Uwe SchmidtSPD - Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen
Moin, Herr Präsident! Liebe Ministerin! Moin, Kolleginnen und Kollegen! Frau Lay, die Entwicklung am Wohnungsmarkt sehen wir alle mit großer Sorge. Ich sehe davon ab, darüber ein Buch zu schreiben; das haben Sie ja schon gemacht.
Die Mieten werden vielerorts immer teurer und sind damit für viele Menschen finanziell einfach nicht mehr zu stemmen – das wissen wir ja schon seit Langem –; vom Wohneigentumserwerb mal ganz zu schweigen. In einigen Metropolen – Sie kommen ja auch aus Berlin; daher wissen Sie ja, was das dort mittlerweile kostet – haben die Herstellungskosten nichts mehr mit den eigentlichen Verkaufspreisen zu tun; das gehört zur Wahrheit dazu.
Jetzt kommt auch noch die Energiekostenkrise dazu. Viele Haushalte werden voraussichtlich im Winter mit hohen Nach- und Abschlagszahlungen konfrontiert sein. Auch Menschen mit normalem Einkommen stoßen damit an ihre finanziellen Grenzen und an ihre Leistungsfähigkeit.
(Beatrix von Storch [AfD]: Wenn man die Kernkraftwerke abschaltet! Gute Idee!)
Für die SPD-Bundestagsfraktion steht fest, Kollegin Lay: Es darf niemand seine Wohnung verlieren, weil er die Nebenkosten nicht bezahlen kann. Dafür werden wir sorgen. Wir haben das nächste Entlastungspaket geschnürt, um die gestiegenen Energiepreise stärker abzufedern. Es beinhaltet notwendige Maßnahmen mit einem Gesamtvolumen von 65 Milliarden Euro; das ist Ihnen ja nicht ganz unbekannt.
Nach dem Heizkostenzuschuss aus dem Frühjahr stellen wir erneut zusätzliche Finanzmittel bereit. Das entlastet Menschen mit niedrigem Einkommen wie Berufseinsteiger, Studierende und Rentner bei ihren Wohnkosten.
(Beatrix von Storch [AfD]: Hätte man vielleicht noch früher machen können!)
Im Rahmen dieser Maßnahme wird für die Heizperiode September bis Dezember einmalig ein weiterer Heizkostenzuschuss an Wohngeldempfängerinnen und ‑empfänger ausgezahlt.
(Zuruf von der AfD: Was kriegt der ganz normale Facharbeiter?)
Ich glaube, das kann man auch mal zur Kenntnis nehmen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Die Ministerin hat es gesagt: Zum 1. Januar 2023 wird das Wohngeld reformiert. – Das war mit Ihnen leider nicht zu machen; aber das werden Ihre Festzeltredner gleich noch bestreiten.
(Marc Bernhard [AfD]: Was kriegt denn die ganz normale kleine Familie? Gar nichts?)
Es wird eine dauerhafte Klimakomponente und eine dauerhafte Heizkostenkomponente enthalten. Wir werden den Kreis der Wohngeldberechtigten deutlich erweitern.
Zusammen stark – das sind wir in der Krise. Das zeigen wir auch mit dem vorliegenden Entwurf für den Einzelplan 25. Liebe Bundesministerin Geywitz, Sie haben den Einzelplan für den Bereich „Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen“ ja bereits vorgestellt. Er beinhaltet Gesamtausgaben in Höhe von gut 5 Milliarden Euro. Das ist ein Plus von 47,5 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr. Die wesentlichen Linien haben Sie bereits umrissen. Natürlich kann der vorliegende Haushaltsentwurf der Regierung die geplanten zusätzlichen Finanzmittel noch gar nicht abbilden. Im parlamentarischen Verfahren werden wir gemeinsam die richtigen Weichen stellen und die Mittel sinnvoll einsetzen; das ist Ihnen ja auch nicht ganz unbekannt.
Die Herausforderungen sind größer denn je geworden; die haben wir uns ja nicht ausgesucht. Deshalb werden wir auch für Wohneigentum Förderprogramme in all ihren Facetten auflegen. „ Zusammen stark“ bedeutet: bezahlbares Wohneigentum, zum Beispiel für junge Familien mit normalem Einkommen, statt Rendite für große Immobilienprojektierer. Man muss auch mal sehen, wer die Möglichkeiten der letzten Förderprogramme für sich genutzt hat.
Wohneigentum schützt auch vor Altersarmut; das haben wir mehrfach festgestellt. Da müssen wir noch einige Hürden abbauen. Wir werden Möglichkeiten wie eigenkapitalersetzende Darlehen, Tilgungszuschüsse und Zinsverbilligung beim Wohneigentumserwerb schaffen; das müssen wir einfach tun.
Zudem müssen wir das Potenzial von weiteren Flächen für die Wohnraumnutzung ausschöpfen. Denn eines ist klar: Boden ist nicht vermehrbar. Darum brauchen wir nicht nur Neubau, sondern wir müssen auch den Bestand sanieren. Wir schaffen finanzielle Anreize für die Sanierung und den Umbau von Bestandsgebäuden und überführen sie in eine Nachnutzung. Das ist nachhaltig.
Überall in Deutschland gibt es Industriebrachen. Einige werden heute bereits anders genutzt als in der Vergangenheit. Doch viele Gebäude können langfristig nur dann erhalten werden, wenn sie neue Nutzungsformen finden. Wie Pläne zur Nachnutzung solcher Industriebrachen aussehen können, zeigt zum Beispiel meine Heimatstadt mit dem sogenannten Werftquartier; ich nenne auch das Gelände der ehemaligen Wollkämmerei in Bremen-Blumenthal – Enak Ferlemann nickt; das kennt er – oder das Tabakquartier in Woltmershausen; das wird ja auch gerade einer Nachnutzung zugeführt. Dort werden Industriebrachen zu urbanen und lebendigen Quartieren mit einem vielfältigen Nutzungsmix weiterentwickelt: Wohngebäude mit sozialem Wohnanteil, Kultur- und Bildungseinrichtungen, Büro, Gewerbe, Einzelhandel.
In ganz Deutschland gibt es solche Flächen. Wir müssen zusehen, dass die Kommunen über die Verbilligungsrichtlinie der BImA Zugriff darauf bekommen. Entbehrliche Grundstücke können den Gemeinden bzw. Kommunen bereits verbilligt zum Kauf angeboten werden, wenn darauf Sozialwohnungen entstehen. Wir wollen das weiterentwickeln. Auf diese Weise haben die Kommunen eine zusätzliche Möglichkeit, auch diese Flächen sinnvoll nachzunutzen.
Die Länder und Gemeinden müssen von ihrem gesetzlichen Vorkaufsrecht an Grundstücken verstärkt Gebrauch machen können und durch Umwidmung Baugrundstücke für genossenschaftlichen Wohneigentumserwerb schaffen. Das ist gelebte Nachhaltigkeit, gerade vor dem Hintergrund von Baupreissteigerungen und Energiekostenexplosion. Es wird Flächen geben, da klappt das für den Wohnungsbau, und andere, wo das eben nicht klappt. Das müssen sich die Gemeinden vor Ort anschauen; die kennen ihre Begebenheiten.
All diese Projekte werden wir mitentwickeln und dafür die notwendigen Haushaltsmittel im parlamentarischen Verfahren mittelfristig bereitstellen. Wir werden die Rahmenbedingungen so ausgestalten, dass solche notwendigen Maßnahmen für den sozialen Zusammenhalt über die vorhandenen Förderprogramme des Bundes laufen können. Auch hier müssen wir die Planungs- und Genehmigungsverfahren erheblich beschleunigen. Ein KfW-Förderprogramm zum Erwerb von Genossenschaftsanteilen für selbstgenutzten Wohnraum – der Kollege hat es eben schon gesagt – steht in den Startlöchern; auch das werden wir gemeinsam machen. Das unterstreicht unseren sozialdemokratischen Ansatz in der Wohnungspolitik.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das neugeschaffene eigenständige Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen ist jetzt arbeitsfähig;
(Zuruf des Abg. Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU])
dafür haben wir in diesem Jahr gesorgt. Bauen, Wohnen und Stadtentwicklung haben nun endlich den Stellenwert erhalten, den sie verdienen. Nun muss es darum gehen, dass wir die Dinge ins Laufen bekommen. Das wird uns im parlamentarischen Verfahren beschäftigen.
Ich bedanke mich und freue mich auf die Zusammenarbeit.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Vielen Dank, Herr Kollege Schmidt. – Als nächster Redner erhält das Wort der Kollege Michael Kießling, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7538588 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 49 |
Tagesordnungspunkt | Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen |