Hannes GnauckAfD - Bundeswehreinsatz in Kosovo (KFOR)
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über 20 Jahre lang war die Bundeswehr im Kosovoeinsatz, und praktisch ist dies der Paradeauslandseinsatz unserer Streitkräfte. Die deutsche Beteiligung an KFOR kann man zu Recht als mustergültig bezeichnen. Relative Stabilität konnte über Jahrzehnte hinweg gewährleistet und das Ansehen unserer Streitkräfte sowohl bei den Einheimischen als auch bei unseren Bündnispartnern massiv aufgewertet werden. Nicht nur wurden ethnische Konflikte erfolgreich moderiert, Eskalationen verhindert und der Schutz autochthoner Minderheiten gewährleistet; auch die aus potenziellen Konflikten zu erwartenden Flüchtlingsströme – vor allem natürlich zu uns nach Deutschland, wie immer – konnten dank unserer Präsenz verhindert werden. Das, meine Damen und Herren, muss man so festhalten. An dieser Stelle möchten ich und meine Fraktion allen Kameraden danken, die in den letzten Jahrzehnten an diesem Einsatz beteiligt waren.
(Beifall bei der AfD)
Es ist obendrein eine erheiternde Abwechslung, meine Damen und Herren, dass Sie sich plötzlich so sehr für die Leistungen unserer Soldaten zu begeistern scheinen – besser spät als nie, möchte man da meinen.
(Dr. Joe Weingarten [SPD]: Sagt der Verfassungsfeind!)
Jedoch muss man sich den Realitäten in Anbetracht der heutigen Situation stellen; denn aufgrund nicht endender ethnischer Spannungsverhältnisse ist die Region ohne westliche Militärpräsenz in der jetzigen Form instabil. Man muss auch nach zwei Jahrzehnten noch immer davon ausgehen, dass ethnische Konflikte im Falle eines kompletten Truppenabzugs erneut ausbrechen und die politische Stabilität ins Wanken bringen können.
Meine Damen und Herren, man muss an dieser Stelle ehrlicherweise von einem Failed State sprechen, wenn man über den Kosovo spricht;
(Dr. Joe Weingarten [SPD]: Das ist hier eine „Failed Party“!)
da hilft keine Schönfärberei. Ein multikulturelles, multiethnisches Miteinander wird es dort unter diesen Bedingungen schlichtweg niemals geben. Das war auch schon vor zwei Jahrzehnten abzusehen.
Welche Konsequenzen hat man aus dieser Zeit gezogen? Welche alternativen Ansätze wurden abgewogen? Sollen denn ausländische Truppenkontingente wirklich bis in alle Ewigkeit im Kosovo stationiert bleiben? Wie soll man der grassierenden Korruption Herr werden? Wie soll dieser Staat jemals in die Lage versetzt werden, seine öffentliche Ordnung eigenständig durchzusetzen? Und viel wichtiger noch, meine Damen und Herren: Wann endet endlich der Einsatz für unsere Streitkräfte? Denn vergessen wir nicht: Auch im Kosovo ließen 27 deutsche Soldaten ihr Leben, Tausende kehrten heim mit körperlichen und seelischen Verletzungen. Für diese Kameraden, meine Damen und Herren, wird der Krieg niemals enden, und wir sind es ihnen schuldig, dass sie nicht vergessen werden.
(Beifall bei der AfD)
Es ist leider typisch für die Altparteienregierungen unseres Landes, dass keine Exit-Strategien entworfen werden, selbst nach Jahrzehnten nicht. Es wirkt vor allem für die Soldaten so, als verlasse man sich hier in Berlin lieber auf andere internationale Akteure und Bündnispartner und als würde man insgeheim hoffen, dass Fakten schlussendlich von jemand anderem geschaffen werden, damit man keine eigenständige deutsche Position einnehmen und vielleicht sogar mal Führung beweisen muss.
Wie so ein Einsatz ohne Ende dann am Schluss eben doch sein Ende finden kann, das haben wir tragischerweise letztes Jahr in Afghanistan gesehen. Die Lehre muss doch sein, dass wir als Westeuropäer solche ethnokulturellen und religiösen Konflikte weder gänzlich verinnerlichen, geschweige denn lösen können. Das muss im Endeffekt von den einheimischen Völkern selbst geleistet werden. Man kann sich von dem historischen Rahmen nicht lösen und ihn mit ein wenig State Building und Zivilgesellschaftsindustrie wegmoderieren.
(Zuruf des Abg. Lars Lindemann [FDP])
Letztendlich kann man sich an Lösungsfindungen zwar beteiligen, aber in erster Linie hat die deutsche Bundesregierung im Falle von KFOR einen Weg zu finden, wie wir unsere Streitkräfte wieder zur Landesverteidigung in die Heimat holen können.
(Beifall bei der AfD – Ulrich Lechte [FDP]: Wie selbstgefällig! Wie selbstgefällig! – Erhard Grundl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unglaublich!)
Das muss Priorität bleiben. Die so groß angekündigte verteidigungspolitische Wende muss endlich ernst genommen und auf allen Ebenen eingeleitet werden. Solange Sie aber deutsche Soldaten in Auslandseinsätze schicken wollen, kann davon keine Rede sein. Wir als AfD wollen dies ändern. Deshalb werden wir einer Fortsetzung des Mandats natürlich nicht zustimmen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD – Zuruf des Abg. Lars Lindemann [FDP])
Vielen Dank, Herr Kollege Gnauck. – Als nächster Redner erhält das Wort der Kollege Ulrich Lechte, FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7538344 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 48 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz in Kosovo (KFOR) |