24.06.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 45 / Zusatzpunkt 9

Thorsten LiebFDP - Kinderschutz vor Datenschutz

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Tribüne! Der sexuelle Missbrauch von Kindern ist eine besonders abscheuliche Tat. Er ist besonders widerlich, wenn er im familiären und persönlichen Umfeld geschieht; das macht mich gerade als Vater von vier Kindern fassungslos. Dass gerade die Täterinnen und Täter in diesem Bereich dann natürlich mit aller Konsequenz des Rechtsstaates – ich sage bewusst: Konsequenz – zur Verantwortung gezogen werden müssen, daran kann – da widerspricht hier ja auch niemand – nicht der geringste Zweifel bestehen.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU, „Kinderschutz vor Datenschutz“, wie der Titel Ihres Antrags lautet? Ich muss offen sagen: Ich halte das schon für einigermaßen perfide.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Zwei wichtige und fundamentale Grundrechte – das Recht auf körperliche Unversehrtheit, in diesem Falle durch Kinderschutz, und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung – so gegeneinander auszuspielen und hier eine Rangfolge zu bilden, wird dem Ernst und der Bedeutung dieses Themas alles andere als gerecht, liebe Kolleginnen und Kollegen. Da vermischen Sie Dinge, die nicht zusammengehören.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Es sei daran erinnert, dass die Kollegin Bär beim vorherigen Thema an die gebotene Sachlichkeit in der Debatte erinnert hat. Wir sind gut beraten, auch an dieser Stelle zur Sachlichkeit zurückzukehren.

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Manchmal muss man abwägen und entscheiden!)

Richtig ist – auch das ist schon mehrfach erwähnt worden –, dass der EuGH in seiner Entscheidung auch die Möglichkeit eröffnet hat, IP‑Adressen abzuspeichern.

(Christoph de Vries [CDU/CSU]: Ah! – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Genau! – Alexander Throm [CDU/CSU]: Jetzt wird es spannend!)

Aber – und das vermisse ich in Ihrem Antrag und bei der Positionierung der CDU/CSU-Fraktion völlig – der EuGH hat auch drei andere Wege eröffnet, von denen der eine das Quick-Freeze-Verfahren ist, das wir als Koalition durchsetzen wollen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Konstantin Kuhle [FDP]: Aha! – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Nicht alles, was rechtlich zulässig ist, hilft einem Kind!)

Deswegen kann es doch nicht richtig sein, einen solchen Antrag zu stellen. Mich ärgert die Instrumentalisierung dieses Themas

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

und dass Sie sich mit den anderen Wegen überhaupt nicht sachlich auseinandersetzen. Das würde zu einem seriösen Antrag selbstverständlich dazugehören.

Abschließend will ich noch auf einen ganz bemerkenswerten Absatz in Ihrem Antrag eingehen – die Kollegin hat es schon erwähnt –, in dem Sie davon sprechen, dass für den Fall, dass eine IP‑Adresse durch mehrere Personen benutzt wird, auch die Speicherung von technischen Begleitdaten erforderlich sei. Ich will das gar nicht technisch erörtern, aber eines müssen wir für die Debatte doch festhalten: Dieser Punkt wird in der EuGH-Entscheidung gar nicht angesprochen; das ist überhaupt nicht Thema gewesen.

(Konstantin Kuhle [FDP]: Aha!)

Wir wissen gar nicht, ob das überhaupt grundrechtskonform ist.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Anna Kassautzki [SPD] – Dr. Günter Krings [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Statt dass Sie einen Antrag formulieren, mit dem man arbeiten kann, formulieren Sie also etwas, wodurch noch zusätzliche rechtliche Risiken entstehen. Da möchte ich Ihre Reaktion sehen, wenn wir das machen und der EuGH es aufhält. Wir als Koalition stehen für eine rechtskonforme Lösung, und die setzen wir auch um.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Lieb. – Nächster Redner ist der Kollege Christoph de Vries, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7537784
Wahlperiode 20
Sitzung 45
Tagesordnungspunkt Kinderschutz vor Datenschutz
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta