Jan-Marco LuczakCDU/CSU - Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Unser Land geht momentan durch eine schwere Krise: Die Inflation galoppiert; die Preise für Lebensmittel, für Strom und Gas steigen und steigen. Die Menschen sind verunsichert, und viele Unternehmen sind jetzt schon in ihrer Existenz bedroht.
Diese Entwicklung macht natürlich auch vor der Baubranche nicht halt. Schon die allgemeine Preisentwicklung ist mehr als beängstigend. Bei den Baukosten ist es allerdings so, dass die noch viel, viel stärker steigen. Holz zum Beispiel hat sich binnen Jahresfrist um 60 Prozent verteuert, Betonstahl um die Hälfte. Und wenn man mal die letzten zwei Jahre in den Blick nimmt: Der Baupreisindex ist um rund ein Viertel gestiegen.
Das hat ganz unmittelbare Auswirkungen auf die Menschen. Die „FAZ“ hat heute getitelt: „Harte Landung für die Baubranche“, und festgestellt: „Die Party am Bau ist vorbei“. Das bedeutet ganz konkret, dass junge Familien zum Beispiel ihre Grundstücke zurückgeben können, weil sie sich ihren Traum vom Eigenheim nicht mehr leisten können. Aufträge werden reihenweise storniert, Projekte zurückgestellt oder gleich ganz gestrichen. Besonders dramatisch stellt sich die Situation beim Wohnungsneubau dar. Um ganze 18 Prozent ist der Auftragseingang zurückgegangen.
Und dennoch, Frau Ministerin, halten Sie ganz unbeirrbar an Ihrem Ziel fest, 400 000 neue Wohnungen zu bauen. In der Branche schüttelt man über diese Vogel-Strauß-Politik nur noch den Kopf. Das hat schon etwas von Realitätsverweigerung. Aber ich sage mal so: Politik fängt doch immer mit dem Betrachten der Realität an; nur dann kann man auch die richtigen Schlussfolgerungen ziehen.
Dass Sie sich der Realität nach wie vor verweigern, das sieht man an diesem Haushalt; dafür ist er der beste Beleg. Stabile Rahmenbedingungen oder eine in der Höhe angepasste und verlässliche Förderkulisse, das sucht man hier alles vergebens. Diese Chance ist verpasst.
Stattdessen ist der Haushalt ambitionslos, lückenhaft, und er setzt vor allen Dingen auch falsche Akzente. Bewährte Programme, die wir gehabt haben – Städtebauförderung, altersgerechter Umbau, Neubauförderung –, sind zusammengestrichen worden oder auf den Druck von uns als Unionsfraktion gerade mal auf das Nötigste aufgestockt worden. Neue Programme, mit denen Sie vielleicht auch neue Akzente hätten setzen können – Fehlanzeige. Die gibt es dort nicht.
Ich kann es irgendwie verstehen, dass Sie, Frau Geywitz, ein paar Anlaufschwierigkeiten haben. Es ist ein neues Thema, es sind große Herausforderungen, und das Haus muss natürlich auch erst mal aufgebaut werden. Aber dennoch: Sie sind jetzt neun Monate in der Regierung, und man hat den Eindruck: Sie sind immer noch in der Orientierungsphase.
In der Immobilienwirtschaft hört man die Klage, dass Ansprechpartner im Haus fehlen. Anfragen bleiben monatelang unbeantwortet. Und ein Organigramm, was mit Blick auf die Transparenz sicherlich auch ganz wünschenswert wäre, das gibt es bis zum heutigen Tage immer noch nicht.
(Christina-Johanne Schröder [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sind Sie aber nicht up to date, Herr Luczak! Da sollten Sie besser recherchieren!)
Das ist unzureichend; das wird der Größe der Aufgabe nicht gerecht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Aber einer hat sich ganz offensichtlich sehr gut eingearbeitet: Robert Habeck. Der gibt nämlich im Kabinett beim Thema „Bauen und Wohnen“ den Ton an. Nur leider macht er das mit ziemlich fatalen Folgen: mehrmalige Förderstopps, totale Verunsicherung, einbrechende Neubauzahlen. Über das, was er dort macht, kann man nur den Kopf schütteln.
