23.06.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 44 / Tagesordnungspunkt 20

Nadine HeselhausSPD - Verbraucherinformation

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Chapeau, liebe Union! Ein solcher Antrag von einer Fraktion, die in den letzten Wahlperioden verbraucherpolitisch permanent auf der Bremse stand – das ist schon mutig.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Nehmen wir den Ernährungsbereich, der in Ihrem Forderungskatalog viel Raum einnimmt. Wer hat denn beispielsweise die nationale Einführung des Nutri-Scores so lange wie möglich verhindert? – Ihre Ministerin Julia Klöckner!

(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Das hat sie doch gar nicht!)

Dabei ist der Nutri-Score eine Erfolgsgeschichte. Mittlerweile ist er in Deutschland auf den Produkten von fast 600 Marken zu finden. Die farbliche Nährwertkennzeichnung hilft, sich bewusst und ohne großen Aufwand für gesündere Lebensmittel zu entscheiden. Die SPD hat sich jahrelang dafür eingesetzt, und es ist gut, dass Cem Özdemir jetzt daran arbeitet,

(Lachen der Abg. Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU])

den Nutri-Score europaweit verbindlich zu machen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Oder nehmen wir an Kinder gerichtete Werbung für besonders zucker-, fett- oder salzhaltige Lebensmittel. Auch das hat ja mit Verbraucherinformation und Kaufverhalten zu tun, und auch da standen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU, in der Großen Koalition einer wirksamen Regulierung zum Wohle unserer Kinder im Weg. Gleiches gilt für das von Ihnen jetzt angeführte Verbraucherinformationsgesetz und das Internetportal „lebensmittelwarnung.de“. Einige Ihrer Forderungen sind zwar ganz nett, aber überflüssig, weil bereits auf dem Weg oder in Planung.

Auch Sie verstehen sicher, dass der verbraucherpolitische Fokus der Bundesregierung in den vergangenen Monaten vor allem darauf lag, die privaten Haushalte angesichts der enormen Preissteigerungen finanziell zu entlasten. Ihren Antrag werte ich deshalb weniger als ernsthaften Beitrag oder Ausdruck eines wundersamen Sinneswandels, sondern vielmehr als Griff in die politische Trickkiste.

(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Setzen Sie doch die Forderungen um!)

Wir in der Ampel bringen lieber wirklich etwas voran,

(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Dann setzen Sie den Antrag um, wenn er so gut ist!)

darunter eben auch das, was mit Ihnen in der Vergangenheit eben nicht ging.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Dann setzen Sie doch den Antrag um!)

So werden wir ein staatliches Tierwohllabel einführen, an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel verbieten und eine Ernährungsstrategie beschließen. Und diese Linie verfolgen wir nicht nur im Ernährungsbereich, sondern in der gesamten Verbraucherpolitik, vom Ausbau der Schuldnerberatung bis zur Neuregelung der Unabhängigen Patientenberatung, vom Recht auf Reparatur bis zur Bestätigungslösung für telefonisch geschlossene Verträge, um nur einige Beispiele aus dem Koalitionsvertrag zu nennen.

Was in Ihrem Antrag leider komplett fehlt, ist die Verbraucherbildung; denn um bewusste Kaufentscheidungen zu fördern, brauchen wir nicht nur mehr Transparenz und bessere Regulierung. Wir müssen auch die Konsumierenden selbst stärken, ihr Urteilsvermögen und ihr Bewusstsein etwa für nachhaltigen Konsum: Wie nachhaltig kann eine Jeans für 10 Euro sein? Wie sinnvoll ist ein Ratenkredit? Welche Versicherungen brauche ich denn eigentlich wirklich?

Das sind Fragen, denen alle Menschen früher oder später begegnen. Zu wenige davon spielen aber im Schulalltag und damit an dem Ort eine Rolle, der junge Menschen auf ihr späteres Leben vorbereiten soll. Deshalb ist es mir ein Anliegen, die Verbraucherbildung auszubauen.

(Nina Warken [CDU/CSU]: Da sind wir mal gespannt!)

Ein realistisches Verbraucherbild berücksichtigt auch, dass Voraussetzungen und Lebensumstände von Konsumierenden unterschiedlich sind. Soziale Situation, Bildungsniveau und Sprachkenntnisse spielen eine wichtige Rolle bei Kaufentscheidungen. Notwendig sind daher mehrsprachige und auf verschiedene Zielgruppen abgestimmte Informations- und Beratungsangebote.

An dieser Stelle danke ich den Verbraucherzentralen; denn sie haben schon bald nach Beginn des Krieges in der Ukraine reagiert und umfassende verbraucherrelevante Informationen für ukrainische Geflüchtete bereitgestellt – auf Ukrainisch, wohlgemerkt. Diese Form von zielgruppenorientierter Verbraucherarbeit ist der richtige Weg, und den wird auch diese Koalition politisch konsequent weiterverfolgen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat der Abgeordnete Jürgen Braun für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7537689
Wahlperiode 20
Sitzung 44
Tagesordnungspunkt Verbraucherinformation
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