07.07.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 47 / Zusatzpunkt 17

Markus TönsSPD - Transatlantische Wirtschafts- und Handelspolitik (CETA)

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Frage ist ja bei solch einer Debatte: Wo fange ich jetzt eigentlich an nach dem, was ich alles gehört habe?

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Zweite und dritte Lesung!)

Teilweise hätte man das Gefühl haben können: Streiten wir, oder betreiben wir hier heute Abend Bullshit-Bingo?

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Das machen Sie doch schon! – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Das machen Sie doch die ganze Zeit!)

– Das machen Sie aber.

Ich will jetzt aber mal auf ein paar Punkte eingehen; denn das war schon ganz spannend. Also: Herr Spahn, in zukünftigen modernen Abkommen geht es darum, dass sie regelbasiert und wertebasiert sind.

(Verena Hubertz [SPD]: Richtig!)

Es geht darum, dass wir unsere Werte, von denen wir in der jetzigen Zeitenwende immer sprechen, verteidigen. Das heißt, wir brauchen Partner in der Welt, die unsere Werte teilen. Darum geht es zunächst einmal in modernen Handelsabkommen und um nichts anderes.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Jens Spahn [CDU/CSU]: Wollen Sie dann lieber mit China handeln?)

Natürlich haben Sie recht: Es geht um Wohlstand. Aber dieser Wohlstand muss auch in diesen Ländern erreicht werden. Das hat dann auch wieder was mit dem Thema Klimaschutz, mit dem Thema Menschenrechte, mit dem Thema der Entwicklung von Demokratien zu tun. Deshalb ist es richtig, dass wir CETA heute auf den Weg bringen, und wir werden CETA auch ratifizieren; da machen Sie sich mal keine Sorgen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Jens Spahn [CDU/CSU]: Wann? – Stefan Rouenhoff [CDU/CSU]: Wir sind gespannt!)

Ich finde es immer ganz interessant, wenn Sie davon reden: Jetzt kommen ganz neue Elemente herein, und da soll vieles passieren. – Ich weiß gar nicht, ob Sie in den letzten Monaten mal mit der Kommission gesprochen haben, ob Sie vielleicht mal Generaldirektorin Weyand gesprochen haben, die dazu eine ganz klare Haltung hat, die sagt: Es wird keine Abkommen mehr geben, die keine wertebasierten Abkommen sind. – Das wissen Sie auch. Da steht Klimaschutz drin. Da steht das Pariser Klimaschutzabkommen drin. Da steht dann auch drin, was ganz wichtig ist: dass das sanktionsbewehrt sein muss.

(Beifall des Abg. Andreas Audretsch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Darüber gibt es überhaupt keinen Streit, nicht mit der Kommission und auch mit niemandem sonst.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Wenn es dann kein Abkommen gibt!)

Vielleicht sollten Sie das mal nachlesen; das hilft vielleicht.

Vielleicht noch eines: In der Opposition ist das ja so: Da kriegt man plötzlich eine Glaskugel, dann guckt man hinein, und dann weiß man das alles. Wir alle wissen doch, Herr Rouenhoff – das muss ich Ihnen auch mal sagen –, dass wir das Abkommen in der letzten Legislaturperiode, weil wir auf das Verfassungsgericht gewartet haben, nicht ratifiziert haben. Wenn das Verfassungsgericht früher entschieden hätte, was es nicht getan hat, weil es etwas länger gebraucht hat, dann hätten wir das in der letzten Legislaturperiode auch ratifiziert.

(Stefan Rouenhoff [CDU/CSU]: Dann sagen Sie das den Grünen! Sagen Sie das Ihren Kollegen!)

Das wissen Sie ganz genau. Sie waren dabei, Herr Rouenhoff, als wir gesagt haben: Wir warten die Entscheidung des Verfassungsgerichts ab.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Das war der Kompromiss!)

Das ist übrigens gegenüber dem Verfassungsgericht vollkommen richtig.

(Stefan Rouenhoff [CDU/CSU]: Wir haben den Kompromiss ja mitgemacht!)

Das will ich Ihnen an der Stelle nur mal sagen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Verena Hubertz [SPD]: So ist es!)

