Stephan PilsingerCDU/CSU - Entkriminalisierung von Cannabis
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei allen bereits hinlänglich ausgeführten Differenzen sind wir uns in einem einig: Eine Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken ist ein äußerst anspruchsvolles und gewagtes Experiment. Deshalb war ich beim Lesen des Koalitionsvertrags der Ampel über die Formulierung auch mehr als verwundert. Sie schreiben dort auf Seite 68, dass Sie eine „kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften“ ermöglichen wollen.
(Beifall der Abg. Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP])
Ich muss Ihnen sagen: Ihr Vorhaben, wie Sie es in Ihrem Koalitionsvertrag festgelegt haben, ist so nicht durchführbar. Wir können beobachten, dass bereits andere europäische Länder an den hohen europarechtlichen Hürden gescheitert sind, beispielsweise Luxemburg, das von der Idee einer vollständigen Legalisierung von Cannabis abgerückt ist und Hanfpflanzen nur für den Eigengebrauch, und das nur in sehr geringen Mengen, erlaubt. Die dortige Regierung nennt als Grund die Unvereinbarkeit mit dem Europarecht; denn das Anbieten, Verkaufen und Liefern ist nach dem Schengen-Übereinkommen unter Strafe zu stellen, so hat es auch der Europäische Gerichtshof in seinem wegweisenden Urteil vom 16. Dezember 2010 klargestellt. Ich weiß nicht, ob Ihnen das bewusst ist, aber Deutschland ist 1990 dem Schengen-Übereinkommen beigetreten.
(Beifall der Abg. Simone Borchardt [CDU/CSU])
In den Niederlanden zeigen sich die europarechtlichen Probleme für das Vorhaben der Bundesregierung noch deutlicher. Dort stützt man sich auf das Opportunitätsprinzip in der Strafverfolgung, wodurch der Besitz von Cannabis für den Eigenbedarf geduldet und nicht geahndet wird. Da das EU-Recht jedoch den Handel verbietet, muss Cannabis in großen Mengen folglich illegal importiert bzw. zu den Coffeeshops in Amsterdam und sonst wo geliefert werden.
Nicht nur das EU-Recht steht einer Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken entgegen, sondern auch das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Drogenpolitik von 1961. Es ist schlicht unmöglich, einerseits alle internationalen und europarechtlichen Vereinbarungen einzuhalten und andererseits gleichzeitig eine rechtskonforme kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften zu ermöglichen.
Eine Lösung wie in den Niederlanden mit permanenter Beugung europäischen Rechts und internationaler Vereinbarungen kann dabei wirklich nicht unser Anspruch sein.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wenn wir erwarten, dass sich andere Länder an geltendes internationales Recht halten, wenn wir wollen, dass sich die Südeuropäer an vereinbarte Schuldenregelungen
(Stephan Brandner [AfD]: Machen sie doch!)
und die Osteuropäer an rechtsstaatliche Prinzipien halten, dann müssen wir das auch bei Vereinbarungen im Drogenrecht tun.
Herr Lauterbach, deshalb geben wir Ihnen als neue Serviceopposition mal einen Tipp: Wenn Sie schon die aus unserer Sicht falsche Legalisierung von Cannabis durchziehen wollen, dann kündigen Sie entweder alle internationalen drogenrechtlichen Vereinbarungen mit den dazugehörigen Konsequenzen auf, oder finden Sie zumindest eine europäische Lösung für Ihr Anliegen, um nicht rechtswidrig zu handeln. Kleinstaaterei, auch im Drogenrecht, darf nicht unser Anspruch sein. Europa ist unsere Zukunft.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sehr unhöflich: Kein Wort zu unserem Gesetzentwurf! Echt unhöflich! Und Sie wollen konservativ sein!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7538271 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 47 |
Tagesordnungspunkt | Entkriminalisierung von Cannabis |