23.06.2022 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 44 / Tagesordnungspunkt 18

Kaweh MansooriSPD - Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein gutes Zuhause darf kein Luxus sein. In Städten wie München oder Frankfurt, wo ich herkomme, ist genau das die Herausforderung. In dem Zusammenhang stellt die AfD-Fraktion einen Antrag, der überschrieben ist mit „Mehr Wohnungsmarkt wagen“. Wenn ich Ihren Ausführungen so folge, dann ist, ehrlich gesagt, nicht nur der Titel gewagt; denn was sich darin findet – und Sie haben das noch mal ausgeführt –, sind billige Ressentiments gegen Zugewanderte. Sie haben es wieder geschafft, die Zugewanderten für verantwortlich zu erklären.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Nee! Die Politik!)

„Mehr rassistische Ressentiments wagen“ wäre ein ehrlicherer Titel gewesen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Darüber hinaus glänzen Sie wieder mit sozialer Kälte.

Was das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts betrifft – das gilt auch für die Kollegen von der Union –: Das haben Sie entweder nicht gelesen oder nicht verstanden,

(Beifall des Abg. Bernhard Daldrup [SPD])

weil das Bundesverwaltungsgericht nämlich gerade nicht sagt, dass ein Vorkaufsrecht, das Kommunen eine Prognoseentscheidung zubilligt, schlechterdings unmöglich sei, sondern es sagt: Wenn der Gesetzgeber ein solches Vorkaufsrecht will, muss er ein solches Vorkaufsrecht regeln. – Genau das ist das, was wir vorhaben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau darum geht es!)

Worum geht es da im Detail? Es geht um das Zusammenspiel zweier Vorschriften im Baugesetzbuch, um § 24 und § 26. § 24 billigt den Kommunen grundsätzlich ein Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten zu, § 26 schränkt das wieder auf den Zustand der Gegenwart ein, sodass das Bundesverwaltungsgericht zum Ergebnis gekommen ist, dass die Kommune das Vorkaufsrecht nicht mit der Begründung ausüben darf, dass „in Zukunft“ eine erhaltungswidrige Nutzungsabsicht verfolgt werden soll. Gerade in Großstädten wie Frankfurt haben wir es aber mit einem dynamischen Immobilienmarkt zu tun, der neben den anständigen Vermietern, von denen gesprochen worden ist, eben auch die Spekulantinnen und Spekulanten anzieht.

Ich will mal aus meiner Beratungspraxis als Rechtsanwalt erzählen, wo ich viele Vorkaufsfälle in Großstädten betreut habe. Da kommt es häufig vor, dass ein Investor für einen Preis eine bewohnte Immobilie erwirbt, die, wenn Sie sie zu den Bestandsmieten weitervermieten würden, 80 Jahre lang vermietet werden müsste, um den Kaufpreis wieder einzuspielen. Wer bei solchen Preisen ernsthaft glaubt, dass der Investor da Mehrgenerationenwohnen für 11 Euro pro Quadratmeter anbietet, der ist, ehrlich gesagt, schief gewickelt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe der Abg. Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU] und Daniel Föst [FDP])

Deswegen ist es gut, dass die Bundesbauministerin da Handlungsbedarf ausgemacht hat; es gibt gesetzlichen Handlungsbedarf. Aber, liebe Linksfraktion, man muss es dann auch richtig machen. Das ist genau das, woran wir jetzt arbeiten.

(Caren Lay [DIE LINKE]: Das ist eine Ausrede! Das wissen Sie doch selber!)

Aus unserer Sicht ist die Verschärfung des Vorkaufsrechts der wichtige und richtige Weg neben vielen anderen Maßnahmen, neben mehr Tempo beim Wohnungsbau, einer Bau- und Investitionsoffensive, dem „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ und dem aktiven Mieterschutz durch Mietpreisbremse, Mietspiegel und all die Maßnahmen, über die heute schon gesprochen worden ist.

Kurzum: Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, aus unserer Sicht ist eine Reform des Vorkaufsrechts bitter nötig als ordnungspolitisches Instrument zur Erhaltung von Gestaltungsspielräumen für die Kommunen in dieser Republik und zur Erhaltung von intakten Quartieren. Da sind wir innerhalb der Koalition in enger Abstimmung. Der Vorschlag des Bundesbauministeriums ist da sicherlich von großer Bedeutung. Ich bin zuversichtlich, dass wir nach der Sommerpause einen geeinten Vorschlag vorlegen werden; denn am Ende muss sich jeder von uns die Frage stellen: Wollen wir unsere Innenstädte rein renditeorientierten Investoren zum Fraß vorwerfen? Wir wollen das nicht.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Rainer Semet [FDP])

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