24.06.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 45 / Zusatzpunkt 15

Mark HelfrichCDU/CSU - Bereithaltung von Ersatzkraftwerken

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „ Gnadenfrist für die Kohlekraft“, unter dieser Überschrift lässt sich der Gesetzentwurf der Ampel treffend zusammenfassen. Warum? Um Deutschland für einen Engpass in der Gasversorgung zu rüsten, sollen Kohlekraftwerke nicht vom Netz bzw. wieder ans Netz gehen. Sie sollen ab dem 1. November dieses Jahres zwei Jahre lang auf Stand-by gehalten werden, um auf Abruf am Strommarkt teilzunehmen.

(Zuruf des Abg. Dr. Götz Frömming [AfD])

Aufgrund der Drosselung russischer Gaslieferungen können wir damit aber nicht bis zum 1. November warten. Wir müssen die Gasverstromung schon jetzt stoppen und die Kohlekraftwerke umgehend aus der Reserve holen und ans Netz bringen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)

Mir ist im Übrigen völlig schleierhaft, warum damit noch nicht begonnen wurde.

(Zuruf von der AfD: Richtig!)

Im Mai wurden immerhin noch knapp 7 000 Gigawattstunden Gas zur Stromerzeugung verfeuert, anstatt sie in unsere Erdgasspeicher einzuspeisen.

(Karsten Hilse [AfD]: Richtig!)

Damit hätten wir unseren Gasspeicherstand immerhin um 3 Prozent erhöhen können.

Mehr Kohleverstromung kann aber nicht die einzige Antwort auf die Frage sein, wie wir die Gasverstromung kompensieren können. Die Union fordert seit Monaten eine offene Debatte über eine befristete Laufzeitverlängerung der letzten Kernkraftwerke in Deutschland. Wenn ich die aktuellen Diskussionen in der FDP verfolge, dann kann ich feststellen, dass die Union mit dieser Ansicht offensichtlich nicht allein dasteht.

(Karsten Hilse [AfD]: Stehen Sie sowieso nicht! Die AfD steht auch dafür! – Gegenrufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber auch der AKW-Betreiber PreussenElektra sowie der Branchenverband Kernenergie Deutschland halten eine Laufzeitverlängerung für möglich und sinnvoll.

(Beifall des Abg. Karsten Hilse [AfD])

Auch Juristen der Ruhr-Universität Bochum bestätigen in einem Gutachten, dass die weitere Nutzung rechtlich zulässig und rechtssicher regelbar ist.

(Karsten Hilse [AfD]: Richtig!)

Und natürlich stellen sich immer mehr Menschen in Deutschland die Frage: Sollen wir wirklich im kommenden Winter die Kernkraftwerke in Deutschland abschalten?

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Nein, besser nicht! – Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch sehr platt!)

Sie sind ein Reservepuffer, und das in einer Zeit, in der unser Nachbar Frankreich vor einer Strommangellage steht

(Ralph Lenkert [DIE LINKE]: Wegen Atomkraftwerken! – Zuruf des Abg. Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Gegenrufe von der AfD)

und auf Strom aus Deutschland angewiesen sein wird. Mit diesen Kraftwerken würde Deutschland nächstes Jahr mit knapp 6 Prozent Erdgas weniger auskommen als ohne sie.

Wer von den Bürgern ein Frieren für den Frieden erwartet, der muss auch in der Lage sein, über seinen eigenen grünen ideologischen Schatten zu springen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)

Es steht auch außer Frage, dass Atomstrom im Vergleich zu Kohlestrom die bessere CO2-Bilanz aufweist. Last, but not least würden wir ein starkes preisdämpfendes Signal in den Energiemarkt senden.

(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stark?)

Meine Damen und Herren, dass Kernenergie selbst im Fall einer Gasmangellage keine Rolle spielen darf, mag aufgrund grüner Ideologie gerade noch erklärbar sein,

(Zuruf der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Bioenergie hier jedoch außen vor zu lassen, kann man nur noch als grüne Idiotie bezeichnen. Biogasanlagen sowie Holz- und Wasserkraftwerke erzeugen in Deutschland zuverlässig Strom und Wärme. Viele diese Anlagen sind in der Lage, kurzfristig ihre Strom-, Wärme- und Gasproduktion zu erhöhen. Allein das zusätzliche Potenzial der Biogasanlagen beträgt etwa 4 Prozent der russischen Erdgasimporte vor Kriegsausbruch. Leider ignoriert die Ampel auch dieses Potenzial und beschränkt sich auf Anreize für fossile Kraftwerke.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die völlige Unbestimmtheit des Gesetzentwurfes. So ist absolut unklar, wann eine Gasmangellage eintritt, da die Kriterien dafür nicht geregelt werden. Ebenfalls durch völlige Unbestimmtheit zeichnet sich die im Gesetzentwurf vorgesehene Verordnungsermächtigung aus. Mit dieser wird die Ampelregierung ermächtigt, im Notfall den Einsatz von Gaskraftwerken mit einer Geldstrafe zu belegen. Was Unternehmen in dieser Extremsituation benötigen, ist doch Klarheit und Verlässlichkeit.

Durch die Strafzahlungen werden zudem zwangsläufig die Kosten für die privaten Wärmekunden noch weiter steigen. Das gilt insbesondere auch für KWK-Anlagen der öffentlichen Versorgung. Diese liefern Fernwärme an unsere Bürger und können deshalb nicht einfach so außer Betrieb genommen werden. Deshalb ist mein Appell an die Ampel: Sie können doch nicht wirklich noch künstlich die Preise in die Höhe treiben wollen! Das kann doch in Zeiten einer Energiepreiskrise nicht Ihre Antwort sein. Nehmen Sie doch zumindest die KWK-Anlagen der öffentlichen Versorgung aus den Strafzahlungen heraus!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Besser noch: Verzichten Sie ganz auf diese Vorschrift!

Meine Damen und Herren, trotz aller Eilbedürftigkeit: Wenn Sie schon nicht auf die Union hören wollen, dann hören Sie wenigstens auf die massive Kritik der Energiewirtschaft.

(Marianne Schieder [SPD]: Die sagt, sie will keine Kernkraft!)

Ich sage es zum Schluss ganz deutlich: Der Gesetzentwurf ist in seiner bisherigen Fassung ein Blankoscheck für die Ampelregierung, den wir in dieser Fassung mit Sicherheit nicht mitzeichnen werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für die SPD-Fraktion erhält das Wort Andreas Rimkus.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7537823
Wahlperiode 20
Sitzung 45
Tagesordnungspunkt Bereithaltung von Ersatzkraftwerken
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