dass die Hisbollah Israel mit über 150 000 Raketen – viele Tausend davon hochpräzise – bedroht. Allein das ist ein Grund, diesen Einsatz zu unterstützen. Aber wir als Union unterstützen diesen Einsatz durchgehend seit 2006, seitdem er seinerzeit von der Großen Koalition ins Leben gerufen wurde. Aber dieser Einsatz ist natürlich älter, und wir müssen auch schauen, dass dieser Einsatz kein Selbstzweck ist, sondern dass wir alles tun, um mitzuhelfen, dass dem Libanon mit diplomatischen und auch mit militärischen Mitteln geholfen wird.
Was sind denn unsere Interessen? Folgende Gründe sprechen aus Sicht der Union für diesen Einsatz:
Das Erste ist, dass dies ein Einsatz zur Krisenprävention und auch zur Kriseneindämmung ist. Das ist auch deshalb so entscheidend, weil, wie wir es eben auch gehört haben, diese Mission die einzige Plattform ist, wo sich unter internationaler Mediation die Libanesen und Israelis treffen und austauschen. Und wir wissen, wie gespannt die Lage ist.
Das führt gleich zum zweiten Grund: Das ist unsere Mitverantwortung für Israel. Das ist auch eine Mitverantwortung, alles dafür zu tun, dass das Völkerrecht aufseiten Israels bleibt und Luftraumverletzungen nur in den notwendigsten Fällen geschehen; auch das gehört dazu. Aber die Gefahr, die von der Hisbollah ausgeht, rechtfertigt auch den einen oder anderen gezielten Schlag.
Das Dritte ist, dass wir sehen, dass die internationale Gemeinschaft Libanon nicht aufgegeben hat. Über 40 Staaten der Vereinten Nationen sind an UNIFIL beteiligt und wirken daran mit, dass wir im Rahmen dieses internationalen Mandats die Seeraumkontrolle leisten, dass Ausbildung stattfindet und dass – was auch sehr wesentlich ist – Ertüchtigung erbracht wird.
Das führt mich zum vierten Grund. Dieser vierte Grund ist schlichtweg in unserem reinen deutschen Interesse, weil wir mit dieser Beteiligung zeigen, dass man relativ niedrigschwellig große Wirkung erzielen kann. Ich danke deshalb im Namen der Union und, wie ich denke, auch im Namen des ganzen Hauses den Soldatinnen und Soldaten vor Ort und auch unseren Bundeswehrangehörigen. Bis zu 12 000 Soldaten sind dort. Von der Bundeswehr sind es bald wieder rund 300, wenn die Korvette „Augsburg“ dort eintreffen wird. Also an dieser Stelle große Anerkennung für den über all die Jahre geleisteten Einsatz.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wenn wir sehen, wie fragil dieses Land ist, dass die Armut immer weiter um sich greift und es nur eine Frage der Zeit ist, dass das Überleben nicht mehr gesichert ist, dass das Welternährungsprogramm eingreifen muss und dass wir vermutlich noch stärker schauen müssen, dass die Hisbollah keine Souveränität in ihren Bereichen ausübt, dann wissen wir, dass dieses Mandat jegliche Überprüfung und auch Stärkung braucht.
Worauf will ich hinaus? Wir beobachten mit Freude, dass die Bundesregierung an der Evaluierung von Auslandseinsätzen arbeitet. Wir erwarten, dass dies in enger Beteiligung des Parlaments und der Fraktionen erfolgt, dass auch die Expertise unserer Kolleginnen und Kollegen, die regelmäßig in den Libanon oder in den Nahen und Mittleren Osten reisen, abgefragt und eingebunden wird. Denn wir sehen durch die Gespräche mit der Zivilgesellschaft, mit den politisch Verantwortlichen und der Opposition, mit den Nichtregierungsorganisationen die Entwicklung der Lage doch in einem breiten Spektrum, das über das der militärischen Einsätze hinausgeht. Das ist schon auch ein Appell an die Bundesregierung, uns hier stärker einzubinden.
Abschließend, liebe Kolleginnen und Kollegen, möchte ich noch deutlich machen, dass wir alle Einsätze, die wir im Mittelmeerraum haben, stärker ganzheitlich betrachten müssen. Zu einer vernünftigen Nah- und Mitteloststrategie gehört auch, dass unsere Interessen im Bereich UNIFIL verknüpft werden mit dem Einsatz Counter Daesh, aber auch, dass wir sehr klar schauen, wo die Ursache der Unterstützung der Hisbollah ist. Solange der Iran das Existenzrecht Israels leugnet und die Hisbollah als Proxy in die Lage versetzt, Israel anzugreifen, müssen wir mit einem verstärkten Engagement rechnen und deshalb alles dafür tun, dass der Iran nicht nuklearwaffenfähig wird. In diesem Sinne ist UNIFIL also nur ein Baustein mehrerer internationaler Engagements.
Ich denke, wir dürfen als Opposition formulieren, dass wir hier auch in Bezug auf die nationale Sicherheitsstrategie klare Aussagen erwarten, wie wir Stabilität gemeinsam mit den anderen Staaten der Europäischen Union um die EU herum schaffen – in Mitverantwortung und auf Augenhöhe.
In diesem Sinne danke ich Ihnen für die Zeit und das Zuhören,
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Geht schon in Ordnung!)
und vor allen Dingen danke ich Ihnen, wenn Sie sich für dieses Mandat entscheiden. Wir werben um Unterstützung.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Jürgen Coße hat das Wort für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 44 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz in Libanon (UNIFIL) |