23.06.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 44 / Tagesordnungspunkt 22

Johannes SchätzlSPD - Genomische Techniken in der landwirtschaftlichen Produktion

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Keine Angst, ich nutze nicht die ganzen sieben Minuten meiner Redezeit; ich schaffe es ein wenig schneller,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

zu begründen, warum wir Ihren Antrag ablehnen; denn nach der Einleitung, in der Sie vollkommen richtig beschreiben, dass die Landwirtschaft vor Herausforderungen steht, können wir tatsächlich kaum mehr Gemeinsamkeiten finden.

Ja, Sie schreiben, wir haben einen breiten Werkzeugkasten. Tatsächlich haben wir den; der ist auch prall gefüllt mit hochinnovativen Systemen. Nur, bei diesen Systemen gibt es einen Unterschied. Sie sind angeblich vollkommen befreit von Risiken. Genau das ist der Unterschied zum eigentlichen Kern Ihres Antrages. Sie sprechen über geneditierende Verfahren, und da haben wir ein Problem. Die sind eben nicht komplett frei von Risiko, und sie sind auch dann nicht frei von Risiko, nur weil Sie das Wort „Risiko“ weder in Ihrem Antrag noch in Ihrer Rede erwähnen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Tatsächlich kenne ich kaum eine Diskussion, die mit mehr Emotionalität geführt wird. Es ist eine öffentliche, emotional geführte Diskussion, die aus meiner Sicht vollkommen legitim ist und die wir auch brauchen. Im gleichen Maße müssen wir aber die politische Diskussion – die Diskussion, die wir hier im Parlament führen – mit einer maximalen Besonnenheit führen. Genau diese Besonnenheit ist es tatsächlich, die ich in Ihrem Antrag vermisse.

(Albert Stegemann [CDU/CSU]: Besonnene Blockade!)

Ich gehe auf zwei Punkte ein, an denen ich das tatsächlich feststellen kann. Zum einen schreiben Sie, dass die genomeditierenden Verfahren keiner GVO-Regulierung unterliegen sollen – und Sie haben es so gesagt –, nur weil am Ende das gleiche Produkt wie bei klassischen Züchtungen hervorgeht. Ich bin ein wenig verwundert. Vor einer Stunde haben wir Ihren Antrag zu Verbraucherinformationen beraten, und Sie, Frau Stumpp – Sie sind noch anwesend –, haben gesagt, sie wollten mündige Verbraucherinnen und Verbraucher. An dieser Stelle haben wir wirklich einen Konsens.

Ich fasse Ihre Aussage zusammen: Sie wollen keine Transparenzpflichten, keine Rückverfolgbarkeiten und keine Kennzeichnungspflicht, weil das Produkt am Ende das Gleiche zu sein scheint wie das durch klassische Kreuzungen.

Tatsächlich verstehe ich Ihren Denkfehler; den haben Sie in Ihrem Antrag selbst aufgeschrieben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie schreiben, Sie wollen „ausschließlich gewünschte Veränderungen“. Wenn Sie schreiben, Sie wollen „ausschließlich gewünschte Veränderungen“, dann stelle ich mir wirklich die Frage: Reden wir über den gleichen Prozess? Dieser Prozess ist doch nicht frei von Risiken, und wir können nicht zu 100 Prozent bestimmen, dass am Ende das gleiche Produkt herauskommt wie bei klassischen Kreuzungsverfahren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Genau das ist aus meiner Sicht der Punkt, an dem wir uns in der Diskussion unterscheiden. Und das ist auch nicht meine Privatmeinung; es muss nicht mal eine politische Meinung sein. Es ist die Meinung des Europäischen Gerichtshofs, der am Ende eben genau den Prozess und nicht nur das Produkt bewertet hat.

Gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung aus der CDU/CSU-Fraktion?

Gerne.

Vielen Dank, Herr Kollege Schätzl, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Ich möchte Sie mit Blick auf Ihre Ausführungen zu unserem Antrag fragen, ob Sie Kenntnis davon haben, was im Koalitionsvertrag zwischen der SPD und der Partei Die Linke im Land Mecklenburg-Vorpommern zu lesen ist. Falls nicht, möchte ich es Ihnen kurz zur Kenntnis geben:

Der wissensbasierte Einsatz neuer Züchtungsmethoden ist in Zeiten des Klimawandels notwendig. Wir fordern die Zulassung neuer Züchtungstechniken beim Bund und der EU ein.

Wie sehen Sie Ihre Aussagen, die Sie gerade ausgeführt haben, im Zusammenhang mit diesen Äußerungen Ihrer Parteikolleginnen und Parteikollegen in Mecklenburg-Vorpommern?

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Gute Frage!)

Vielen Dank für diese Zwischenfrage. – Tatsächlich kennen wir unseren Koalitionsvertrag; denn da ist der Wortlaut ähnlich. Ich bitte Sie jetzt wirklich, einmal zwischen Züchtungsmethoden und gentechnischen Verfahren zu unterscheiden. Sie sind eben nicht genau das Gleiche, und genau an dieser Stelle sage ich Ja zu neuen Züchtungsverfahren, aber eben kein bedingungsloses Ja zu gentechnischen Züchtungsverfahren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Steht auch nicht im Antrag! – Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Steht nicht im Antrag! Genau das ist das Problem!)

– Tatsächlich habe ich diesen Antrag relativ oft gelesen,

(Albert Stegemann [CDU/CSU]: Dann haben Sie ihn nicht verstanden!)

und deswegen gehe ich noch auf einen zweiten Punkt Ihres Antrages ein.

Zweiter Punkt. Sie drängen auf eine schnelle zeitliche Entscheidung und schreiben – ich zitiere sogar aus Ihrem Antrag –, Sie wollen schnell neue Pflanzensorten, um auf die „plötzlichen Auswirkungen des Klimawandels“ zu reagieren. Tatsächlich finde ich es fast obszön, diese beiden Worte in einem Satz zu verwenden. Die „plötzlichen Auswirkungen des Klimawandels“! An dieser Stelle unterscheiden wir uns wirklich vehement, und ich kritisiere nicht nur diese Formulierung, sondern ich sage auch: Es gibt ein deutlich größeres Problem; denn wir sprechen über die Auswirkungen des Klimawandels und über Wassermangel. Genau das ist die Stelle, an der Sie eben nicht nur einen Eingriff in die DNA-Struktur eines komplexen Organismus brauchen, sondern deutlich mehr.

Genau aus diesem Grund sage ich Ihnen: Wir werden uns auch in dieser Koalition dem Thema mit großer Seriosität stellen, der Seriosität, die wir brauchen und die unsere Verbraucherinnen und Verbraucher auch verdienen. Genau an dieser Stelle heißt das konkret: Wir wollen Untersuchungen und Nachdefinitionen der Gerichte, und zwar mit so viel Zeit wie nötig und nicht mit so viel Tempo wie möglich.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat der Abgeordnete Peter Felser für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7537707
Wahlperiode 20
Sitzung 44
Tagesordnungspunkt Genomische Techniken in der landwirtschaftlichen Produktion
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