Thomas SeitzAfD - Sterbehilfe
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Obwohl es um Gewissensfragen geht, haben Sie unsere Fraktion von den Gruppenanträgen faktisch ausgeschlossen – zugleich Millionen Wähler. Das ist keine Sternstunde des Parlamentarismus.
Aber zur Sache. Die Suizidbeihilfe braucht eine Regelung, die selbstbestimmtes Sterben ermöglicht, den notwendigen Schutz vulnerabler Gruppen – dazu gehören Minderjährige genauso wie psychisch angeschlagene Menschen – gewährleistet und vor Missbrauch schützt. Hierzu braucht es die Mitwirkung qualifizierter Berufsträger, die zwangsläufig geschäftsmäßig handeln; denn damit ist allein eine auf Wiederholung angelegte Tätigkeit gemeint. Es geht nicht um die Frage der Entgeltlichkeit; wobei es auch nicht unredlich ist, als Berufsträger durch die Mitwirkung an einem frei bestimmten Suizid Geld zu verdienen. Denn das ist notwendig, damit Menschen in Würde von uns gehen können. Diesen Ansprüchen genügt leider keiner der drei Gesetzentwürfe.
Ich beginne mit Drucksache 20/904 – ein Gesetzentwurf, der mehr Verhinderungslösung denn Ermöglichungslösung ist. Das Wesen der Autonomie wird völlig verkannt, wenn jede geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung für tatbestandsmäßig, also strafbar erklärt wird. Die Idee eines multiprofessionellen Beratungsgesprächs ist ohne institutionelle Verankerung und gesicherte Finanzierung völlig unpraktikabel, und eine Zeitspanne von zwei Monaten zwischen letzter Untersuchung und Suizid ist realitätsfremd. Vor dem Bundesverfassungsgericht haben Betroffene eindrucksvoll geschildert, wie erst die Gewissheit, das eigene Leben jederzeit beenden zu können, ihnen die Kraft gegeben hat, ihr Schicksal über Jahre auszuhalten. Die rund 60 Unterzeichner aus den Regierungsfraktionen frage ich, wie Sie den Wertungswiderspruch rechtfertigen, wenn Sie vorhin § 219a verteufeln und jetzt als Vorbild für ein neues Werbeverbot heranziehen. Ist das Heuchelei oder Schizophrenie?
Die beiden anderen Gesetzentwürfe kranken am Schutzkonzept. Nach dem Entwurf auf Drucksache 20/2293 sollen Beratungsstellen maßgeblich sein, die in erster Linie mit Ehrenamtlichen besetzt sind. Eine zwingende ärztliche Beteiligung in den Beratungsstellen ist nicht vorgeschrieben. Damit lassen sich das Fehlen von Willensmängeln und die Freiheit von äußerer Beeinflussung nicht wirksam feststellen. Im Entwurf auf Drucksache 20/2332 ist zunächst der Schutz Minderjähriger völlig unzureichend ausgestaltet. Auch im Übrigen fehlt es an Kontrolle und erinnert eher an das lästige Abhaken einer unvollständigen Checkliste.
Ich verstehe nicht, warum kein Entwurf die Suizidassistenz in Anlehnung an die Unterbringung und Betreuung nach BGB und FamFG regelt. So wie Betreuungsrichter, beraten durch Sachverständige, über gefährliche Heilmaßnahmen, Freiheitsentziehung oder Zwangshandlungen entscheiden, kann man ihnen auch die Befugnis übertragen, festzustellen, dass ein Suizidwunsch frei von Willensmängeln und hinreichend gefestigt ist. Dieser Feststellungsbeschluss ist dann die Grundlage für die Abgabe eines tödlich wirkenden Medikaments.
Der Antrag zur Suizidprävention ist selbstredend zu begrüßen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD sowie des Abg. Matthias Helferich [fraktionslos])
Vielen Dank, Herr Kollege Seitz. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Katrin Helling-Plahr, Gruppe „Helling-Plahr“.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD und der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7537794 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 45 |
Tagesordnungspunkt | Sterbehilfe |