06.07.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 46 / Zusatzpunkt 2

Antje TillmannCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Konzertierte Aktion, Energiesicherheit und Bundeshaushalt

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Zugegeben: Diese Regierung hat zwei Entlastungspakete für Bürgerinnen und Bürger in der schwierigen Phase der Inflation auf den Weg gebracht.

(Zuruf von der SPD: Richtig!)

Einige der Maßnahmen der genannten Entlastungspakete haben wir mitgetragen, weil die Entlastungen dort ankommen, wo sie gebraucht werden. Als Beispiel nenne ich den Sofortzuschlag für von Armut betroffene Kinder, den Kinderbonus und die Einmalzahlung bei SGB‑II-Empfängern.

Weil Sie aber offenbar selbst der Meinung sind, dass die Maßnahmen zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger nicht reichen, kommen jeden Tag neue Versprechungen. Minister Heil verspricht ein Energiegeld, Minister Özdemir will die Absenkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, Minister Lindner verspricht die Senkung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie, und die Familienministerin lässt keinen Tag aus, ohne die Einführung der Kindergrundsicherung zu versprechen. Keines dieser Versprechen ist im Haushalt abgebildet. Sie versprechen jedem, was er hören will. Wahrscheinlich werden wir morgen lesen: Die Regierung ist wieder unterwegs, um Versprechungen zu machen, statt – und darum geht es ja – den Worten Taten folgen zu lassen. – Diese Versprechungen sind alle nicht finanzierbar. Das ist kein seriöses Handeln. Sie machen Hoffnung, ohne zu Ergebnissen zu kommen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie versprechen so viel, dass selbst der Kanzler sich genötigt fühlt, zu sagen, dass all diese Entlastungswünsche nicht mit dem Haushalt vereinbar sind, und ich teile diese Mahnung. Allein ein 15-minütiges Durchblättern durch den Haushaltsentwurf zeigt Tricksereien in Höhe von über 10 Milliarden Euro, die Umgehung der Schuldenbremse, eine Verschiebung von Darlehen auf die Sozialversicherungssysteme. Auch die ausgewiesene Beteiligung am Gewinn der Bundesbank ist völlig illusorisch. 10 Milliarden in 15 Minuten – ich will nicht wissen, wie viele Risiken wir noch entdeckten, wenn wir uns intensiv mit dem Haushalt befassten. Herr Kollege Mordhorst, ich schätze sehr Ihren Appell zur Einhaltung der Schuldenbremse – ich wünsche Ihnen viel Glück –, aber mit diesem Haushalt werden Sie die Schuldenbremse nicht einhalten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Unter dieser Vorgabe, dass nicht alles, was nötig und wünschenswert wäre, finanzierbar ist, muss man sich die Entlastungspakete durchaus noch einmal ansehen. Und da frage ich Sie: Warum erhöhen Sie die Mittel für den Werbungskostenpauschbetrag um 1,2 Milliarden Euro, um Menschen zu entlasten, die überhaupt keine Kosten haben? Dagegen entlasten Sie Pendler aber nicht, die an der Tankstelle jeden Tag merken, wie sich die Energiepreise entwickeln. Sie erhöhen den Kinderzuschlag um 20 Euro. Wenn Sie auf die Erhöhung des Werbungskostenpauschbetrags verzichtet hätten, hätten Sie den Betrag auch auf 50 Euro erhöhen können. Nun fehlen den Familien jedes Jahr 360 Euro, und das nur, weil Sie Menschen entlasten, die gar nicht belastet sind. Warum unterstützen Sie mich durch das 9‑Euro-Ticket drei Monate im Sommer, statt diejenigen, die auf den ÖPNV angewiesen sind, längerfristig über den ganzen Winter? Das wäre eine Entlastung bei den Energiekosten. Warum bekomme ich die Energiepreispauschale und die Rentnerin und der Rentner und der Student nicht?

Das sind alles Fragen, die Sie sich stellen müssen. Ich habe ein bisschen den Eindruck, dass Sie vor den Landtagswahlen noch schnell etwas auf den Markt schmeißen wollten, ohne näher darüber nachgedacht zu haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir merken jetzt, dass der Haushalt so eng ist, dass wir gar nicht mehr diejenigen unterstützen können, die es zwingend nötig hätten.

Letzte Frage zu Ihren Entlastungspaketen: Warum nehmen Sie Menschen mit geringem Einkommen durch die kalte Progression Geld weg? Der Haushalt ist mit 10 Prozent zusätzlichen Einnahmen geplant, davon entfallen mindestens 8 Prozent auf die kalte Progression. Das heißt, Sie vermindern die Haushaltseinkommen durch Steuererhöhungen im Zuge der kalten Progression, statt tatsächlich die Entlastungen durchzusetzen, die Sie immer wieder in den Raum stellen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Jetzt kommt noch die sogenannte Konzertierte Aktion. Wir hören von Ökonomen, Beratern im Zuge dieser Konzertierten Aktion, die Bundesregierung könnte doch allen Arbeitnehmern Entlastungen über steuerfreie Boni in Aussicht stellen. Was ist das denn für ein Unfug? Wie soll die Bundesregierung das tun? Will sie die Arbeitgeber verpflichten, diesen Bonus auszuzahlen? Der steuerfreie Bonus wird wieder all denjenigen zugutekommen, die das Glück haben, bei einem potenten Arbeitgeber angestellt zu sein: die, die in der Coronakrise schon von der Steuerfreiheit der Arbeitgeberaufstockung des Kurzarbeitergeldes profitiert haben,

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Genau!)

die, die ein kostenloses Jobticket von ihrem Arbeitgeber bekommen, die, die von steuerfreier Gesundheitsförderung im Büro und von einem Betriebskindergartenplatz profitieren können.

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Ja!)

Das sind alles gute Maßnahmen – ich danke jedem einzelnen Arbeitgeber und jeder einzelnen Arbeitgeberin, dass sie ihre Mitarbeiter so unterstützen –, aber all das hat die Bäckereifachverkäuferin im kleinen Laden um die Ecke nicht bekommen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sie wird leider auch keinen Inflationsbonus bekommen, da ihre Chefin wegen der hohen Lebensmittel- und Energiepreise selbst nicht weiß, wie sie über die Runden kommen soll. Das ist keine soziale Politik. Das können wir so nicht mitmachen. Ich wundere mich, dass gerade Sozialdemokraten solche Vorschläge vorlegen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dagegen könnten Sie einer Lohn-Preis-Spirale vorbeugen, indem Sie die Auswirkungen der kalten Progression reduzieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Denn dann hätte der Arbeitnehmer mehr in der Tasche, ohne dass es Lohnerhöhungen geben müsste. Das kann man sozialverträglich hinbekommen. Man muss sich nur mal fünf Minuten Gedanken darüber machen. Wir sind gerne dabei.

(Sönke Rix [SPD]: Jetzt müssen Sie mal erklären, wie das bei der Bäckereifachverkäuferin ist!)

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Auch dabei sind wir beim Kindergeld, beim Kinderzuschlag und beim Entlastungsbetrag für Alleinerziehende. Machen Sie sozial ausgewogene Vorschläge, dann haben Sie uns an Ihrer Seite. Herzlichen Glückwunsch dazu!

(Beifall bei der CDU/CSU – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zynisch!)

Der letzte Redner in der Aktuellen Stunde ist Hannes Walter, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7537965
Wahlperiode 20
Sitzung 46
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Konzertierte Aktion, Energiesicherheit und Bundeshaushalt
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