Konstantin KuhleFDP - Kinderschutz vor Datenschutz
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der sexuelle Missbrauch an Kindern und die Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen gehören zu den schrecklichsten Straftaten, die es gibt. Deswegen haben wir alle gemeinsam in diesem Haus das Ziel, die Täter zu finden und zu bestrafen.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es ist eine gute Nachricht, dass in der Polizeilichen Kriminalstatistik für das Jahr 2021, die gerade veröffentlicht worden ist, die Aufklärungsquote im Bereich der Missbrauchsdarstellungen bei 92,3 Prozent liegt. Diese Statistik hilft denjenigen nicht, die im Dunkelfeld sind. Diese Statistik hilft den 7,7 Prozent nicht, bei denen Missbrauchsdarstellungen eben nicht verfolgt werden konnten. Aber es zeigt uns doch, dass in diesem Land bei einer so schrecklichen Straftat vergleichsweise viele Ermittlungserfolge erzielt werden. Das haben wir den Beamtinnen und Beamten zu verdanken, die sich dieses widerliche Material ansehen müssen. Ihnen gilt unser Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Natürlich müssen wir hier auch darüber sprechen, welche Daten zur Verfügung stehen, um die Täter zu finden und zu bestrafen. Es wäre aber verfehlt, eine erneute Diskussion über die Vorratsdatenspeicherung zu beginnen; denn die Vorratsdatenspeicherung gibt es längst. Sie steht im Gesetz, kann aber von den Ermittlern nicht eingesetzt werden, weil die Regelung mehrfach von deutschen und europäischen Gerichten für unanwendbar erklärt worden ist, weil sie die Grundrechte verletzt. Es ist auch gut so, dass diese Regelung nicht angewandt werden kann; denn in einer offenen Gesellschaft, in einer liberalen Demokratie, in einer freien Gesellschaft braucht der Staat eine Begründung, damit er anlasslos die Daten aller Menschen speichern kann. Das schlichte Bewegen im Internet ist keine ausreichende Begründung; das macht die Menschen noch nicht zu Tätern.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Anke Domscheit-Berg [DIE LINKE])
Deswegen wollen wir als Ampel eine Abkehr von der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden stattdessen eine Ausnahme nutzen, die der Europäische Gerichtshof zulässt, und zwar die Einführung einer Regelung zur anlassbezogenen Speicherung, zum Einfrieren von Daten nach einem richterlichen Beschluss.
(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Das hatte ich befürchtet!)
Das ist der richtige Weg, das werden wir machen. Daran sehen Sie, dass wir auch die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs beachten werden.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Soweit sich die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs auch auf die IP‑Adresse erstrecken, sei an dieser Stelle gesagt, dass die IP‑Adresse in Deutschland längst gespeichert wird, und zwar mindestens für sieben Tage.
Die Aufklärungsquote von 92,3 Prozent haben wir doch deshalb, weil wir es über bessere Verfahren geschafft haben, innerhalb weniger Tage von dem Hinweis aus den USA zur Ermittlung der zuständigen Staatsanwaltschaft und dann zur Durchsuchung und zur Beschlagnahme zu kommen. Diese Verfahren müssen noch schneller werden. Daran arbeiten wir gerne gemeinsam. Bekämpfen wir gemeinsam Kindesmissbrauch, erhöhen wir die Aufklärungsquote, die dank der Beamtinnen und Beamten schon sehr hoch ist, aber schützen wir auch die Grundrechte aller unbescholtenen Bürgerinnen und Bürger in diesem Land, die mit diesen widerlichen Taten nichts zu tun haben!
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Thomas Lutze [DIE LINKE])
Vielen Dank, Herr Kollege Kuhle. – Als nächster Redner erhält das Wort der Kollege Alexander Throm, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7537779 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 45 |
Tagesordnungspunkt | Kinderschutz vor Datenschutz |