Andrea LindholzCDU/CSU - Bevölkerungsschutz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Deutschland hat einen im internationalen Vergleich starken Bevölkerungsschutz. Das liegt an unseren professionellen Sicherheits- und Rettungskräften, und es liegt an den 1,7 Millionen Menschen, die sich in Deutschland ehrenamtlich in diesem Bereich engagieren. Allein 90 Prozent der Einsatzkräfte im Ahrtal waren ehrenamtliche Bürgerinnen und Bürger. Ihnen allen möchte ich heute an dieser Stelle zunächst einmal ein herzliches Dankeschön für ihren Einsatz zurufen.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Zu diesen stillen Helden, liebe Kolleginnen und Kollegen, gehörte auch die 19-jährige Feuerwehrfrau Katharina, die am Abend des 14. Juli letzten Jahres gemeinsam mit ihrem Vater und den Kameraden von der Freiwilligen Feuerwehr Barweiler, ohne zu zögern, den Notrufen vom Campingplatz Stahlhütte folgte. Sie starb dort bei dem selbstlosen Versuch, eine bettlägerige Frau zu retten, und mit Katharina verloren in dieser Nacht rund 190 Menschen ihr Leben.
Wir als Politiker im Bund, im Land und in den Kommunen sind es Katharina und den vielen anderen Opfern und ihren Angehörigen schuldig, die richtigen Lehren aus dieser Katastrophe zu ziehen. Wir müssen auch die richtigen Lehren aus den Folgen der Pandemie und des jetzigen Ukrainekrieges ziehen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die alte Bundesregierung, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat dafür bereits wichtige Weichen gestellt: Wir haben den THW-Haushalt in den letzten Jahren mehr als verdoppelt. Bereits im März 2021 wurden die Neuausrichtung des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe und das Gemeinsame Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz von Bund und Ländern als Plattform für alle relevanten Akteure auf den Weg gebracht, und das ist gut so. Wir haben im August 2021 auch den Cell Broadcast auf den Weg gebracht. Damit können Warnnachrichten direkt auf die Handys geschickt werden. Er wird in diesem Jahr eingeführt.
Es ist gut, dass unsere Bundesinnenministerin diesen Weg weitergeht. Allerdings würde ich mir von ihr wünschen, dass sie sich nicht nur für das von uns bereits beschlossene und eingerichtete Kompetenzzentrum feiern lässt, sondern dass sie endlich auch Eigeninitiative entwickelt und Führungsstärke zeigt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie hätte hier auf der Sommer-IMK eine große Chance gehabt, mit den Ländern einen echten Durchbruch im Bevölkerungsschutz zu organisieren. Sie hat diese Chance leider verpasst. Die IMK-Beschlüsse und die Forderung nach 10 Milliarden Euro in zehn Jahren für den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe stehen im luftleeren Raum, solange sich die Bundesinnenministerin nicht nachdrücklich auch selbst dahinterstellt. Wir brauchen die 10 Milliarden Euro in zehn Jahren für den Zivil- und Katastrophenschutz genauso, wie wir die 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr brauchen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir haben in unserem Antrag zehn besonders relevante Punkte als Impuls aus dem Parlament zusammengefasst. Wir brauchen – davon sind wir fest überzeugt – einen Pakt für den Bevölkerungsschutz, in dem sich Bund, Länder und Kommunen gemeinsam verpflichten, den Zivil- und Katastrophenschutz nachhaltig zu modernisieren. Hierzu brauchen wir genügend Personal, genügend Ausstattung und genügend Finanzmittel, und wir brauchen vor allen Dingen – daran fehlt es bis dato – einen klaren Fahrplan und überprüfbare Ziele, die wir auch hier im Bundestag regelmäßig kontrollieren und prüfen können, und das nicht erst, wenn wir die nächste Katastrophe haben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir haben es ganz klar gesehen: Wir müssen die Resilienz in der Bevölkerung und auch die der Hilfsorganisationen stärken. Es kann nicht sein, dass die Bundeswehr angesichts der neuen Bedrohungslagen weiterhin als Lückenfüller herhalten muss. Die Bundeswehr muss entlastet werden, und wenn wir Mittel und Ausstattung zur Verfügung stellen, dann muss das Ganze auch bedient und mit Leben erfüllt werden. Deswegen schlagen wir neben den bereits vorhandenen Organisationen den Aufbau einer zivilen Reserve aus Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes vor; denn es ist wichtig, dass wir Bürgerinnen und Bürger haben, die in solchen Fällen mit einer Art Grundausbildung, einer freiwilligen Grundausbildung im Bevölkerungsschutz, in der Lage sind, im Bereich der Ersten Hilfe, im Bereich der Führung in Krisenlagen, im Bereich der Pflege – wir haben das jetzt alles gesehen – mit einspringen können und mithelfen können. Das müssen wir auch zur Entlastung der Bundeswehr umsetzen, und dazu fordern wir die Bundesregierung auf: Fangen Sie an, sich nicht nur mit Mitteln und mit Geld zu beschäftigen, sondern auch mit dem Aufbau einer zivilen Reserve!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Starker Bevölkerungsschutz wächst von unten nach oben. Wichtig sind die Landräte vor Ort bis hin zur Bundesinnenministerin.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will abschließend sagen: Wir werden hier nur stärker, wenn alle politischen Ebenen gemeinsam zusammenarbeiten. Liebe FDP, wenn Sie diese Debatte kaputtmachen wollen, –
Kommen Sie bitte zum Schluss.
– dann müssen Sie weiterhin von der Grundgesetzänderung sprechen. Wir brauchen im ersten Schritt keine Grundgesetzänderung – ob wir sie überhaupt brauchen, steht völlig in den Sternen –; aber was wir brauchen, ist der gemeinsame Wille von Bund, Ländern und Kommunen zu Veränderungen. Dazu fordere ich Sie auf. Helfen Sie mit, und packen Sie mit an, damit wir den Bevölkerungsschutz stärken!
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Manuel Höferlin [FDP]: Das hat der Wissenschaftliche Dienst geschrieben!)
Der nächste Redner ist Ingo Schäfer, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7537983 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 46 |
Tagesordnungspunkt | Bevölkerungsschutz |