Judith SkudelnyFDP - Bezahlbare Mobilität
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In einer Regierungskoalition ist es ein bisschen wie in einer Ehe. Man kennt und vertraut sich, man definiert gleiche Ziele und Werte, und trotzdem assimiliert man sich nicht. Man hat immer noch unterschiedliche Meinungen und Ansichten. Darüber darf man auch an der einen oder anderen Stelle einmal diskutieren. Insgesamt sollte man sich davon nicht irritieren lassen. Wir werden und haben bis jetzt immer wieder gemeinsame Wege gefunden, unsere unterschiedlichen Ansichten zueinanderzuführen. Genauso sieht es jetzt auch bei dem Thema Verbrennungsmotor aus. Wir haben erreicht, das, was wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, auf europäische Ebene zu ziehen,
(Dr. Christoph Ploß [CDU/CSU]: Was denn?)
nämlich dass es grundsätzlich möglich sein soll, dass ein Verbrennungsmotor, der mit klimaneutralen Kraftstoffen betankt wird, auch nach 2035 zugelassen werden kann.
(Beifall bei der FDP – Dr. Christoph Ploß [CDU/CSU]: Frau Lemke erzählt etwas anderes!)
Richtig ist jedoch, dass es kein Automatismus ist. Wir haben es noch nicht ganz ins Gesetz geschafft, wir haben es in die Ergänzungs-, Erwägungsgründe geschafft. Es liegt noch ein Stück weit Arbeit vor uns, bis aus der kleinen Katzenklappe an Möglichkeiten eine echte Tür oder am besten noch ein Scheunentor wird.
(Dr. Christoph Ploß [CDU/CSU]: Versteht das Frau Lemke?)
Bevor ich darauf eingehe, wie das funktionieren kann, möchte ich Ihnen drei Gründe nennen, warum es denn notwendig ist.
In meiner letzten Rede habe ich gesagt, dass wir uns mit der reinen Elektrifizierung in unseren Rohstoffpartnerschaften von Ländern abhängig machen, die nicht so ganz einfach sind, die unter ökologisch fragwürdigen Umständen Rohstoffe abbauen, die Menschen- und Bürgerrechte nicht einhalten und die Industriepolitik auch teilweise mit Werten versehen, die wir nicht teilen. Wenn Sie an dieser Stelle an China denken – ich auch. Die synthetischen Kraftstoffe, die Erneuerbaren, die E‑Fuels, schaffen neue Rohstoffpartnerschaften mit Ländern, die wir heute noch gar nicht im Blick haben, die sich auf einen guten Weg machen, die Demokratie weiter fördern wollen und den Wohlstand ihrer Bevölkerung im Blick haben. Ich nenne als ein Beispiel Chile, das sich gestern präsentiert hat. Aber es gibt viele Länder, die Wind, Sonne und Wasser haben und somit als mögliche Lieferanten für neue Rohstoffe für uns infrage kommen.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dieter Janecek [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Da müssen wir auch gar nicht so viel investieren. Das Gute ist: Die Infrastruktur dafür besteht schon. Das heißt, das Thema „Leitung, Speicherung“, was wir mit Elektrizität hier in Deutschland haben, haben wir bei diesen Themen nicht. Es gibt schon die Infrastruktur, diese Kraftstoffe nach Deutschland zu bringen, in Deutschland zu verteilen, und wir haben sogar den Motor, in den sie klimaneutral getankt werden können. Das ist der Verbrennungsmotor. Lauter Vorteile, die wir nutzen können im Sinne einer Ressourceneffizienz. Überall anders wollen wir alles andere doch auch immer länger nutzen. Warum nicht hier?
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Auf diese Art und Weise können wir auch Klimaschutz schneller betreiben, weil wir nicht warten müssen, bis die Infrastruktur steht, weil wir auf eine bestehende Infrastruktur aufbauen können, das ausbauen können und wir zwei Wege haben, die Pariser Klimaziele einzuhalten. Das macht die ganze Sache deutlich schneller, und es ist doch Geschwindigkeit, die wir beim Klimaschutz haben wollen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die Union hat gefragt: Mensch, wie geht das denn? Ich kann Ihnen zwei Wege nennen. Eigentlich müsste die Europäische Kommission eine Idee bringen, aber wir waren übrigens schon früher für euch Serviceopposition, jetzt sind wir Serviceregierung.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir geben jetzt einfach einmal zwei Ideen, wie man das umsetzen kann. Das Erste ist einfach. Wir nehmen einen separaten Rechtsakt und sagen: Autos mit Verbrennungsmotor, die mit klimaneutralen Kraftstoffen betankt werden, werden außerhalb der Flottengrenzwerte gesetzt. Punkt, aus, fertig, geht, betrifft die bestehende Regulierung nicht, ist ein gesonderter Rechtsakt, könnte man machen, wenn man will. Man kann aber auch – und das haben tatsächlich in der Europäischen Union nicht nur die FDP vorgeschlagen, sondern auch die Unionsabgeordneten – sagen, dass die Hersteller von Verbrennungsmotoren dazu verpflichtet werden, klimaneutrale Kraftstoffe in den Markt reinzubringen. Das wird dann am Ende, bevor es in die Flottengrenzwertregulierung reingeht, mitberücksichtigt. Diese Vorschläge des Europäischen Parlaments gibt es schon, und auf die kann man aufsatteln, die kann man umsetzen. Das sollte sich die Europäische Kommission auch noch einmal gesondert ansehen.
(Beifall bei der FDP – Christian Hirte [CDU/CSU]: Vielleicht auch die Bundesregierung!)
Am Ende gilt, dass die FDP durchaus weiß, dass wir noch nicht am Ende der Diskussion sind, weder in der Ampel und schon gar nicht auf europäischer Ebene. Aber es ist ein sinnvoller, es ist ein technologieoffener und es ist ein effizienter Weg, Klimaschutz zu beschleunigen. Deswegen werden wir die Fahne der E‑Fuels hochhalten und beschleunigen und nicht müde werden, diese Debatte auf jeder Ebene mit Ihnen und mit Europa zu führen.
(Beifall bei der FDP)
Ganz am Ende möchte ich noch sagen, ein guter Tipp aus meiner persönlichen Ehe: In jeder Ehe kracht es, man hat unterschiedliche Meinungen. Das ist überhaupt nicht schlimm – solange ich am Ende recht behalte.
(Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU)
In diesem Fall heißt es: Der Tag ist egal, solange die FDP sich am Ende durchsetzen kann und die Verbrennungsmotoren über 2035 möglich bleiben.
(Beifall bei der FDP – Dr. Christoph Ploß [CDU/CSU]: Sie sind aber nicht mit Herrn Gelbhaar verheiratet, oder?)
Martina Englhardt-Kopf hat jetzt das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7538166 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 47 |
Tagesordnungspunkt | Bezahlbare Mobilität |