24.06.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 45 / Tagesordnungspunkt 29

Marja-Liisa VöllersSPD - Verunglimpfung von Bundeswehrsoldaten

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Intention des Antrags der AfD und die darin sachlich falsch dargelegten Annahmen wurden ja bereits von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern aus den anderen demokratischen Fraktionen deutlich widerlegt.

(Jan Ralf Nolte [AfD]: Ha!)

Daher möchte ich die Gelegenheit nutzen und den Aspekt des Rechtsextremismus in der Bundeswehr und im Umgang mit Verdachtsfällen am Beispiel des KSK beleuchten.

(Jan Ralf Nolte [AfD]: Da sind Sie ja die Richtige dafür!)

Lassen Sie mich vorher bitte zwei Dinge festhalten:

Erstens. Die große Mehrheit der Soldatinnen und Soldaten sowie der zivilen Mitarbeitenden verrichten ihre Arbeit mit großer Verantwortung und stehen ohne jeglichen Zweifel hinter unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ihnen kann ich versichern: Wir, die Ampel und auch die demokratische Opposition, stehen fest an der Seite derer, die ihren Dienst treu und gewissenhaft unter Achtung des Grundgesetzes leisten. Eine Generalverdächtigung gibt es von meiner Seite nicht.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Zweitens. Diejenigen, die extremistisches Gedankengut haben, gehören nicht in die Bundeswehr. Wir dulden keine Form von Extremismus; jeder Fall von zum Beispiel Rechtsextremismus ist daher ein Fall zu viel.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir dürfen die Augen aber nicht verschließen und müssen auch innerhalb der Bundeswehr wehrhaft gegen Gegner unseres demokratischen Grundwertekorsetts sein. Ich begrüße daher, dass jedem Hinweis mit höchster Wachsamkeit nachgegangen wird und, wo notwendig, auch Konsequenzen gezogen werden. Dass der Staat dazu in der Lage ist, haben wir bei den Fällen im Bereich des KSK, die heute schon geschildert wurden, gesehen.

Seit 2017 stand das KSK wegen gravierender rechtsextremistischer Vorfälle in der Kritik, beispielsweise wegen des Zeigens des Hitlergrußes. 2017 hat das BAMAD im Zusammenhang mit dieser Affäre den Phänomenbereich Rechtsextremismus bzw. Reichsbürgertum aufgeklärt und circa 50 Personen in die Verdachtsfallbearbeitung aufgenommen. Fünf Personen wurden daraufhin aus der Bundeswehr entlassen. Eine Person wurde rechtskräftig strafrechtlich verurteilt. 18 weitere Soldatinnen und Soldaten wurden versetzt und haben die Einheit verlassen. Diese Zahlen sprechen leider für sich und weisen eben auch auf erhebliche Defizite hin.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen in der Bundeswehr auch Spezialeinheiten.

Erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Nein.

(Zuruf des Abg. Jan Ralf Nolte [AfD])

Das KSK ist für besondere Aufgaben von strategischem Interesse, zum Beispiel für die Rettung deutscher Staatsangehöriger aus Kriegs- und Krisengebieten oder für die Ausbildung von verbündeten Streitkräften.

(Jan Ralf Nolte [AfD]: Waren die schuldig, die versetzt wurden? Waren die schuldig Ihrer Meinung nach?)

Diese Kompetenzen werden – gerade unter dem Brennglas der Zeitenwende – gebraucht; und das ist uns allen, glaube ich, klar. Doch die Spezialkräfte müssen eben auch exemplarisch sein für unsere Werte, für die Werte der demokratischen Grundordnung.

(Jan Ralf Nolte [AfD]: Frau Kollegin, Sie erzählen Unsinn hier!)

Rechtsextremes oder anderes extremistisches Gedankengut darf keinen Platz haben; ich glaube, darüber sind sich die meisten von uns hier einig.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Jan Ralf Nolte [AfD]: Bei Ihnen in der SPD hat Gedankengut keinen Platz!)

An dieser Stelle möchte auch ich die ehemalige Verteidigungsministerin loben. Die Unionskollegin hat damals schnell und gezielt reagiert, die gehäuften Verdachtsfälle aufarbeiten lassen und ist intern eine andere Linie gefahren. Vielen Dank noch mal an dieser Stelle.

Die Ergebnisse waren und sind immer noch schockierend. In Teilen konnte sich eine toxische Führungskultur entwickeln – Kollege Faber hat das eben schon ausgeführt –, die Einheiten konnten sich in Teilen verselbstständigen, und extremistische Tendenzen sowie ein laxer Umgang mit Material und Munition konnten sich entwickeln.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Entwicklung musste gestoppt und Gegenmaßnahmen mussten ergriffen werden. Wir haben schon über die 60 Einzelmaßnahmen gesprochen, die identifiziert worden sind, um eine Reform einzuleiten. Wir haben auch schon den Abschlussbericht zur Umsetzung des Maßnahmenkatalogs debattiert. Im Jahr 2021 sehen wir bereits erste positive Entwicklungen. Mehr als 90 Prozent der Maßnahmen sind bereits umgesetzt. Aber wichtig ist – das wird eben auch deutlich –: Einige der Maßnahmen bedürfen mittelfristig einer weiteren engen Begleitung, Evaluierung und eben auch einer Nachjustierung.

Ich glaube, das Kommando Spezialkräfte hat eine gute Zukunft innerhalb der Bundeswehr vor sich. Der Weg dafür wurde bereitet. Wir sollten das KSK an dieser Stelle auch unterstützen. Auf den Todesfall wurde eben schon Bezug genommen. Das ist tragisch. Die Arbeit und das Engagement bis zum Tode hin, das diese Soldatinnen und Soldaten bringen, sollten wir auch wertschätzen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie des Abg. Jens Lehmann [CDU/CSU])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Fall zeigt: Der Staat schaut bei rechtsextremistischen Vorfällen in der Bundeswehr genau hin und ist in der Lage, mit aller Härte gegen staatsfeindliche Strukturen vorzugehen und eben auch für die notwendigen Veränderungen zu sorgen. Daran müssen wir nun anknüpfen. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass die Abwehr und die Prävention von Rechtsextremismus überall Priorität haben: angefangen bei den Einstellungs- und Bewerbungsprozessen über die Ausbildung und im Alltag in den Standorten bis hin zur Arbeit in den Ministerien. Diese Aufgabe müssen alle im Blick behalten und diesbezüglich auch die Zusammenarbeit stärken. Abwehr und Prävention von Rechtsextremismus können nicht alleine nur vom BAMAD getragen werden. Es ist eben auch eine Aufgabe für uns alle, für uns Demokratinnen und Demokraten innerhalb und außerhalb der Streitkräfte.

Um zum Schluss zu kommen: Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute ist der 100. Jahrestag der Ermordung von Reichsaußenminister Walther Rathenau. Die Geschichte lehrt uns: Demokratie und Freiheit sind nichts Naturgegebenes. Sie müssen verteidigt werden gegen ihre Feinde von innen genauso wie von außen. Eine wehrhafte und fest in den Werten des Grundgesetzes verankerte Bundeswehr muss ein fester Bestandteil unserer Gesellschaft sein. Daher werden wir als SPD-Bundestagsfraktion weiterhin sicherstellen, dass Rechtsextremismus in der Bundeswehr keinen Platz hat.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Als letzter Redner in dieser Debatte erhält Jens Lehmann für die Unionsfraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7537816
Wahlperiode 20
Sitzung 45
Tagesordnungspunkt Verunglimpfung von Bundeswehrsoldaten
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