24.06.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 45 / Tagesordnungspunkt 31

Henning RehbaumCDU/CSU - Fahrpersonalmangel in der Verkehrswirtschaft

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schon heute fehlen 2 000 Lokführer, 80 000 Lkw-Fahrer und in den nächsten acht bis zehn Jahren 36 000 Busfahrerinnen und Busfahrer. Es gibt zu wenig Berufseinsteiger, und diejenigen aus Drittstaaten, die sich hierzulande für den Beruf interessieren, stehen vor großen bürokratischen Hürden. Gleichzeitig wollen wir die Fahrgastzahlen im ÖPNV verdoppeln. Doch die Disponenten in den Unternehmen verzweifeln daran, überhaupt den Erhalt des Status quo sicherzustellen. Immer öfter bleiben Lkw, Busse und Züge stehen.

Bisher war das Problem beherrschbar. Doch Corona und der Angriffskrieg auf die Ukraine verschärfen jetzt das Personalproblem. Dazu kommen aktuell zusätzlich Krankenstände wegen Überlastung des Personals durch den explodierenden Ausflugsverkehr mit dem 9‑Euro-Ticket.

Die Branchenexperten haben es in der Anhörung ganz deutlich gemacht: Es muss etwas geschehen, sonst laufen wir in englische Verhältnisse: leere Regale, lange Schlangen an den Tankstellen, Lieferengpässe. Die Unternehmen haben in den letzten Jahren getan, was sie konnten. Ich selber habe vor meiner Landtagszeit als Prokurist eines kommunalen Verkehrsunternehmens im Münsterland eine Kampagne in Auftrag gegeben, um Busfahrer zu gewinnen. Das war 2012. Auch das Lohnniveau im ÖPNV hat sich positiv entwickelt. Der Einstiegslohn für Busfahrer in Nordrhein-Westfalen liegt bei gut 17 Euro brutto. Doch das alles reicht nicht. Deshalb haben wir als CDU/CSU hier einen starken Antrag mit den folgenden drei richtigen Stellschrauben vorgelegt:

Erstens. Wir brauchen Änderungen bei der Berufskraftfahrerqualifikation. Der Erwerb des Busführerscheins dauert bei uns sechs Monate, in Österreich dauert er sechs bis zehn Wochen. Das muss auch in Deutschland gehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zweitens muss das Arbeitsumfeld der Lkw-Fahrer verbessert werden, das heißt: saubere, sichere und genügend Rastplätze und weniger Lärm dort in den Erholungspausen. Damit würden wir den Job auch für Frauen attraktiver machen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und drittens muss der Führerscheinerwerb für Einwanderer erleichtert und die Anerkennung und Umschreibung von Führerscheinen aus Drittstaaten, zum Beispiel aus der Ukraine, Serbien oder der Türkei, ermöglicht werden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Mike Moncsek [AfD])

Ich freue mich übrigens, dass viele unserer Forderungen Rückhalt bei den anderen Fraktionen haben. Der Kollege Udo Schiefner ist beispielsweise ein Mitstreiter und setzt sich ebenfalls dafür ein, den Berufskraftfahrermangel an der Wurzel zu packen. Vielen Dank!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Marianne Schieder [SPD]: Sehr guter Ausschussvorsitzender!)

Aber, meine Damen und Herren, in der Bundesregierung tut man sich noch sehr schwer. Ende April hatte ich eine Einzelfrage an die Parlamentarische Staatssekretärin Kluckert gerichtet:

Wie hoch schätzt die Bundesregierung den Bedarf an zusätzlichem Fahrpersonal im Güter-, Bus- und Schienenverkehr, um funktionierende Lieferketten, Versorgungssicherheit und Personentransport weiterhin zu erhalten?

Die Antwort des Verkehrsministeriums war der eine Satz:

Aktuell sind weder Lieferketten noch die Versorgungssicherheit oder der Personentransport durch Personalmangel gefährdet.

Diese Vogel-Strauß-Politik muss ein Ende haben, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der CDU/CSU)

In der Anhörung waren auch Vertreter des Verkehrsministeriums anwesend. Da haben Sie es auch gehört: Neben den explodierenden Kraftstoffkosten ist der Fahrpersonalmangel das Problem der Verkehrsbranche. Beide Probleme werden nicht weggehen, wenn man sie ignoriert.

Wenn man das wirksam angehen will, braucht es die volle Unterstützung von zwei Häusern, die seit Jahrzehnten nicht von Vertretern der Union, sondern von Vertretern der Ampelparteien geleitet werden. Das Arbeitsministerium und das Auswärtige Amt müssen sich bewegen. Ich bitte Sie: Nehmen Sie die Hilferufe der Wirtschaft ernst! Machen Sie den Weg frei für die erleichterte Ausbildung, Anwerbung und Anerkennung von Fahrerinnen und Fahrern für Busse und Lkw! Es ist fünf vor zwölf.

Ich möchte mit einem Appell an alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schließen, die im Job unzufrieden sind: Machen Sie Ihr Ding! Werden Sie Trucker auf den modernsten Lkws der Welt, und helfen Sie mit, dass die Wirtschaft brummt! Werden Sie Mitglied im Team Klimaschutz als Busfahrer bzw. Busfahrerin oder Lokführer im ÖPNV! Packen wir es an!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Als Nächstes erhält das Wort für die SPD-Fraktion Udo Schiefner.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7537831
Wahlperiode 20
Sitzung 45
Tagesordnungspunkt Fahrpersonalmangel in der Verkehrswirtschaft
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