07.07.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 47 / Tagesordnungspunkt 22

Fabian JacobiAfD - Virtuelle Hauptversammlungen (Aktiengesellschaften)

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Man kann das große Wort von der Aktionärsdemokratie, wenn man möchte, von einer eher technokratischen Warte aus als gesellschaftsrechtliche Lyrik abtun. Ganz verkehrt ist es aber nicht, sich vor Augen zu halten, dass man die kollektive Willensbildung der Unternehmenseigentümer durchaus durch dieselbe Brille betrachten kann und auch sollte wie analoge demokratische Vorgänge, etwa in einem Kommunalparlament.

(Marianne Schieder [SPD]: Große Philosophie in der Nacht ist das! Keiner braucht das!)

Und da macht es einen qualitativen Unterschied, ob diese gemeinschaftliche Willensbildung, sei es in einem Stadtrat oder bei der Aktiengesellschaft in der Hauptversammlung der Aktionäre, in gemeinsamer Präsenz stattfindet, mit der Möglichkeit zu unmittelbarer Interaktion zwischen den Anwesenden,

(Zuruf des Abg. Helge Limburg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

oder ob isolierte Monaden, vor Bildschirmen sitzend, elektronisch miteinander kommunizieren.

Nun hat alles seine Vor- und Nachteile, und dem Verlust an Unmittelbarkeit und Spontaneität mag man ein Mehr an Planbarkeit und Effektivität bei rein elektronischen Abläufen gegenüberstellen. Das ist ein Stück weit situationsabhängig, ein Stück weit auch Geschmackssache. Deshalb ist es durchaus vertretbar, die Möglichkeit zu einer virtuellen Hauptversammlung zu eröffnen im Sinne einer Wahlfreiheit.

Der vorliegende Gesetzentwurf lässt allerdings in mindestens zwei Punkten zu wünschen übrig. Zum einen sollte auch dann, wenn durch Mehrheitsentscheidung der Weg zu einer rein virtuellen Hauptversammlung gegangen wird, einer qualifizierten Minderheit der Aktionäre die Möglichkeit eingeräumt werden, jedenfalls bei bestimmten besonders sensiblen oder gewichtigen Gegenständen die Durchführung der Versammlung in Präsenz zu verlangen. Diesem Vorschlag wollten Sie nicht nähertreten; ganz im Gegenteil haben Sie im Ausschuss sogar noch die ursprünglich vorgesehene Möglichkeit gestrichen, bestimmte Verhandlungsgegenstände von der virtuellen Hauptversammlung auszunehmen.

Und zum anderen ist es problematisch, wenn Sie bei rein virtuellen Hauptversammlungen per Gesetz die Anfechtung von Beschlüssen ausschließen, die deshalb mangelhaft sind, weil Aktionäre ihr Stimmrecht aufgrund einer unverschuldeten technischen Störung nicht ausüben konnten. Das bedeutet: Wenn ein kritischer, folgenreicher Beschluss für die Zukunft der Gesellschaft ansteht und just in diesem Moment beispielsweise eine große Zahl von Gesellschaftern etwa durch einen Stromausfall vom Internet abgeschnitten wird – dank Ihrer katastrophalen Energiepolitik ja eine ständig wahrscheinlicher werdende Möglichkeit –, dann soll der Beschluss dennoch gültig und unanfechtbar sein, selbst dann, wenn sogar fast alle Gesellschafter nicht abstimmen konnten und der Beschluss nur von einer ganz geringen Zahl von Aktionären gefasst wurde. Das kann so nicht richtig sein, und es wurde auch in der Wissenschaft bereits kritisiert, als Sie eine solche Regelung mit den Covid-Sondergesetzen zuerst eingeführt haben. Diesen verfehlten Ansatz jetzt durch die Änderung des Aktiengesetzes auf Dauer zu stellen, lehnen wir ab, und deshalb werden wir Ihrem Gesetzentwurf auch nicht zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Marianne Schieder [SPD]: Das ist auch nicht nötig!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7538260
Wahlperiode 20
Sitzung 47
Tagesordnungspunkt Virtuelle Hauptversammlungen (Aktiengesellschaften)
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