07.07.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 47 / Tagesordnungspunkt 10

Dirk WieseSPD - Vereinbarte Debatte - Ein Jahr nach der Flutkatastrophe

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Hochwasser im Ahrtal, in der Eifel, in großen Teilen von Nordrhein-Westfalen, in Städten wie Stolberg, Erftstadt, Hagen-Hohenlimburg, Sundern im Sauerland, im Volmetal, aber auch in den Bundesländern Bayern und Sachsen war eine auch heute noch kaum fassbare Katastrophe für die Menschen vor Ort und eine Tragödie mit Leid, Trauer, Zerstörung für die betroffenen Gebiete, Städte, Gemeinden und viele Dörfer. Mit über 180 Todesopfern, Hunderten von Verletzten, der Verwüstung ganzer Landstriche und Schäden in Milliardenhöhe war es eine der größten Naturkatastrophen der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Die Hilfsbereitschaft – Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat es angesprochen – war von Anfang an überwältigend. Die hauptamtlichen und ehrenamtlichen Helfer der Feuerwehren, des THW, verschiedener Bundesbehörden, der Bundeswehr, der Hilfsorganisationen, der Krankenhäuser, Arztpraxen und Pflegedienste haben Enormes geleistet. Auch zahllose private Helfer, Landwirte, Handwerker aus allen Gegenden des Landes haben angepackt und gemeinsam mit den Betroffenen die Keller, die Wohnungen und die Häuser von Schlamm befreit.

Das THW hat heute eine Kampagne gestartet. Sie haben auf die Plakate zwei Sätze geschrieben, die sehr gut passen: Danke für den Mut. Danke für den Zusammenhalt. – Ihnen allen gebührt unser großer Dank, und sie leisten übrigens noch heute an vielen Wochenenden freiwillig Hilfe und Unterstützung vor Ort. Da kann man nur Danke sagen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Aufgabe ist es vor diesem Hintergrund ein Jahr später, die richtigen Lehren zu ziehen; denn – man muss es klar sagen – es wurden Fehler gemacht, auch auf politischer Ebene. Diese müssen wir benennen und aufarbeiten. Entsprechende Untersuchungsausschüsse, auch in Mainz, in Düsseldorf, sind eingesetzt bzw. werden richtigerweise fortgeführt. Der Umgang mit der Katastrophe und auch die Koordinierung der Hilfsaktivitäten in meinem Heimatbundesland Nordrhein-Westfalen haben im Nachhinein viele politische Fehleinschätzungen offenbart. Anstatt den Menschen schnell, konkret und effektiv zu helfen, kam die Reaktion oftmals zu spät. Es gab kein gemeinsames Vorgehen, es wurde oft unabgestimmt agiert. Es wurde sehr oft reagiert, nicht agiert. Und – ich glaube, das eint uns – das darf nicht wieder passieren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Auf der anderen Seite zeigt uns das Hochwasser auch schonungslos die Defizite auf, die noch immer im Katastrophen- und Bevölkerungsschutz vorhanden sind: die mangelhafte Koordination der verschiedenen Ebenen, das unzureichende Funktionieren der Alarmkette, ein fehlendes flächendeckendes Warnsystem für die Bevölkerung. Ja, diese Baustellen müssen wir gemeinsam zügig angehen, und das ist unsere Aufgabe, hier auch entsprechend die Weichenstellungen vorzunehmen. Ich will auch sagen, dass bei den Auszahlungen der Aufbauhilfen viel passiert ist. Aber: Langwierige Antragsverfahren, zermürbende Auseinandersetzungen, gerade auch mit Versicherungen, sorgen für wenig Verständnis bei den Betroffenen. Hier müssen wir ansetzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unser Ziel muss es sein, dass der Staat in der Krise auf allen Ebenen handlungsfähig ist und die Sicherheit für die Menschen überall in Deutschland garantiert, wenn es darauf ankommt. Nur ein starker Bevölkerungsschutz kann das garantieren. Von daher müssen wir alle gemeinsam nachbessern, Kommunen, Länder und auch der Bund, ohne Wenn und Aber. Ich bin Bundesinnenministerin Nancy Faeser sehr dankbar, dass sie hier gerade in ihrer Rede keine Zweifel daran hat aufkommen lassen, dass wir gemeinsam als Ampelkoalition eine enge Kooperation mit allen Ebenen voranbringen wollen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit der Einrichtung des Gemeinsamen Kompetenzzentrums beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe in Bonn haben wir richtige Weichenstellungen und erste Schritte bereits auf den Weg gebracht. Das BBK und das Technische Hilfswerk benötigen jedoch auch weitere Unterstützung, damit sie in ihren originären Aufgaben gestärkt werden. Es ist, glaube ich, gut und richtig, dass das BBK an der Spitze jetzt fachlich kompetent, mit der nötigen Erfahrung aufgestellt ist; denn die Bürgerinnen und Bürger – das will ich deutlich sagen – haben einen Anspruch darauf, dass der Staat ihre Leben schützt, dass wir die richtige Ausrüstung für diejenigen zur Verfügung stellen, die helfen. Das kostet Geld, aber es ist gut angelegtes Geld für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Dafür haben wir auch hier in Berlin die Verantwortung.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank. – Jetzt spricht für die Unionsfraktion Mechthild Heil.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7538084
Wahlperiode 20
Sitzung 47
Tagesordnungspunkt Vereinbarte Debatte - Ein Jahr nach der Flutkatastrophe
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