08.07.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 48 / Zusatzpunkt 23

Michael RothSPD - Gesetzentwurf NATO-Beitritt Finnland und Schweden

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Guten Morgen, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle wissen: Demokratie braucht Zeit. Umso begeisterter bin ich, dass wir – Bundesregierung, Deutscher Bundestag, heute auch der Bundesrat – es angesichts dieser so wichtigen Thematik geschafft haben, eine Entscheidung zu treffen. Das macht auch deutlich, dass wir zu unserer Verantwortung stehen und dass es auch einmal richtig flott gehen kann, ohne dass demokratische Prozesse in irgendeiner Weise nicht eingehalten werden. Das finde ich großartig, und dafür möchte ich allen herzlich Danke sagen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Dem Kollegen Jürgen Hardt kann ich nur zustimmen: Wenn man jetzt von der NATO eingeladen wurde und wenn man auch schon mit im NATO-Rat sitzen darf, heißt das noch lange nicht, dass Artikel 5 – die Beistandsklausel – schon gilt. Ich weiß, dass unsere Freundinnen und Freunde in Schweden und in Finnland auch Sorgen haben. Deswegen sollten wir alles dafür tun, dass diese sogenannte graue Zeit des Übergangs so kurz wie möglich ist und dass wir das gleichzeitig mit einer klaren Ansage in Richtung Schweden und in Richtung Finnland verknüpfen: Auch wenn ihr formal noch nicht Mitglied der NATO seid, ihr könnt euch auf uns verlassen. Wir stehen an eurer Seite.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Das Gift der Putinʼschen Lügenpropaganda hat sich über viele Jahre hinweg in Europa und in Teilen der Welt ausgebreitet, leider auch in Deutschland. Wir alle kennen dieses Narrativ: Die immer aggressiver auftretende NATO greift immer weiter in den östlichen Raum Europas vor, bemächtigt sich der Einflusssphäre Russlands, ignoriert Traditionen, ignoriert das Putinʼsche russische Sicherheitsbedürfnis und stellt damit eine Gefährdung der europäischen Friedensordnung dar. Spätestens, allerspätestens seit dem 24. Februar wissen wir alle: Es gibt in Europa nur einen Aggressor. Es gibt in Europa nur ein Land, das die Friedens- und Freiheitsordnung bedroht, und das ist Russland. Das sind Russland und Putin, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Ich weiß, die Gregorʼschen Märchenstunden sind immer wieder auch unterhaltsam,

(Zuruf der Abg. Amira Mohamed Ali [DIE LINKE])

aber sie haben meistens ein Problem. Es sind eben Märchen, und sie haben mit der Faktenlage nicht immer etwas zu tun.

(Zuruf der Abg. Amira Mohamed Ali [DIE LINKE])

Ich finde Ihre Vorwürfe derart abenteuerlich, dass Sie sich Ihr Lob und Ihre Anerkennung gegenüber Finnland und Schweden sparen können. Diese beiden Länder sind ein Leuchtfeuer der Freiheit, der Menschenrechte und der Demokratie und gelten vielen in der Welt als Ort der Hoffnung und der Zuversicht.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf der Abg. Amira Mohamed Ali [DIE LINKE])

Wie können Sie es wagen, diesen Staaten zu unterstellen, sie würden internationales oder europäisches Recht schleifen, weil es ein Memorandum, eine Vereinbarung mit Herrn Erdogan gibt? Diese Kultur des Misstrauens gegenüber unseren nordischen Freundinnen und Freunden halte ich angesichts dieses Putinʼschen Krieges für völlig inakzeptabel und für völlig verworren.

(Amira Mohamed Ali [DIE LINKE]: Nur weil der eine Recht bricht, soll der andere das auch machen, oder was?)

Und es macht auch deutlich, dass Sie zu Übernahme außenpolitischer Verantwortung leider nicht in der Lage sind.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Ja, da hat sich Herr Putin mal wieder selbst ins Knie geschossen. Er hat gedroht, er wolle die „Finnlandisierung Europas“. Und was hat er bekommen? Da kann ich nur Joe Biden, den amerikanischen Präsidenten, zitieren: „die NATOisierung Europas“. Das ist das Ergebnis. Ich weiß, dass sich auch hier im Bundestag nicht alle immer gleich freudig der NATO zugewendet haben. Auch wir haben schmerzhafte Konsequenzen zu ziehen; denn wir müssen jetzt auch ein klares Signal nicht nur in Richtung Schweden und Finnland aussenden, sondern in Richtung unserer mittel- und osteuropäischen Partner.

Die Zukunft der NATO bedeutet, dass es eine Stärkung der europäischen Flanke der NATO gibt. Aber wir werden weiterhin auf eine ganz enge transatlantische Zusammenarbeit setzen müssen, weil sich viele Partnerinnen und Partner in der EU und in der NATO nach wie vor eine eigene Sicherheit, den eigenen Frieden nicht ohne die Vereinigten Staaten von Amerika vorstellen können.

Für uns gilt gleichermaßen die Pflicht: Die Sicherheitsinteressen, die Friedensinteressen und die Freiheitsinteressen unserer mittel-, ost- und nordeuropäischen Partnerinnen und Partner dürfen wir niemals wieder ignorieren. Wir müssen sie in den Mittelpunkt unseres eigenen Interesses stellen. Das sollte unsere Lehre aus den jüngsten barbarischen Ereignissen sein. Deswegen sage ich heute: Liebe Freundinnen und Freunde: Tervetuloa Suomi! Välkommen Sverige! Wir freuen uns auf euch.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Nächster Redner: für die AfD-Fraktion Rüdiger Lucassen.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7538309
Wahlperiode 20
Sitzung 48
Tagesordnungspunkt Gesetzentwurf NATO-Beitritt Finnland und Schweden
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta