Manfred TodtenhausenFDP - Biotechnologie- und Pharmastandort Deutschland (IPCEI Health)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, mit Ihrem Antrag haben Sie tatsächlich ein Thema aufgegriffen, mit dem sich Politik regelmäßig befassen muss. Die Zukunft von Innovation und Forschung im Bereich Gesundheit und Pharma ist gerade in Deutschland wichtig. Das weiß die Bundesregierung, und das nimmt sie auch sehr ernst. Ein Beispiel: Das Forschungsministerium misst gerade auch den kleinen und mittleren Unternehmen eine sehr hohe Bedeutung zu und plant noch in diesem Monat die Umsetzung einer gezielten Förderrichtlinie zu KMU-innovativ.
(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Da sind wir mal gespannt!)
Es heißt in Bezug auf angewandte Forschung und Umsetzung im Antrag der Union folgerichtig – ich zitiere –:
Mit Hilfe der mRNA-Technologie konnte das Mainzer Biotechnologieunternehmen BioNTech zügig einen wirksamen und marktgängigen Impfstoff zum Schutz vor dem Covid-19-Virus entwickeln. …
Zugleich hat der wirtschaftliche Erfolg von BioNTech das enorme Potenzial der Biotechnologie zur Stärkung unseres Wirtschaftsstandorts verdeutlicht.
Meine Damen und Herren, wir sind uns hier alle einig. Schließlich wurde die mRNA-Technologie in Deutschland entwickelt und verbessert.
Lassen Sie mich aber auch auf die allgemeine Situation von Pharma in Deutschland blicken. Hierzulande wächst die Sparte weiterhin, mehr noch: Sie alleine hat laut Verband der Chemischen Industrie zu einem Wachstum von 0,5 Prozent der Gesamtbranche beigetragen. Ohne dieses Wachstum gäbe es eine Bilanz von minus 3 Prozent. Und wir kennen die Gewinner, die natürlich erfolgreich geholfen haben. Ja, es war BioNTech an erster Stelle, die früh das passende Vakzin entwickelt und weltweit exportiert haben. Zusammen mit Pfizer haben sie eine transatlantische Partnerschaft begründet und zum guten Ruf des Standorts Deutschland beigetragen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
So gilt etwa Berlin, in dem viele Start-ups aus diesem Bereich gegründet wurden, in den USA mittlerweile als das „Boston an der Spree“. Mehr Anerkennung geht ja wirklich nicht. Bayer etwa findet hier mit seiner Pharmasparte – hier im Wedding – talentierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auch die Zusammenarbeit mit Start-ups im Ökosystem Berlin klappt hervorragend.
(Zuruf des Abg. Dr. Götz Frömming [AfD])
Meine Damen und Herren, was ich sagen will: Derzeit ist die Biotechbranche gut aufgestellt.
(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Danke für die Komplimente für unsere Arbeit!)
Das trägt Früchte. So hat BioNTech an seinem Standort Mainz einen solch hohen Umsatz erbracht, dass die Stadt Ende des Jahres schuldenfrei ist und nun weiter am Biotech-Campus bauen kann. Und selbst die Adresse von BioNTech klingt wie eine Verheißung.
(Heiterkeit des Abg. Thomas Jarzombek [CDU/CSU])
Der Standort befindet sich An der Goldgrube in Mainz; das ist tatsächlich der Straßenname und zeigt eigentlich schon jetzt den Erfolg.
In diesem Umfeld, sei es jetzt in Mainz, Berlin, Tübingen oder auch bei dem Mittelständler IDT in Dessau, ist die Biotechnologie gut aufgestellt und kann investieren. Und das tut sie auch. Insofern stellt sich die Frage: Warum jetzt staatlich oder europäisch zusätzlich fördern, wenn die Unternehmen selbst finanziell gut aufgestellt sind?
(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Sie gehen natürlich dahin, wo sie gefördert werden!)
In anderen europäischen Ländern mag das ja vielleicht nötig sein. Deswegen wollen sich auch, wie angesprochen, 16 Länder bei IPCEI zusammenschließen und eine Industriestrategie ergründen. Die Teilnahme ist offen, kein „closed shop“, aber Deutschland wird derzeit nicht mitmachen, so wie übrigens auch Schweden, wo das schwedisch-britische Gemeinschaftsunternehmen AstraZeneca den zweiten europäischen Impfstoff herausgebracht hat. Wir handeln also nicht isoliert, sondern kalkuliert. Ordnungspolitisch kann man sagen: Wir handeln hier genau richtig.
Im Gegensatz zu Speicherchips, Wasserstoff- und Batterietechnologie, wo wir bisher vor allem von Asien abhängig waren und daher bei IPCEI mitmachen, prüfen wir das bei Pharma in aller Ruhe. Akut ist da aber kein Bedarf, meine Damen und Herren. Gerade in Zeiten begrenzter Mittel gilt es, Prioritäten richtig zu setzen und nicht Wirtschaftszweige zu fördern, die sich gegenwärtig sehr gut selber helfen können. Mehr noch: Wir wollen und müssen jetzt endlich wieder die Schuldenbremse einhalten, die uns das Grundgesetz vorschreibt. Da frage ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union: Wollen Sie da nicht mehr mitmachen?
(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Wir haben ja die Einsparvorschläge vorgelegt!)
Ich glaube, eigentlich sind Sie auch dafür.
Die Pandemie hat gezeigt: Unsere innovativen Firmen können das leisten. Was wir besser machen können, sind sicher die Regularien bei der Finanzierung und Zulassung von Betriebsstätten; das ist keine Frage. Aber das ist ein anderes Thema, womit sich die Bundesregierung beschäftigt.
Vielen Dank. Bleiben Sie gesund!
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Nächste Rednerin: für die CDU/CSU-Fraktion Katrin Staffler.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7538327 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 48 |
Tagesordnungspunkt | Biotechnologie- und Pharmastandort Deutschland (IPCEI Health) |