Sie würden jetzt wahrscheinlich sagen: Das ist natürlich ganz sinnvoll und durchaus ein Erfolg, dass wir die Neubauförderung jetzt ins Bundesbauministerium reingeholt haben. – Ja, das ist auch gut; das unterstützen wir auch. Aber angesichts dieser neuen Zuständigkeit haben Sie bei den Verhandlungen über das, was in welcher Höhe zukünftig aus dem KTF gefördert wird, ganz offensichtlich vergessen, dafür auch die notwendigen Finanzmittel bereitzustellen. Da hat sich nämlich wieder Robert Habeck durchgesetzt.
14 Milliarden Euro soll es insgesamt an Mitteln geben. 13 Milliarden Euro davon gehen ins Wirtschaftsministerium für die Sanierung, und nur 1 Milliarde Euro steht für den Neubau zur Verfügung. Es steht also 13 : 1 für Habeck. Ich finde, das ist eine ziemlich unbefriedigende Bilanz.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Roger Beckamp [AfD])
Man merkt dabei auch eine fundamentale Verschiebung der Prioritäten. Im Koalitionsvertrag zum Beispiel hieß es im Wohnungskapitel noch, dass die Bezahlbarkeit des Wohnens an der ersten Stelle kommt, die Klimaneutralität erst an der zweiten. Also: Der Bau neuer Wohnungen war priorisiert. Die Reihenfolge hat sich, jedenfalls wenn man die Verteilung der Finanzmittel betrachtet, ganz offensichtlich geändert. Es ist natürlich ein Zielkonflikt: Klimaschutz auf der einen Seite, Neubau/Bezahlbarkeit auf der anderen Seite. Aber die Art und Weise, wie Sie ihn auflösen, nämlich total einseitig zugunsten des Klimaschutzes, wird der Aufgabe, die Sie als Bauministerin haben, nicht gerecht.
Auch sonst hat man den Eindruck: Der Koalitionsvertrag zählt offenbar nichts mehr. Sie kündigen in ihm ja durchaus einige sinnvolle Instrumente an: eigenkapitalersetzende Darlehen, Tilgungszuschüsse, Zinsverbilligung beim Eigentumserwerb, Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer. Aber was ist daraus geworden? Nichts, nada, niente! Im Haushalt findet sich dazu nur gähnende Leere. Kein einziger Ansatz ist dazu zu finden.
Wenn es konkret wird bei der Eigentumsförderung, wenn es konkret darum geht, den Menschen die Erfüllung des Traums von den eigenen vier Wänden zu ermöglichen, liefert diese Regierung nichts. Die FDP hat alle im Stich gelassen. Wir hatten ja ein bisschen Hoffnung; aber bei Ihnen ist offensichtlich keine Kraft mehr vorhanden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Frau Ministerin, die Immobilienwirtschaft und auch viele bauwillige Familien – Zehntausende sind das in unserem Land – können nicht länger auf ein arbeitsfähiges Bauministerium warten. Wir haben ein hohes Interesse daran, dass 2023 nicht wieder ein verlorenes Jahr für den Bau wird. Deswegen ist es für uns so wichtig: Wir brauchen in dieser Krise eine starke Fürsprecherin am Kabinettstisch, die auch mal auf den Tisch haut und den ehrgeizigen Zielen dann endlich auch Taten folgen lässt. Statt der Preise und der Verunsicherung müssen endlich die Neubauzahlen steigen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Deswegen fordern wir Sie, Frau Ministerin, auf: Seien Sie selbstbewusst! Setzen Sie sich im Kabinett gegen Robert Habeck durch! Sorgen Sie für Planungs- und Investitionssicherheit! Schaffen Sie eine verlässliche Förderkulisse! Stellen Sie die notwendigen Mittel bereit für Neubau und für den Eigentumserwerb! Sorgen Sie für die Freibeträge! Machen Sie keine Energiesparverordnungen, die alles nur noch komplizierter und teurer machen und am Ende wenig bringen!
Wenn Sie diesen Weg gehen, Frau Ministerin, dann stehen wir Ihnen als Unionsfraktion gern zur Seite und helfen auch, wenn es mit Robert Habeck mal wieder nicht klappt.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Luczak. – Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Markus Kurth, Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7538584 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 49 |
Tagesordnungspunkt | Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen |