06.07.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 46 / Zusatzpunkt 2

Hannes WalterSPD - Aktuelle Stunde - Konzertierte Aktion, Energiesicherheit und Bundeshaushalt

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur Regierungsbefragung haben Sie dem Kanzler noch vorgeworfen: Die einführenden Worte waren viel zu lang, das war schon eine halbe Regierungserklärung. – Jetzt zitieren Sie ihn herbei. Auch ich bin ein großer Fan von Olaf Scholz; aber das kann man sicherlich auch anders regeln.

(Beifall des Abg. Sönke Rix [SPD])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Finanzexperte André Kostolany hat einmal gesagt: „Inflation ist zunächst ein laues Bad, dann wird das Wasser immer heißer und am Schluss explodiert die Wanne.“ Mit anderen Worten: Inflation bringt enormen sozialen Sprengstoff mit sich. Die Preise steigen in allen Bereichen; das sehen wir täglich beim Gang in den Supermarkt. Die Preissteigerungen bei den Grundnahrungsmitteln sind enorm: Speiseöl plus 37 Prozent, Butter plus 31 Prozent, Nudeln plus 35 Prozent. Das trifft Menschen mit niedrigen Einkommen und Menschen mit mittleren Einkommen am stärksten. An der Kasse stellt sich vielen Eltern dann die Frage: Ist das Eis für die Kinder noch drin? – Ich finde, das muss es auch in Zukunft noch sein. Deshalb wird zu Recht erwartet, dass der Staat Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen unterstützt und soziale Härten abfedert. Das tut die Ampelkoalition auch. Wir haben zahlreiche Entlastungen auf den Weg gebracht. Für die unteren und mittleren Einkommen haben wir schon circa 90 Prozent der Preissteigerungen durch aktuelle Maßnahmen kompensiert.

Liebe Union, ich weiß nicht, wie oft wir es hier im Plenum noch sagen sollen: Wir müssen die Maßnahmen aber auch wirken lassen. Im Juli steigt der Mindestlohn auf 10,45 Euro, im Oktober werden es dann 12 Euro sein. Allein in meinem Wahlkreis in Südbrandenburg profitieren davon über 22 000 hart arbeitende Menschen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Auch die Renten steigen, um über 5 Prozent im Westen und um mehr als 6 Prozent im Osten; wir erleben gerade das größte Rentenplus seit Jahrzehnten. Grundsicherungs- und Sozialhilfeempfänger erhalten einen Coronabonus von 200 Euro, Familien einen Kinderbonus von 100 Euro pro Kind.

Außerdem schaffen wir die EEG-Umlage ab. Dadurch wird der Strom günstiger. Im September tritt die Energiepreispauschale von 300 Euro in Kraft; sie gilt auch für kurzzeitig Beschäftigte und Minijobber. Selbstständige erhalten einen Vorschuss über eine einmalige Senkung ihrer Einkommensteuer-Vorauszahlung.

Die Union ruft: Das sind keine wirksamen Maßnahmen. – Wie gesagt, das lässt sich erst im Nachhinein beurteilen. Statt Bedenkenträger brauchen wir jetzt Macher. Ich bin daher froh, dass Bundeskanzler Olaf Scholz zu Beginn der Woche zur Konzertierten Aktion ins Bundeskanzleramt eingeladen hat. Wie kann der wirtschaftliche Schaden der Inflation begrenzt werden? Darüber wurde diskutiert, und zwar nicht im stillen Kämmerlein, sondern zusammen mit Sozialpartnern, der Bundesbank und der Wissenschaft. Das ist der richtige Weg. Wir können die Herausforderungen nur mit gemeinsamen Lösungsansätzen bewältigen. Miteinander reden, die Gesellschaft zusammenhalten, nicht einzelne Gruppen gegeneinander ausspielen, darum geht es.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Erste Erfolge hat die Konzertierte Aktion bereits gebracht. Es ist ein gutes Zeichen, wenn Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände dem Gespenst der Lohn-Preis-Spirale gemeinsam entgegentreten; denn Inflation belastet Unternehmen genauso wie Beschäftigte, sie ist angebotsseitig getrieben. Wir müssen die Kaufkraft erhalten – das ist für die Binnennachfrage unverzichtbar –, und das geht nur, wenn alle Seiten an einem Strang ziehen. Das Fazit der ersten Konzertierten Aktion zeigt: Miteinander reden tut gut.

Eines möchte ich noch einmal betonen: Grund für die gestiegenen Preise sind die anhaltenden Störungen der Lieferketten auf der einen Seite; auf der anderen Seite treibt der russische Angriffskrieg die Energiepreise in die Höhe. Die Krise wird nicht in ein paar Wochen vorbei sein. Deshalb braucht es jetzt eine gemeinsame Kraftanstrengung und effektive Entlastung.

Nicht jede Preissteigerung wird der Staat eins zu eins kompensieren können. Die Politik hat aber dringende Aufgaben: Erstens. Wir müssen die Lasten so ausgleichen, dass der soziale Zusammenhalt im Land gewahrt bleibt. Zweitens. Wir müssen eine Rezession vermeiden. Und drittens. Die Inflation darf nicht weiter aus dem Ruder laufen; hier müssen wir effektiv und überlegt gegensteuern.

Wir stehen vor großen Herausforderungen. Nur gemeinsam können wir diese Herausforderungen bewältigen. Neue Lösungsansätze und das Überwinden alter Gräben braucht Mut. Diesen Mut bringen wir auf, dazu sind wir bereit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7537967
Wahlperiode 20
Sitzung 46
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Konzertierte Aktion, Energiesicherheit und Bundeshaushalt
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