06.07.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 46 / Tagesordnungspunkt 5

Josip JuratovicSPD - Kroatien: Europäische Wirtschafts- und Währungsunion

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich mich vor vier Jahrzehnten mit meinen kroatischen Wurzeln in Deutschland politisch zu engagieren begann, hatte ich einen Traum. Mein Traum war, dass das ehemalige Jugoslawien, die heutigen Westbalkanstaaten, eines Tages zur Europäischen Gemeinschaft gehören würde. Umso mehr freue ich mich heute, dass Kroatien seit dem 1. Juli 2013 EU-Mitglied ist, und das mit zwei strategisch wichtigen Zielen: zum einen der Eintritt in den Euroraum der Europäischen Union und zum anderen der Eintritt in den Schengenraum.

Kroatien trat am 10. Juli 2020 der Bankenunion bei und arbeitete infolgedessen erfolgreich an der Erfüllung der Konvergenzkriterien. Am 16. Juni 2022 haben nun die Mitgliedstaaten des Eurowährungsgebiets die Aufnahme Kroatiens als 20. Mitglied der Eurozone empfohlen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Für den Bericht zur Einführung des Euro am 1. Januar 2023, in dem bewertet wird, dass Kroatien alle Kriterien für den Beitritt zur Eurozone erfüllt, stimmten am Montag im Europaparlament 539 der 632 anwesenden Abgeordneten. Es gab 48 Enthaltungen, und lediglich 45 Abgeordnete stimmten dagegen. Die Gegner stammen vor allem aus rechten parlamentarischen Klubs, die in der Debatte am Montag im Plenum des Parlaments den Beitritt Kroatiens zur Eurozone kritisiert haben. Diese stehen aber auch sonst für eine Schwächung der Europäischen Union.

(Johannes Schraps [SPD]: So ist es!)

Kroatien soll ab dem 1. Januar 2023 Mitglied des Eurowährungsgebiets werden und von der Einführung des Euro profitieren. Das wird ein historischer Tag für Kroatien, aber auch für die Europäische Union.

Kolleginnen und Kollegen, zu oft hat die Europäische Union ihre eigene Glaubwürdigkeit infrage gestellt, allem voran in der Frage der EU-Erweiterung, zuletzt für Nordmazedonien und Albanien. Mit der Aufnahme Kroatiens in den Euroraum zeigen wir, dass wir es ernst meinen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Wir zeigen den Nachbarstaaten Kroatiens auf dem Westbalkan, dass sie bei Erfüllung der Kriterien auch integriert werden. Denn Kroatien ist als gutes Beispiel vorangegangen, indem es in den Jahren zuvor seine Hausaufgaben gemacht hat. Das öffentliche Defizit lag 2021 unter dem Maastricht-Referenzwert von 3 Prozent. Die nationale Währung, der Kuna, blieb seit 2020 stabil. Kroatien hat die höchste Preiskonvergenz mit dem Euroraum im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten, die in der Vergangenheit vor dem Eintritt in den Euroraum standen. Das heißt, durch eine kontinuierliche wirtschaftliche Heranführung des Landes an den Euroraum hat Kroatien schlussendlich alle Konvergenzkriterien erfüllt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Kolleginnen und Kollegen, was bedeutet ein Beitritt zum Euroraum für Kroatien? Der Euro sorgt sowohl für eine größere Widerstandsfähigkeit als auch für Stabilität des kroatischen Staates. Die Kroaten werden von niedrigeren Zinssätzen und besserer Kreditwürdigkeit des Staates profitieren. Eine Rezession wird durch die Abwertung der Kuna verhindert.

(Zuruf des Abg. Norbert Kleinwächter [AfD])

Die kroatischen Export- und Importunternehmen werden durch ein geringeres Wechselkursrisiko sowie durch den Wegfall der Umrechnungskosten entlastet. 70 Prozent der Touristen in Kroatien kommen aus Euroländern, weshalb die starke Tourismusbranche ebenfalls massiv vom Euro profitieren wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Es wird auch größere Sicherheit beim Kampf gegen Geldwäsche und gegen Terrorismusfinanzierung bedeuten. Kurzum: Der Beitritt zum Euroraum bietet Kroatien und seiner Bevölkerung die Möglichkeit eines wirtschaftlichen sowie gesellschaftlichen Fortschritts.

Kolleginnen und Kollegen, für Kroatiens Weg in den Euroraum möchte ich an dieser Stelle insbesondere dem scheidenden kroatischen Finanzminister Zdravko Maric für seine hoch professionelle Arbeit danken.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Ihre Exzellenz, den kroatischen Botschafter, der hier auf der Tribüne unsere Debatte verfolgt, möchte ich bitten, ihm unsere Grüße und unsere Anerkennung zu übermitteln.

(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Kolleginnen und Kollegen, der Beitritt Kroatiens zur Eurozone hat Signalwirkung, nicht nur für die Nachbarländer Kroatiens auf dem Westbalkan, sondern auch für Deutschland und die Europäische Union. Der Beitritt Kroatiens zur Eurozone ist ein starkes politisches Signal für die Nachhaltigkeit und Attraktivität der einheitlichen Währung der Union. Zwanzig Jahre nach Einführung der ersten Banknoten ist der Euro ein hoch anerkanntes Symbol europäischer Stärke und Einheit. Außerdem bedeutet es auch mehr Stabilität für die Europäische Union, und es ist ein Zeichen der Verbundenheit unter den Mitgliedstaaten der Union.

Gerade vor dem Hintergrund des Ukrainekrieges ist es aber auch ein Baustein für einen stärkeren Zusammenhalt innerhalb der Union. Vor allem in der heutigen Zeit, in der Staaten wie Russland und China nur die Sprache der Stärke sprechen, ist es umso wichtiger, dass wir als europäische Familie solidarisch zusammenstehen, eine Sprache sprechen und entschlossen und geschlossen eine Einheit bilden.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Deswegen können wir die Europäische Kommission und die kroatische Regierung zu dieser Entscheidung nur beglückwünschen.

Kolleginnen und Kollegen, wir leisten mit dem heutigen Antrag unseren Beitrag für mehr Europa in der Europäischen Union. Ich bitte Sie daher um Ihre Zustimmung.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Als Nächster hat das Wort der Kollege Norbert Kleinwächter, AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7538001
Wahlperiode 20
Sitzung 46
Tagesordnungspunkt Kroatien: Europäische Wirtschafts- und Währungsunion
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