Anja Troff-SchaffarzykSPD - Fahrpersonalmangel in der Verkehrswirtschaft
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Versorgungsketten sind komplex. Es gibt viele Arbeitsschritte, viele Beteiligte. Wenn ein Punkt in dieser Versorgungskette Probleme bereitet oder nicht funktioniert, hat das Auswirkungen entlang der gesamten Kette.
Wenn wir heute über den Fahrpersonalmangel sprechen, möchte ich den Blick auf den Kostendruck für die Logistikunternehmen lenken. Ziel derjenigen, die Aufträge erteilen, ist es, Waren möglichst günstig an den Markt zu bringen. Es findet sich eigentlich immer jemand, der Preise unterbieten kann. So kommt es dann eben mitunter zu einer Unterwanderung von Regeln, die mal dazu geschaffen wurden, für gute Arbeitsbedingungen zu sorgen. Das führt in eine Spirale, an deren Ende wir uns dann hier im Plenum mit einem Antrag wie diesem wiederfinden. Dieser Antrag sagt: Ebendiese Regeln sind das Problem. Lasst uns die doch einfach ein wenig aufweichen. Das wird der Branche helfen, das akute Problem zu regulieren. – Aber, Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU, nachhaltig ist das nicht, und es ist nicht richtig.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sie gehen Punkte in der Kette an, die im Zusammenhang mit dem Fahrpersonalmangel nicht sinnvoll sind. Sie wollen zum Beispiel eine Reduzierung der Fahrstunden in der Ausbildung. Das ist Beschleunigung um der Beschleunigung willen, ohne damit etwas für die Beschäftigten oder für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu tun.
Ihr Antrag schafft es nicht, eine gute Balance hinzubekommen. Versteckt unter Nummer 2 Buchstabe c wollen Sie Sozialdumping durch mehr Kontrollen vorbeugen. Wir haben im Mai bei der Anhörung im Ausschuss gehört, wie alle Seiten – Logistikverbände, Speditionsunternehmen, Gewerkschaft, Fahrende – uns gesagt haben, dass genau das das Hauptproblem ist: Die Regeln sind längst da, doch niemand setzt sie durch. Und so sind wir in diese Spirale geraten, von der ich eben gesprochen habe, in der die Situation sich immer weiter verschlechtert.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Bei Ihnen wird das zur Fußnote.
Wir laufen in einigen Jahren in eine massive Unterdeckung beim Fahrpersonal für Busse und Lkw, einfach weil die derzeit Fahrenden immer älter werden und der Nachwuchs fehlt. Wir können den Effekt abschwächen, indem wir weiterhin mehr Güter auf die Schiene bringen. Aber das Grundproblem der Branche lösen wir damit nicht. Der Beruf ist momentan einfach nicht mehr attraktiv genug. Wenn wir weiterhin alle Waren überall pünktlich und ständig verfügbar in unseren Supermarktregalen haben wollen, wenn wir die Industrie durch rechtzeitige Lieferung von Material am Laufen halten wollen, wenn wir weiterhin Busreisen mit unseren örtlichen, oftmals auch kleinen Busunternehmen machen möchten, dann muss sich etwas verändern.
Wir wollen den Unternehmen helfen, gerade den kleinen und mittleren, indem der Beruf wieder attraktiver wird. Zuallererst wollen wir die Situation für die Beschäftigten verbessern, das heißt: mehr Tarifbindung, bessere Kontrollen, fairer europäischer Wettbewerb, mehr digitale Angebote für die Aus- und Weiterbildung, weniger Entgrenzung bei Termindruck und Überstunden, bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und deutliche Unterstützung seitens der Politik für mehr gesellschaftliche Akzeptanz für das Berufsbild. Das sind die Punkte in der besagten Versorgungskette, an die wir gemeinsam ranmüssen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Letzter Redner in dieser Debatte ist Jürgen Berghahn für die SPD-Fraktion.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7537839 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 45 |
Tagesordnungspunkt | Fahrpersonalmangel in der Verkehrswirtschaft |