06.07.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 46 / Tagesordnungspunkt 4

Wolfgang Kubicki - Bevölkerungsschutz

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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich eine Vorbemerkung machen: Dass ausgerechnet die Abgeordneten von SPD und FDP das angebliche Versagen früherer CDU-geführter Bundesregierungen hier geißeln, obwohl sie wechselnd daran beteiligt waren, finde ich ziemlich bemerkenswert.

(Widerspruch der Abg. Sandra Bubendorfer-Licht [FDP])

Aber das nur am Rande.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es bringt uns auch im Thema keinen Millimeter weiter.

Die Stark- und Unwetterkatastrophen und der völkerrechtswidrige Angriff Russlands haben in der deutschen Bevölkerung schlagartig wieder Themen wie die „militärische Verteidigungsfähigkeit“ und den „Bevölkerungsschutz“ ins Bewusstsein gebracht. Das 100-Milliarden-Euro-Sofortpaket für die Bundeswehr war eine dringend erforderliche Maßnahme, aber auch ein wichtiges Signal für die Bereitschaft, unsere Verteidigungsfähigkeit wiederherzustellen. Neben den militärischen Fähigkeiten ist die zivile Verteidigung ein wichtiger Baustein, um Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger in Krisensituationen herzustellen.

Im Kreise der Innenminister haben wir in Würzburg deutlich gemacht, dass es auch eines Paktes für den Zivilschutz in Höhe von 10 Milliarden Euro seitens des Bundes bedarf. Zwar mussten die Länderinnenminister die Bundesministerin von der Dringlichkeit erst noch überzeugen; ob der Groschen allerdings wirklich gefallen ist, werden wir sehen. Es ist schade, dass sich – wie ich gerade von Kollegin Lindholz hören musste – die Bundesinnenministerin das hier im Hause bisher noch nicht zu eigen gemacht hat – wirklich außerordentlich schade!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Aber ich kann Ihnen sagen, Herr Kollege Schäfer: Der Dialog zwischen Bund und Ländern findet statt. Er findet in der Innenministerkonferenz statt. Die Umsetzung hier im Hause seitens der Koalition ist aber offensichtlich noch ein bisschen problematisch.

(Zuruf der Abg. Dunja Kreiser [SPD])

Denn Absichtserklärungen füllen keine Sandsäcke, meine Damen und Herren, beschaffen keine Zivilschutzfahrzeuge, versorgen keine Verletzten und bauen weder Warninfrastruktur noch Schutzraumkonzepte.

(Zuruf des Abg. Leon Eckert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Mit dem Gemeinsamen Kompetenzzentrum haben wir zudem eine wichtige Plattform für Bund und Länder geschaffen. Wir brauchten eine bessere Vernetzung und Koordinierung. Das wird das GeKoB künftig unter anderem mit der Personalgestellung der Bundesländer leisten, ohne eine zentralistische Mammutbehörde ohne Bodenhaftung zu den lokalen Gefahrenlagen zu werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Leon Eckert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Einrichtung des GeKoB ist das sichere Zeichen, dass die freiwillige Zusammenarbeit gerade nicht gescheitert ist, Herr Kollege.

Darüber hinaus ist es jetzt an der Bundesregierung, eine Ausstattungsoffensive zu starten, um das Material des Bundes für die zivile Verteidigung grundlegend zu modernisieren – auch beim THW, aber nicht nur beim THW. Wir greifen im Bevölkerungsschutz auf gemeinsames ehrenamtliches Personenpotenzial im Zivil- und Katastrophenschutz zurück. Diese hochengagierten Menschen brauchen aber auch moderne Einsatzmittel, zu denen Bund und Länder jeweils ihren Beitrag leisten müssen – aber eben auch der Bund, wie wir das an den Zivilschutzfahrzeugen des Bundes sehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Minister, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Höferlin?

Bitte, gerne.

