Sebastian BrehmCDU/CSU - Inflation in Deutschland
Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit drei Zahlen beginnen.
Die erste Zahl: Die Inflation in Deutschland ist mit rund 8 Prozent so hoch wie seit Jahrzehnten nicht.
Die zweite Zahl: Im Mai hatte Deutschland ein Außenhandelsbilanzdefizit. Einen Monat mit einem solchen Außenhandelsbilanzdefizit gab es zuletzt 1991. Deutschland verspielt gerade seinen Titel als Exportweltmeister.
(Beifall bei der CDU/CSU – Bernd Westphal [SPD]: Das liegt an den hohen Energiepreisen!)
Die dritte Zahl, liebe Kolleginnen und Kollegen: Im Juni ist die Arbeitslosigkeit in Deutschland um 100 000 auf 2,36 Millionen Arbeitslose gestiegen.
Diese drei Zahlen zeigen, dass es höchste Zeit wird, dass Sie als Ampel zielgerichtet – nicht im Streuschuss, sondern zielgerichtet – handeln. Sie dürfen Deutschlands Zukunft nicht mit Klein-Klein und mit Ihrer Umverteilungsidee kaputtmachen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Energiepreise steigen, und die Antwort von Wirtschaftsminister Habeck ist, wir müssten einen Pullover anziehen oder weniger duschen.
(Marianne Schieder [SPD]: Das ist doch Quatsch jetzt!)
Die Lebensmittelpreise steigen, und Landwirtschaftsminister Özdemir und Finanzminister Lindner belasten die Landwirte erheblich, anstatt sie zu entlasten.
(Zuruf von der SPD: Die verdienen auch an den erneuerbaren Energien!)
Und der deutsche Mittelstand kommt bei Ihnen in der Ampelregierung überhaupt nicht mehr vor, mit keiner Silbe, höchstens bei Mehrbelastung durch mehr Bürokratie und mehr Abgaben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich meine das mit allem Ernst: Sie haben den Ernst der Lage nicht verstanden. Wenn Sie jetzt nicht zielgerichtet handeln, dann kommen wir in wirklich schwere Zeiten für die Industrie, in wirklich schwere Zeiten für den deutschen Mittelstand und in schwere Zeiten für die Bürgerinnen und Bürger. Und Sie tun nichts – oder wenn, im Klein-Klein – und schauen sehenden Auges zu, was passiert. Sie schädigen damit den Standort Deutschland und den Wohlstand in unserem Land. Sie machen die Menschen in unserem Land ärmer, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Ampel!
(Beifall bei der CDU/CSU – Marianne Schieder [SPD]: Machen Sie einen Vorschlag! Nicht nur vernichtende Kritik! – Sebastian Roloff [SPD]: Nur Parolen!)
– Nicht nur Parolen! Sie reden viel und tun nichts.
(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Zum ersten Punkt, der Inflation: Sie könnten hier etwas tun. Die Inflationsrate ist, wie gesagt, mit 8 Prozent so hoch wie nie zuvor, und gleichzeitig sprudeln die Steuereinnahmen. Denn wenn sich der Butterpreis verdoppelt, verdoppeln sich auch die Mehrwertsteuereinnahmen des Finanzministers. Auch wenn sich die Löhne erhöhen, erhöhen sich über die kalte Progression die Einkommensteuereinnahmen des Finanzministers. Deswegen fordern wir Sie auf – das können wir nicht oft genug sagen –, die Mehreinnahmen, die Sie im deutschen Haushalt haben, an die Bürgerinnen und Bürger und an den deutschen Mittelstand zurückzugeben, gerade jetzt in dieser Zeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Leif-Erik Holm [AfD])
Wenn Sie Inflation wirksam eindämmen wollen, dann brauchen wir einen ausgeglichenen Haushalt. Interessant ist: Sie sprechen von einem ausgeglichenen Haushalt; der Kollege Janecek dagegen sagt, im Herbst müssten wir drüber reden, das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts zurückzunehmen. Sie dürfen die Rekordschuldenpolitik wie in diesem Jahr nicht weiter fortsetzen. Wir brauchen eine schwarze Null im nächsten Haushalt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Lieber Herr Kollege Brehm, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Janecek?
Sehr gerne. Selbstverständlich.
Sehr geehrter Herr Kollege Brehm, danke, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Mir ist langsam schon ganz schwindelig von Ihren Widersprüchen, die Sie da in Ihrer Rede so formulieren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Zum einen werfen Sie uns vor, dass wir nicht solide genug mit den Haushaltsmitteln umgehen würden. Gleichzeitig hat die Union Vorschläge gemacht, die weit über das hinausgehen, was wir uns vorgenommen haben, beispielsweise hinsichtlich der Frage der Energiesteuersenkung. – Das ist der eine Widerspruch.
Dann möchte ich auf das Thema Mittelstand eingehen. Ich war vor zwei Tagen auch mit Kollegen Ihrer Fraktion bei der Glasindustrie. Haben Sie zur Kenntnis genommen, dass die Bundesregierung in diesen Tagen die Notifizierung auf europäischer Ebene durchgesetzt hat, dass wir über 5 Milliarden Euro an Hilfe gerade für den Mittelstand, für energieintensive Unternehmen in die Hand nehmen können? Also, wir helfen da wirklich zielgerichtet, übrigens gerade auch in Bayern und in Oberfranken.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Ja, lieber Herr Kollege Janecek, oder in Mittelfranken. – Unsere Vorschläge sind komplett gegenfinanziert.
(Widerspruch des Abg. Bernd Westphal [SPD] – Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Das ist Quatsch, Herr Kollege!)
Wir brauchen in unserem Land Wachstum. Wenn wir den Mittelstand jetzt entlasten, werden wir mit Innovation, mit Investition Wachstum erzeugen. Wenn Sie den Mittelstand jetzt aber nicht entlasten, dann wird es weniger Steuereinnahmen geben, und der Haushalt wird schlechter. Insofern ist das mittel- und langfristig gegenfinanziert.
Und Sie müssen halt auch einmal im Haushalt sparen.
(Marianne Schieder [SPD]: Wo sind bitte Ihre Einsparvorschläge?)
Für jedes Programm, das kommt, geben Sie Geld aus; dabei müssten Sie aber Geld einsparen. Hierzu gibt es zahlreiche Vorschläge, die Sie umsetzen könnten.
(Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schicken Sie uns Ihre Berechnungen mal! – Marianne Schieder [SPD]: Die Einsparvorschläge der Union bitte! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir kommen da im Rahmen der Haushaltsberatungen in der ersten Sitzungswoche nach der Sommerpause auch noch einmal auf Sie zu.
Nun zurück. Wir brauchen des Weiteren natürlich eine Entlastung des Mittelstands bei den Energiekosten. Das ist vielleicht nur ein Schritt, aber nehmen Sie einen normalen Mittelständler, der vielleicht 50 000 Euro an Energiekosten hat und Preissteigerungen von 300 bis 500 Prozent: Wie soll der im Monat diese Preissteigerung auf die Preise umlegen können? Das wird er nicht schaffen. Wenn Sie hier keine Reduzierung vornehmen, werden wir im nächsten Jahr, spätestens wenn die Kontrakte der Mittelständler auslaufen, ein erhebliches Risiko haben, dass wir eine höhere Zahl von Insolvenzen in unserem Land sehen. Deswegen müssen Sie jetzt zielgerichtet entlasten.
