Johannes SchrapsSPD - Kroatien: Europäische Wirtschafts- und Währungsunion
Verehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Scheuer hat gerade zu Recht auf den Zeitraum seit den 1990er-Jahren hingewiesen. 2013 ist Kroatien der Europäischen Union beigetreten, und wie alle Staaten der Europäischen Union ist Kroatien mit dem EU-Beitritt auch Teil der Wirtschafts- und Währungsunion geworden. Die gemeinsame Währung wurde damals aber tatsächlich noch nicht eingeführt, weil bis dato noch nicht alle gemeinsam vereinbarten erforderlichen Voraussetzungen für die Einführung des Euro erfüllt werden konnten. Dieser Punkt ist nun aber erreicht; denn die Europäische Kommission und die Europäische Zentralbank bestätigen in ihren Konvergenzberichten unisono, dass Kroatien die notwendigen Kriterien nun erfüllt und nun auch dem Euroraum beitreten kann, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
Beide Institutionen, sowohl die Kommission als auch die Zentralbank, sind angehalten, im Falle der Mitgliedstaaten, die den Euro noch nicht eingeführt haben, regelmäßig zu prüfen, ob die weitere Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion möglich ist. Die wichtigsten Konvergenzkriterien, die nun auch erfüllt sind – stabile Preise, niedrige Zinsen, gesunde Staatsfinanzen, stabiler Wechselkurs –, sind jetzt im Rahmen der Debatte bereits mehrfach angesprochen worden; ich möchte deshalb nicht mehr in aller Ausführlichkeit auf sie eingehen. Das Ergebnis ist wichtig, und im Ergebnis legen sowohl die EU-Kommission als auch die EZB ganz klar dar, dass Kroatien sämtliche Kriterien erfüllt und somit seinen Verpflichtungen bei der Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion nun nachgekommen ist. Das ist – darauf hat der Kollege Josip Juratovic vollkommen zu Recht hingewiesen – ein sehr gutes und wichtiges Signal, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Der Beitritt Kroatiens zu dieser dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion wird von der Bundesregierung unterstützt; das haben auch die FDP-Fraktion und Finanzminister Lindner deutlich gemacht. Als Bundestag haben wir nach § 9a EUZBBG eine qualifizierte Mitwirkungsmöglichkeit bei der Frage der Einführung des Euro. Die müssen wir nicht nutzen; wir nutzen sie hier aber. Wir machen durch die Einbringung unseres Antrags hier im Plenum von unserem Stellungnahmerecht Gebrauch, so wie übrigens auch bei den beiden Präzedenzfällen 2014 und 2015, also wie bei Lettland und Litauen.
Wir stellen damit als Parlament nicht nur das geforderte Einvernehmen zwischen Bundesregierung und Bundestag her, sondern zeigen durch die gemeinsame Einbringung dieses Antrags durch die Ampelkoalition und Teile der Opposition auch – und auch das hat die Debatte gezeigt –, dass es hier im Haus eine große Mehrheit und einen breiten Konsens für eine Vertiefung der europäischen Integration gibt. Mit Ausnahme eines Totalausfalls auf der rechten Seite haben das fast alle Rednerinnen und Redner deutlich gemacht. Deshalb senden wir mit der Verabschiedung dieses Antrags heute nicht nur ein Zeichen der Unterstützung an die Menschen in Kroatien, sondern wir setzen als Parlament auch ein ganz deutliches Zeichen der europäischen Geschlossenheit, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die Vorteile liegen auf der Hand: Es entfällt die Notwendigkeit, bei Auslandsreisen Geld zu wechseln. Statt italienischer Lira, statt französischem Franc, statt Deutscher Mark oder eben statt kroatischer Kuna wird ab dem 1. Januar 2023 bereits in 20 europäischen Mitgliedstaaten mit der gemeinsamen Währung bezahlt werden können.
Doch nicht nur diejenigen, die viel in andere Länder reisen, wie Kollege Hofreiter das angesprochen hat, und dort dann mit derselben Währung ohne große Umtauschgebühren bezahlen können, profitieren von der Euroeinführung. Denn nicht nur Umtauschgebühren entfallen, sondern es wird auch die Buchhaltung in vielen Bereichen einfacher. Viele Kroatinnen und Kroaten erhoffen sich beispielsweise eine Erleichterung bei wirtschaftlichen Investitionen, eine stabile Währung und natürlich auch einen Anstieg der Exporte in den Rest des Euroraums. Das alles sind Stärken, die in den anderen Euroländern, zuletzt in den baltischen Staaten, die 2011, 2014 und 2015 der Eurozone beigetreten sind, bereits Wirkung entfalten und die Kroatien nachvollziehbarerweise natürlich ebenfalls nutzen möchte. Und mit Bulgarien hat bereits ein weiterer Mitgliedstaat angekündigt, den Euro zeitnah einführen zu wollen.
Natürlich entsteht der Wunsch nach der Euroeinführung ganz grundsätzlich aus der Erkenntnis, dass sich die volle Kraft des gemeinsamen Binnenmarktes nur mit einer gemeinsamen Währung so richtig ausschöpfen lässt. Aber trotzdem geht es bei der Euroeinführung in Kroatien auch um mehr als einfach um den Wechsel einer Währung. Denn gerade in Zeiten wie diesen, wie wir sie heute erleben, ist diese Euroeinführung auch ein Zeichen für europäischen Zusammenhalt und vor allen Dingen für den Willen in der Europäischen Union, die eigene Integration weiter voranzutreiben. Und sie ist auch ein Zeichen für den Willen, den Menschen in allen Mitgliedstaaten auf Basis der Einhaltung von Rechtsstaatskriterien die Grundfreiheiten zu ermöglichen und zu garantieren, die wir alle in der EU als vollkommen selbstverständlich wertschätzen dürfen. Damit, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ist sie letztlich auch ein Zeichen für die ungebrochene Attraktivität der Europäischen Union.
Ich danke Ihnen herzlich für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7538008 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 46 |
Tagesordnungspunkt | Kroatien: Europäische Wirtschafts- und Währungsunion |