Armin SchwarzCDU/CSU - Bundeswehreinsatz EUFOR ALTHEA
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute einen Antrag, der weder Fisch noch Fleisch ist. Die Beteiligung von bis zu 50 Soldatinnen und Soldaten an der EUFOR-Operation Althea ist zwar in der Sache richtig, greift aber zu kurz und ist nicht bis zum Ende gedacht, liebe Kolleginnen und Kollegen. Warum ist das so? Frau Ministerin, Sie hatten darauf hingewiesen: Im Oktober dieses Jahres sind Wahlen in Bosnien-Herzegowina, die durchaus das Potenzial haben, zu einem Scheidepunkt für das Land selbst, aber auch für die gesamte Westbalkanregion zu werden. Die Beitrittsperspektiven der sechs Westbalkanländer betreffend die Europäische Union stagnieren leider. Der Europäische Rat gestern hat bedauerlicherweise auch keine Fortschritte gebracht.
Und – auch darauf haben Sie hingewiesen –: Der Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine hat das Potenzial, die Region zu destabilisieren. Wir sehen einen stärker werdenden Einfluss Russlands. Die Republika Srpska steht unter serbisch-russischem Einfluss und destabilisiert durch Separationstendenzen natürlich gleichermaßen. Russland fährt darüber hinaus noch eine sehr harte Propagandawelle, sei es durch Desinformation, sei es durch eine Impfdiplomatie oder medial ausgeschlachtete Hilfslieferungen. Deswegen: Die Wahlen am 2. Oktober sind wirklich ganz entscheidend, möglicherweise ein Kristallisationspunkt, sei es ethnisch, sei es religiös oder politisch.
Jetzt will ich auf den Antrag der Bundesregierung zu sprechen kommen. Der Antrag betont, dass wir das Mandat aufnehmen, wenn es einhergeht mit dem Mandat der Vereinten Nationen. Gleichzeitig wird im Antrag aber darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung das Risiko sieht, dass Russland ein Veto einlegt. Darin sehe ich, ehrlich gesagt, ein Paradoxon. Denn ich frage mich: Was passiert denn in dem Moment, wenn ein Veto eingelegt wird? Mir fehlt, ehrlich gesagt, eine konkrete Antwort im Antrag der Bundesregierung, was wir dann machen.
Was wir brauchen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist ein strategischer Ansatz. Dieser besteht aus dem klaren Bekenntnis, auf dem Westbalkan Flagge zu zeigen und darüber hinaus die Anbindung an die Europäische Union und an Europa zu unterstützen. Das Symbol von bis zu 50 Soldatinnen und Soldaten ist zwar richtig – das will ich ausdrücklich sagen –, aber im Vergleich zu dem, was deutlich kleinere Länder dort an Kontingenten liefern und auch mit dem Ansatz von Bundesaußenministerin Baerbock, die gesagt hat: „Wir brauchen dort mehr Soldaten“, bleiben wir weit hinter den Erwartungen zurück. Das zeigt ein Stück weit auch die Inkonsistenz und die Halbherzigkeit dieser Bundesregierung: Uneinigkeit, sei es bei Althea, sei es bei den 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigungsausgaben plus 100 Milliarden Euro Sondervermögen oder bei den Waffenlieferungen. Da erwarten wir mehr Führung, mehr Klarheit, mehr Kompass. Wir schaden damit dem Ansehen unseres Landes, und wir unterstützen die Partner auch in unserer Form von Verantwortung nicht auskömmlich; das finde ich sehr bedauerlich.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Union hat diese Woche einen Antrag eingebracht, der mit einem strategischen Ansatz den Westbalkan enger an Europa bindet. Es geht darum – das habe ich eben schon gesagt –, Flagge zu zeigen, und ganz besonders darum, die Wahlen zu schützen. Es geht um sichere Wahlen, die geordnet über die Bühne gehen. Lassen Sie mich an dieser Stelle den Soldatinnen und Soldaten danken, die möglicherweise auf den Weg geschickt werden, um diese herausfordernde Aufgabe zu erfüllen.
Unser Antrag belebt den Beitrittsprozess, der leider ins Stocken geraten ist. Die EU und der Westbalkan sind wirtschaftliche und politische Partner. Wir haben dort einen deutlich engeren Austausch, als Russland oder China ihn jemals hatten. Wir haben geeignete Zwischenschritte aufgezeigt; eine assoziierte Mitgliedschaft ist ein Beispiel dafür. Ich halte es ausdrücklich für richtig, dass man nicht sofort den großen Wurf macht; man weiß, wie schwierig das ist. Aber wir sollten sehr klar das Glaubensbekenntnis äußern, dass wir wollen, dass der Westbalkan an Europa herankommt. Deswegen: Das vorliegende Mandat, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist allenfalls ein Schrittchen in die richtige Richtung.
Herr Kollege.
Ich persönlich hätte mir mehr gewünscht.
Ich bedanke mich herzlich für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche ein schönes Wochenende, wenn es so weit ist. Alles Gute!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Für die Bundesregierung hat das Wort die Kollegin Dr. Anna Lührmann.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7537869 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 45 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz EUFOR ALTHEA |