Zu Herrn Kaufmann möchte ich eigentlich gar nichts sagen, man müsste allenfalls sagen: Sie müssen mal anfangen, zu lesen, 1 700 Seiten. Nehmen Sie sich mal das Abkommen CETA. Das sind zwei dicke Ordner; die stehen bei mir im Schrank. Ich kann Ihnen das nur empfehlen. Lassen Sie sich das ausdrucken, lesen Sie sich das mal durch, oder lesen Sie es am Rechner; vielleicht lernen Sie dann auch ein bisschen was über das Abkommen und darüber, wie Abkommen aussehen.

(Dr. Malte Kaufmann [AfD]: Ganz schön überheblich!)

– Nein, das ist so. Da müssen Sie durch. So ist das halt, wenn man hier merkwürdige Reden hält.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Das ist überheblich!)

Und das andere ist: Herr Leye, also ganz ehrlich! Da wird es ja ganz abenteuerlich. Ich höre es ja immer wieder: Da gebe es dieses angebliche Sonderklagerecht. Haben Sie da eigentlich mal reingeguckt? Wissen Sie eigentlich, was das ist, was Sie meinen?

(Zuruf des Abg. Christian Leye [DIE LINKE])

Ich habe da reingeguckt. Ich habe mir das sehr genau angeguckt, und das gibt es eben nicht. Sie verwechseln da etwas.

(Zuruf des Abg. Bernd Schattner [AfD])

Wenn wir diesen multilateralen Investitionsgerichtshof nicht schaffen, sind wir zurück bei ISDS, bei intransparenten Schiedsverfahren, auf die wir keinen Einfluss haben.

(Widerspruch des Abg. Christian Leye [DIE LINKE])

– Nein. Sie vergessen da was. Das ist international so. Und weil Sie das anscheinend nicht verstanden haben, muss ich Ihnen das hier noch mal sagen. Tut mir ja leid, dass das so ist.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Christian Leye [DIE LINKE]: Legislative!)

– Nein, das hat damit nichts zu tun. Es werden auch keine Sonderregeln geschaffen.

Im Übrigen: Was macht denn ein kanadischer Investor, wenn er klagen will, wenn er sich ungerecht behandelt fühlt? Das kann er ja. Dann geht er entweder vors deutsche Gericht, oder er geht vor den dann zu schaffenden multilateralen Investitionsgerichtshof. So. Und da sind Richter eingesetzt, die die Befähigung zum Richteramt haben,

(Christian Leye [DIE LINKE]: Sagen Sie mal, warum der deutsche Rechtsstaat das nicht kann! Da bin ich mal gespannt!)

die offiziell berufen wurden, die sich übrigens im Handelsrecht auskennen müssen und die dann auf Basis des Vertrages und internationalen Rechts Recht sprechen. Das Ganze ist transparent; das kann man übrigens einsehen. Das Urteil ist transparent, und die Begründung ist transparent, was alles bei ISDS nicht so ist. Deshalb ist dieses Abkommen wirklich eines – das muss ich Ihnen sagen – der modernsten Abkommen, die es gibt.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Ja, dann stimmen wir doch zu! Dann können wir doch zustimmen!)

Darauf aufbauend können auch zukünftige Abkommen der Europäischen Union funktionieren.

(Zuruf des Abg. Christian Leye [DIE LINKE])

Ich will Ihnen das zum Abschluss noch mal sagen: Es waren unter anderem – das wissen Sie auch; ich weiß, dass Sie das stört – Sozialdemokraten, die in Europa dafür gesorgt haben, dass CETA besser wurde, nämlich mit dem multilateralen Investitionsgerichtshof. Es gibt eine ganze Reihe von Staaten, die mittlerweile ihre Bereitschaft erklärt haben, mitzumachen. Deshalb sind wir hier auf dem richtigen und modernen Weg.

Ich kann Ihnen nur sagen: Wir werden CETA ratifizieren. Wir bringen es heute ein, dann werden wir in die Ausschussdebatte gehen. Wir werden uns darüber unterhalten,

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Wann?)

und am Ende wird CETA in diesem Jahr ratifiziert.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Wann?)

Darauf können Sie sich verlassen.

Glück auf!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Dieter Janecek [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Vielen Dank, Herr Kollege Töns. – Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kollege Reinhard Houben, FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7538184
Wahlperiode 20
Sitzung 47
Tagesordnungspunkt Transatlantische Wirtschafts- und Handelspolitik (CETA)
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