23.06.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 44 / Tagesordnungspunkt 15

Jürgen CoßeSPD - Bundeswehreinsatz in Libanon (UNIFIL)

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Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Heute ist Tag des Peacekeeping 2022. In einem Festakt hat die Bundesregierung ausgewählte deutsche Teilnehmerinnen und Teilnehmer an internationalen Friedensmissionen ausgezeichnet. Die Arbeit von Soldatinnen und Soldaten, Polizistinnen und Polizisten sowie zivilen Expertinnen und Experten wurde gewürdigt. Diese gemeinsame Ehrung durch die Ministerinnen – also drei Frauen – unterstreicht die besondere Bedeutung eines Ansatzes, der vernetzt ist. Wir nennen das vernetzten Ansatz.

Ich danke an dieser Stelle im Namen der gesamten SPD-Fraktion – und ich bin mir sicher: auch im Namen des Hauses – den deutschen Kräften in internationalen Missionen für ihren Einsatz und für ihr Engagement. Die Beteiligung an internationalen Einsätzen von Deutschen wird weltweit hoch geschätzt. Das ist insbesondere ihr Verdienst. Dafür herzlichen Dank!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Eine Soldatin der Marine wurde heute für ihren Einsatz geehrt. Sie ist Teil der deutschen Kräfte bei der Mission UNIFIL im Libanon. Über die Fortführung entscheiden wir heute. Als Parlament, welches jeden einzelnen Einsatz deutscher Truppen berät und abstimmt, tragen wir natürlich besondere Verantwortung. Ich wiederhole mich an dieser Stelle, weil es mir wichtig ist: Es ist gut, notwendig und vernünftig, dass der weltweite Einsatz deutscher Soldatinnen und Soldaten so intensiv Jahr für Jahr in diesem Haus diskutiert wird. Es ist und bleibt unsere Parlamentsarmee, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Als Parlament tragen wir Verantwortung für unsere Bundeswehr. Dazu gehört die bestmögliche Ausstattung in jeder Hinsicht. Fragen, wie sie untergebracht sind, wie sie verpflegt werden, welche Technik sie nutzen, sind richtig und fürsorglich. Unsere Soldatinnen und Soldaten sind und bleiben Staatsbürger in Uniform, und als Abgeordnete tragen wir eine große Fürsorgepflicht ihnen gegenüber. Daher ist es gut, dass wir das Sondervermögen mit großer Mehrheit in diesem Haus beschlossen haben. Auch das ist gut für die Soldatinnen und Soldaten, die wir in einen Auslandseinsatz schicken.

Zum Libanon drei Bemerkungen:

Erstens. UNIFIL ist einer der ältesten friedenserhaltenden Einsätze, und – Omid Nouripour hat es gesagt – seit über 44 Jahren sind Blauhelmsoldaten für die Einhaltung des Waffenstillstandes an der 121 Kilometer langen Blue Line zwischen Israel und dem Libanon stationiert. Diese Linie wurde 2000 von der UNO als Rückzugslinie zwischen dem Libanon und Israel festgelegt; sie ist aber nicht die internationale Grenze zwischen beiden Staaten.

Zweitens. Im Zuge des zweiten Libanon-Krieges im Sommer 2006 wurde das Mandat verändert: Die Mission wurde personell aufgestockt. Das Mandat wurde um die Überwachung des Waffenstillstandes sowie die Unterstützung der Stationierung der regulären libanesischen Streitkräfte entlang der Blue Linie erweitert.

Drittens. Die Vereinten Nationen griffen zum ersten Mal in ihrer Geschichte auf Seestreitkräfte zurück und gaben eine Maritime Task Force in Auftrag. Seit 2006 war Deutschland personell mit Soldatinnen und Soldaten sowie Booten an dieser Mission beteiligt. Derzeit besteht der maritime Teil aus vier Schiffen, gestellt von Bangladesch, Griechenland, Indonesien und der Türkei unter dem Kommando eines deutschen Admirals. Auch das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist internationale Verantwortung.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Die Mission UNIFIL hat einen klaren Auftrag: die Seewege vor dem Libanon zu sichern, um den Schmuggel von See her in den Libanon zu unterbinden, Unterstützung bei der kontinuierlichen Erstellung eines Lagebildes im Gebiet, und drittens die Ausbildung der libanesischen Marine, sodass sie ihre Seegrenzen zukünftig am besten auch eigenverantwortlich schützen kann. Deutschland unterstützt den Libanon noch intensiver.

Das Land ist politisch weiterhin instabil. Das Ergebnis der Wahlen im Mai – das haben wir eben gehört – wird dieses Land vor große Herausforderungen stellen. Ich bin mir nicht sicher, ob es nicht noch viel fragiler werden kann als heute.

Der Libanon ist nach wie vor das Land mit der höchsten Flüchtlingsquote. Infolge des Konfliktes in Syrien sind über 1,5 Millionen Syrerinnen und Syrer in den Libanon geflüchtet. Insgesamt besteht die Bevölkerung aus 6 Millionen Menschen. Auch das ist in der deutschen Öffentlichkeit häufig etwas, was kaum thematisiert wird.

Die Wirtschaft ist durch die schwere Explosion im Hafen von Beirut, die Coronakrise und die globale Rezession geschwächt. Grundnahrungsmittel wie Weizen sind auch im Libanon knapp geworden. Der Krieg von Putin in der Ukraine droht das Land noch tiefer in die Krise zu stürzen. Daher, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist der Überfall von Putin für mich ebenso ein Verbrechen an den Menschen, die auf diese Nahrungsmittel angewiesen sind.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und des Abg. Roderich Kiesewetter [CDU/CSU])

Deutschland unterstützt daher den Libanon. Seit 2012 sind mehr als 2,5 Milliarden Euro, davon 888 Millionen Euro für humanitäre Hilfe und 1,7 Milliarden Euro für Vorhaben der Entwicklungsarbeit, geflossen. Wir stimmen uns eng mit unseren UN-Partnern ab. Das ist auch wichtig.

Der Libanon und die gesamte Region bleiben instabil, und die schwierige internationale Lage wird dieses Land weiterhin belasten. Unsere Aufgabe und unsere Verantwortung ist es, weiterhin an der Seite dieser Menschen zu stehen. Deshalb ist es wichtig, dass wir vor Ort bleiben und wirken. Wir als SPD unterstützen ausdrücklich den Antrag der Bundesregierung, dieses Mandat zu verlängern. Dieser Blauhelmeinsatz ist notwendig, richtig, und er bleibt klug.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Das Wort hat Hannes Gnauck, AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7537626
Wahlperiode 20
Sitzung 44
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz in Libanon (UNIFIL)
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