24.06.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 45 / Tagesordnungspunkt 30

Alexander MüllerFDP - Bundeswehreinsatz EUFOR ALTHEA

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir erleben gerade, wie die Spannungen im gesamten Osten Europas zunehmen. Die Erschütterungen des menschenverachtenden Angriffskriegs Russlands in der Ukraine wirken sich auf eine ganze Reihe anderer Staaten aus, die sich direkt oder indirekt von Russland bedroht sehen. So erleben wir außergewöhnliche, gar historische Schritte: Finnland und Schweden beantragen den Beitritt zur NATO. Im Baltikum verstärken wir im NATO-Bündnis massiv die Militärpräsenz. Die Ukraine und Moldau erhalten den Status als EU-Beitrittskandidaten und Georgien und Bosnien und Herzegowina, sobald sie eine Reihe von Vorbedingungen erfüllen.

Trotz aller noch vorhandenen Herausforderungen, wie die Beispiele Serbien, Nordmazedonien, Albanien, Montenegro und das Kosovo demonstrieren, zeigt sich die EU handlungsfähig. Trotz aller Debatten der letzten Zeit – wie über den behaupteten Hirntod der NATO – ist es doch gerade Putins Handeln, welches die Bedeutung und die Attraktivität der NATO beweist.

Die Menschen in den Staaten Bosnien und Herzegowina und Kosovo fühlen sich durch die kremlnahen Machthaber in der Republik Srpska und in Serbien besonders bedroht. Umso wichtiger ist es, dass wir als internationale Gemeinschaft den beiden bedrohten Demokratien nicht nur unsere Unterstützung ausdrücken, sondern auch konkret vor Ort für Sicherheit sorgen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Präsenz von NATO- und EU-Missionen, von Polizei und Militär ist für die Stabilität dieser beiden Staaten enorm wichtig, insbesondere in diesen Monaten des Krieges.

Im kommenden Oktober wird in Bosnien und Herzegowina gewählt. Da eine Wahlrechtsreform in den letzten Jahren nicht zustande gebracht wurde, ist die Situation angespannt. Spitzenpolitiker vor Ort nutzen den Wahlkampf, um ethnische Unterschiede zu betonen, anstatt den Gemeinschaftssinn zu beschwören. Auch deshalb ist es für die Bevölkerung vor Ort so wichtig, dass wir ein deutliches Zeichen setzen: Deutschland und Europa lassen euch nicht im Stich. Wir sehen eure Situation, wir unterstützen euch. – Das ist die Verantwortung, die wir übernehmen müssen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben uns die Entscheidung auch nicht leicht gemacht. Als Koalition haben wir uns vorgenommen, Mandate mit klaren Zielen und mit einer Exit-Strategie zu formulieren. Zudem können wir die Bundeswehr nicht überstrapazieren. Die Bundeswehr hat personelle und materielle Grenzen. Aber zur Wahrheit gehört, dass der Krieg in der Ukraine weitreichende Konsequenzen hat, dass Russland den Westbalkan aktiv destabilisiert, um weitere Konfliktherde anzufachen. Davor können wir unsere Augen nicht verschließen. „ Zeitenwende“ umfasst eben nicht nur die Ausrüstung der Bundeswehr; sie bedeutet auch, dass wir unserer Verantwortung in Europa und in der Welt nachkommen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit dem vorliegenden Antrag möchten wir daher die Wiederaufnahme der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der EU-geführten Sicherheitsoperation in Bosnien und Herzegowina ermöglichen. Wir werden uns mit Soldaten im Stab der Mission in Sarajevo beteiligen. Zudem werden deutsche Soldaten die LOTs, also die Liaison and Observation Teams, der Mission unterstützen.

Grundlage für das Mandat sind die Resolutionen des UN-Sicherheitsrats. Sollte Russland einer Verlängerung in diesem Jahr nicht mehr zustimmen, erlischt die Ermächtigung für dieses Mandat. Lieber Kollege Schwarz, Sie haben das Kunststück fertiggebracht, alle Argumente für diesen Einsatz herunterzubeten und zu loben, aber dann unser Mandat zu kritisieren. Als einzigen konkreten Kritikpunkt haben Sie angeführt, dass im Antragstext nicht drinstehe, was passiert, wenn Russland nicht zustimmt. Ich kann Ihnen natürlich weiterhelfen. Unter Punkt 2 finden Sie den Satz: „Der Einsatz … erfolgt auf der Grundlage …“, und dann folgen alle Resolutionen. Das heißt, wenn die Gültigkeit der Resolutionen erlischt, entfällt auch die Grundlage. Unter Punkt 5 finden Sie diese Feststellung noch einmal. Dort wird ausdrücklich darauf hingewiesen: Der Einsatz endet, wenn die UN-Grundlage entfällt. – In diesem Fall packen wir dann zusammen; so ist das nun einmal.

(Abg. Armin Schwarz [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Wichtig ist aber, dass unsere Präsenz im Zeitraum der Wahlen sichergestellt werden kann und so zu einer Stabilisierung der Region beigetragen werden kann.

Wollen Sie die Zwischenfrage zulassen?

Nein, danke.

Wir sprechen im Moment viel über die Neuausrichtung deutscher Außen- und Sicherheitspolitik und über die Frage von Wertepartnerschaften und Resilienz gegenüber Manipulation und Desinformation aus Ost und Fernost. Diese Neuausrichtung darf nicht nur theoretischer Natur sein. Mit der Beteiligung an der Operation Althea werden wir nun ganz konkrete Taten folgen lassen – ein Beitrag zur Stabilisierung mitten in Europa. Daher bitte ich Sie, den Antrag zu unterstützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als Nächstes spricht Sevim Dağdelen für die Fraktion Die Linke.

(Beifall des Abg. Ali Al-Dailami [DIE LINKE])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7537872
Wahlperiode 20
Sitzung 45
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz EUFOR ALTHEA
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