Sehr geehrter Herr Staatsminister Beuth, ich habe eine Frage. Sie haben gerade erklärt, wie wichtig es ist, dass Bund und Länder besser koordinieren. Jetzt gab es in der Vergangenheit eine Vororganisation, nämlich das Gemeinsame Melde- und Lagezentrum beim BBK – nicht des BBK –, das vor allen Dingen mit Personal aus den Ländern bestückt sein sollte, damit am BBK eine Lage entstehen konnte. Würden Sie mir zustimmen, dass die Länder in der Vergangenheit so gut wie kein Personal beim BBK abgestellt haben? Und wie viel Personal hat das Land Hessen beim BBK, bei dem alten Lagezentrum, konkret gehabt?

Ich kann Ihnen die Personalgestellung des Landes Hessen für das BBK nicht nennen.

(Sandra Bubendorfer-Licht [FDP]: Null!)

Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir mit dem GeKoB eine gemeinsame Einrichtung geschaffen haben. Wir haben auf der Innenministerkonferenz eine entsprechende vertragliche Vereinbarung getroffen. Ich finde, dass das ein gutes Signal für die Zusammenarbeit von Bund und Ländern im Zivil- und Bevölkerungsschutz ist. Ich weiß gar nicht, welches Problem Sie mit Ihrer Frage andeuten wollen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Manuel Höferlin [FDP]: Das ist Teil des Problems! – Sandra Bubendorfer-Licht [FDP]: Ignoranz!)

Meine Damen und Herren, wir brauchen eine Ausstattungsoffensive des Bundes. Das Beschaffungsverfahren muss dabei deutlich effektiver werden, wie übrigens auch bei der Bundeswehr; das wissen Sie schon. Das Schutzraumkonzept gehört auf den Prüfstand. Das Bundesförderprogramm zur Ertüchtigung der bundesweiten Warninfrastruktur, insbesondere des Sirenennetzes, gehört weiter ausgebaut. Hier kann die Koalition sofort und unmittelbar mit Geld liefern.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Förderung des Ehrenamtes, der ehrenamtlichen Männer und Frauen, dieses Schatzes in unserem Hilfeleistungssystem muss eine tragende Rolle auch bei der Stärkung des Zivilschutzes einnehmen, die vielleicht auch über nichtmonetäre Anerkennung und Wertschätzung hinausgeht.

Meine Damen und Herren, es nötigt mir den größten Respekt ab, wie sich die ukrainische Nation seit weit über 100 Tagen tapfer gegen den Angriffskrieg wehrt und dabei die staatliche Ordnung aufrechterhalten hat – die staatliche Ordnung aufrechterhalten hat! –: Grenzsicherung, Schule, Polizei, Lebensmittelversorgung als Beispiele. Das ist keine Frage von Geld. Es wird daher nicht mit Paketen in Milliardenhöhe bei Bund und Ländern allein getan sein. Es bedarf einer grundlegenden Stärkung unserer gesellschaftlichen Krisenresilienz.

Das Zivilschutzkonzept von 2016 ist eine gute Grundlage, die auch die Bürgerinnen und Bürger an ihre eigene Verantwortung erinnert. Eigene Vorsorge zu treffen, gilt eben nicht nur für den Staat und die Kommunen, sondern auch für die Bevölkerung. Der Staat muss hier allerdings unterstützen und fördern. Und das müssen wir uns in unser Aufgabenheft schreiben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Machen wir, meine Damen und Herren, aus der augenblicklichen Not, die wir im Bevölkerungsschutz sehen, eine Tugend. Bleiben wir nicht bei einem Sondervermögen stehen! Stärken wir die Krisenresilienz unserer Gesellschaft umfassend! Nehmen wir das als gemeinsame Aufgabe wahr für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in Bund und Ländern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Dunja Kreiser, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7537990
Wahlperiode 20
Sitzung 46
Tagesordnungspunkt Bevölkerungsschutz
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