(Zurufe von der SPD)
Hier tun Sie wesentlich zu wenig, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zur Eindämmung der Inflation brauchen wir darüber hinaus eine Erhöhung der Pendlerpauschale, eine zielgerichtete Entlastung – die 300 Euro Klimageld bekommen die Rentner nicht, die Minister schon – sowie auch eine Verlängerung der Laufzeit der Atomkraftwerke. Darüber werden wir heute Abend übrigens namentlich abstimmen. Ich bin gespannt, ob die FDP, die draußen herumrennt und sagt, wir bräuchten sie, diesem Antrag heute zustimmt, liebe Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Sebastian Roloff [SPD]: Jetzt wird es ganz bizarr! – Marianne Schieder [SPD]: Und das Endlager machen wir in Mittelfranken!)
Und wir brauchen natürlich ein Vorziehen der dringend notwendigen Abschaffung der kalten Progression.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wenn Sie das nicht tun, machen Sie die Menschen automatisch ärmer.
Zum zweiten Thema – Wettbewerbsfähigkeit, Außenhandelsbilanzdefizit –: Wir haben die höchsten Steuern für Unternehmen in der gesamten OECD. Wenn Sie hier nichts tun – bislang haben Sie für den Mittelstand gar nichts gemacht, obwohl die FDP das im Wahlkampf immer angekündigt hat –, dann nehmen Sie den Unternehmen das Geld für notwendige Investitionen, für notwendige Innovation und verhindern so notwendiges Wachstum. Aber wir werden nur mit Wachstum aus dieser Krise herauskommen. Also, wenn Sie nichts tun, machen Sie Unternehmen ärmer.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Reinhard Houben [FDP])
Zudem brauchen wir ein Belastungsmoratorium, und zwar für jedes Gesetz, das Sie auf den Weg bringen. Allein die Regelungen für die 300 Euro Klimageld umfassen elf Paragrafen im Einkommensteuergesetz.
(Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach, Sie wollen die Bürgerinnen und Bürger doch nicht entlasten! Das ist interessant!)
Sie belasten mit Bürokratie, Sie belasten mit Mehrausgaben. Hören Sie damit auf! Gerade in der jetzigen Zeit brauchen wir ein Belastungsmoratorium für den deutschen Mittelstand, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach! Die Energiepauschale erachten Sie als Belastung!)
Zum letzten Punkt – Arbeitslosigkeit –: Sie haben – und ich meine das mit allem Ernst – in den letzten Wochen die Aussetzung der Sanktionen in der Grundsicherung beschlossen. Wie soll denn ein Jobcenter jemanden in Arbeit bringen, wenn er keine Sanktionen mehr zu befürchten hat?
(Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Leute wollen ja vielleicht auch arbeiten! – Zurufe der Abg. Annika Klose [SPD])
Wir haben 100 000 Arbeitslose mehr, und gleichzeitig wollen wir Arbeitskräfte aus dem Ausland zuführen, damit wir den Bedarf auf dem Arbeitsmarkt decken. Wie wollen Sie das schaffen?
(Annika Klose [SPD]: Nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt! Haben Sie schon einmal etwas davon gehört?)
Diese Abkehr vom Prinzip des Forderns und Förderns ist gerade jetzt in dieser Zeit fatal.
(Beifall bei der CDU/CSU – Annika Klose [SPD]: Was für ein trauriges Bild haben Sie eigentlich?)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir gehen in die Sommerpause. Ich denke, dass wir uns nicht ausruhen können. Sie dürfen sich nicht ausruhen; Sie müssen aus Ihrem Liegestuhl heraus
(Widerspruch bei der SPD – Marianne Schieder [SPD]: Sie müssen mal Ihre schwarze Brille abnehmen!)
und in der Sommerpause notwendige Entscheidungen treffen, damit wir aus dieser Krise herauskommen. Ansonsten werden wir im Herbst – da mache ich mir wirklich Sorgen – auf erhebliche Probleme stoßen, in allen Bereichen unserer Wirtschaft und bei den Bürgerinnen und Bürgern. Das liegt alleine in Ihrer Verantwortung, liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampel.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Der letzte Redner in der Debatte ist der Kollege Sebastian Roloff, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7538110 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 47 |
Tagesordnungspunkt | Inflation in Deutschland |