Johannes ArltSPD - Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, wichtige Gesetzesvorhaben wie das Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetz rechtfertigen, dass man auch zu sehr später Stunde hier noch mal einen Redebeitrag abgibt. Wir machen es, wie gesagt, so, dass wir als Koalitionsfraktionen für die AG Wirtschaft mit Rücksicht auf die Zeit nur diesen einen Beitrag abgeben.
Die zentralen Fragen sind doch: Was schulden wir als politisch Verantwortliche, was schulden wir als Gesellschaft unseren über 180 000 Soldatinnen und Soldaten? Was schulden wir unseren über 3 600 Soldatinnen und Soldaten, die sich derzeit im Auslandseinsatz befinden? Und: Was schulden wir den Soldatinnen und Soldaten, die derzeit an der Ostflanke der NATO ihren Dienst verrichten? – Wir schulden ihnen Anerkennung, Dank und Respekt für ihre Leistungen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Aber Anerkennung, Dank und Respekt verkommen zu Worthülsen, wenn sie sich nicht in moderner Ausstattung, in modernem, funktionierendem Gerät niederschlagen. Als Offizier, der in Afghanistan und Mali seinen Dienst geleistet hat, weiß ich aus eigener Erfahrung, wie essenziell dies ist. Lassen Sie mich sagen: Wir haben viel zu lange damit gewartet.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir brauchen eine optimal ausgestattete Bundeswehr, um Landesverteidigung und Bündnisverpflichtungen zu garantieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir erleben eine Zeitenwende, weil Putin ohne Anlass und Grund völkerrechtswidrig einen Angriffskrieg gegen die Ukraine entfesselt hat. Diese Zeitenwende darf für uns in Deutschland und für die Bundeswehr nicht folgenlos bleiben. Lars Klingbeil hat es am Dienstag wie folgt beschrieben: Von Deutschland wird Führung gewünscht. – Wir wollen diesen Erwartungen auch entsprechen. Dafür benötigen wir eine leistungsfähige Bundeswehr. Eine leistungsfähige Bundeswehr wird es ohne eine leistungsfähige Beschaffung aber nicht geben; auch dies gehört zur Zeitenwende.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Mit dem vorliegenden Gesetz schaffen wir dafür die Voraussetzungen. Wir brauchen eine Kombination aus kurzfristigem und langfristigem Handeln. Beides leisten wir mit diesem Gesetzentwurf. Er führt einerseits – angesichts der dramatischen Lage – zu einer unmittelbaren Verbesserung der Beschaffung und schafft die Voraussetzungen dafür, dass das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen zielgerichtet eingesetzt wird. Andererseits beinhaltet der Entwurf bereits Weichenstellungen für eine zukünftige Beschaffungspolitik.
Wie gelingt uns das im Detail? Erstens durch Beschleunigung in der Vergabe und in den Nachprüfungsverfahren. Wir ermöglichen eine Zusammenlegung von Fachlosen aus wirtschaftlichen, technischen und auch zeitlichen Gründen. Wir entbürokratisieren Nachprüfungsverfahren. Wir ermöglichen schnelle richterliche Entscheidungen. Wir legen auch Wert darauf, dass die Interessen der mittelständischen Unternehmen gewahrt bleiben, nicht nur im vorgelegten Entwurf, sondern auch durch die Ausgestaltung von Ausschreibungen.
(Beifall des Abg. Hagen Reinhold [FDP])
Daneben werden wir durch ein konsequentes Forderungscontrolling in der Bundeswehr von eierlegenden Wollmilchsäuen Abstand nehmen und in Zukunft schauen, dass wir durch die frühestmögliche Festlegung der Beschaffungsvariante einen Beitrag zu schneller Beschaffung leisten.
(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Zweitens. Wir wahren deutsche und europäische Interessen, indem wir unsichere Drittländer von Ausschreibungen ausschließen können; das ist angesichts der sich polarisierenden Weltlage elementar.
Drittens. Unser Entwurf legt Grundsteine für eine künftige Beschaffung, beispielsweise dadurch, dass sich unsere Beschaffung auch an ökologischen Kriterien orientiert; das ist kein Selbstzweck, sondern eine Frage der Effizienz.
Zugleich kann die Zeitenwende Ausgangspunkt für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union sein. Indem wir Beschaffung mehr europäisieren, stellen wir die Weichen für mehr einheitliche europäische Ausrüstung, stellen wir die Weichen für ein starkes Deutschland in einem wehrhaften Europa, stellen wir die Weichen für mehr gemeinsame europäische Verteidigung.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich komme zum Schluss. Wir schulden unserer Bundeswehr eine funktionierende und moderne Ausstattung, und wir schulden unseren Bürgern eine einsatzbereite Bundeswehr. Nachdem in den letzten 16 Jahren im unionsgeführten Verteidigungsministerium ein Tiefschlaf eingetreten war, legen wir als Ampelkoalition die Grundsteine für eine beschleunigte Beschaffung und für eine gemeinsame europäische Verteidigung. Wir laden auch die Union herzlich zur Mitarbeit am Gesetz ein.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Nächster Redner: für die AfD-Fraktion Dr. Malte Kaufmann.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7537737 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 44 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetz |