06.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 49 / Einzelplan 12

Metin HakverdiSPD - Digitales und Verkehr

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich die Situation nutzen und mich bedanken. In diesen unruhigen Zeiten ist es den Parteien der Ampelkoalition gelungen, ein großes Entlastungspaket zu schnüren. Danke an alle, die dafür ihren Beitrag geleistet haben; das war enorm wichtig.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Denn wir haben damit gezeigt, dass wir die Sorgen der Menschen ernst nehmen, und wir haben gezeigt, dass wir handlungsfähig sind, jetzt und heute. Und die Koalition wird auch in Zukunft handlungsfähig sein: You’ll never walk alone.

(Zurufe von der CDU/CSU und der AfD: Oah!)

– Superernste Lage, große Krise, und dann so eine Reaktion – das passt nicht zu dem, was Sie hier in der Generaldebatte sagen wollen. Das passt überhaupt nicht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Florian Oßner [CDU/CSU]: Der Spruch passt nicht!)

– Es steht mir überhaupt nicht zu, die Oppositionsperformance zu kommentieren, aber hier ein „Oah“ zu machen, es zu ironisieren, wenn wir als Regierungsfraktion versuchen, in einer schweren Lage darzustellen, dass wir zusammenstehen in einer Gesellschaft,

(Peter Boehringer [AfD]: Sie Staatsschauspieler! Infantil ist das!)

ist die völlig falsche Message.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Es ist jetzt an uns Abgeordneten, dieses Entlastungspaket hier auch umzusetzen. Mit diesem Paket machen wir tatsächlich beides: Wir entlasten und investieren. Wir entlasten bei den Fahrtkosten für den ÖPNV, wir investieren in die Schiene. Wir entlasten durch ein bundesweit einheitliches Nahverkehrsticket. Ich bin optimistisch, dass es uns gelingt, noch mehr Menschen weg vom Auto in den ÖPNV zu bringen. Dafür allein nehmen wir 1,5 Milliarden Euro in die Hand. Zusammen stark zu sein, bedeutet jetzt, dass sich auch die Länder bewegen müssen, damit wir da zu einem Ergebnis kommen und diese Entlastungen bei den Menschen auch ankommen.

Und wir investieren. Denn wir wissen: Wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen, müssen wir massiv in die Infrastruktur investieren. Deshalb nehmen wir zusätzlich zum Einzelplanentwurf noch mal 1,5 Milliarden Euro in die Hand, um in die Schiene zu investieren. Ich bin optimistisch gestimmt, dass wir noch mehr Menschen dazu bringen, auf den ÖPNV umzusteigen, wenn wir beides tun: entlasten bei den Preisen und investieren in die Infrastruktur. Dann werden wir auch die Mobilitätswende schaffen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Aber das ist noch ein langer Weg. Und wir sehen auch, dass wir erhebliche Probleme in unserer Infrastruktur haben. Das ist natürlich einer Erhöhung der Verkehrslast insgesamt geschuldet; es ist aber auch Ausdruck mangelnder Resilienz und mangelnder Flexibilität in der Verkehrsinfrastruktur.

(Frank Schäffler [FDP]: 16 Jahre!)

Auch hier gilt, dass wir stetig und mit langem Atem investieren müssen.

Ich möchte die Einbringung des Haushalts in Sachen Verkehr hier auch nutzen, um auf ein paar besondere Herausforderungen hinzuweisen, denen wir uns in den kommenden Monaten und Jahren widmen müssen.

Erstens: Wasserstraßen. Wir werden in diesem Haushalt und in den Haushalten der kommenden Jahre nicht darum herumkommen, hier besser zu werden. Wir können es uns nicht leisten, in diesem Bereich auf Verschleiß zu fahren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Ist doch schon längst so!)

Zweitens: besondere Projekte der Infrastruktur von nationaler Bedeutung. Ich möchte die Köhlbrandquerung im Hamburger Hafen nennen. Wir werden einen Ersatzneubau als Tunnel bauen. Dafür bedarf es Planungs- und Finanzierungssicherheit, damit dieses für ganz Deutschland wichtige Projekt nicht verzögert wird.

Drittens: DAK – Digitale Automatische Kupplung. In diesem Haushalt brauchen wir für die Digitale Automatische Kupplung noch keine höheren Aufwendungen; allerdings wird das in den nächsten Jahren ganz anders sein. Es wird einen europäischen und einen nationalen Kraftakt brauchen, um die Digitale Automatische Kupplung in den kommenden Jahren einzuführen. Das wird auch erhebliche finanzielle Mittel benötigen.

Und viertens: Weichen. In den letzten 30 Jahren sind Tausende Weichen aus unserem Schienennetz entfernt worden. Der Bahnchef spricht von 70 000 Weichen. Wie viele es ganz genau sind, wissen wir nicht, aber es sind viele. Viele von diesen Weichen braucht man nicht mehr im Schienennetz, weil Strecken stillgelegt wurden, und andere sind Bauweichen, die nur vorübergehend genutzt wurden.

Die meisten Weichen sind allerdings aus einem anderen Grund entfernt wurden: aus Kostengründen. So eine Weiche kostet nämlich Geld, in der Anschaffung und im Unterhalt. Unter dem Druck von Privatisierungsfantasien und der rein betriebswirtschaftlichen Betrachtung des Schienennetzes in den letzten Jahrzehnten sind die Weichen ausgebaut worden, und das merken wir jeden Tag im Netz.

Weichen machen das Netz resilient gegen Unvorhergesehenes. Man kann Züge mit Weichen umlenken und alternative Routen nehmen. Gibt es keine passenden Weichen, steht der Zug, etwa bei Baustellen. Das merken wir bei jeder Verspätung im ICE-Netz, jeden Tag. Wir merken das in diesen Tagen aber auch bei der Priorisierung von Kohletransporten auf der Schiene. Personenzüge müssen jetzt auch deshalb häufiger warten, weil es keine alternativen Streckenführungen gibt; denn es gibt nicht genug Weichen. Und ganz schlimm wird es bei Unfällen wie jüngst in Hamburg auf der S-Bahn-Linie. Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit unser Netz resilienter wird, brauchen wir wieder mehr Weichen im System.

Ich freue mich auf die Haushaltsverhandlungen; das ist immer eine besonders intensive und interessante Zeit. Lassen Sie uns gemeinsam die Menschen in unserem Land entlasten, und lassen Sie uns in unsere Infrastruktur investieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Hakverdi. – Als nächster Redner erhält das Wort der Kollege Marcus Bühl, AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7538606
Wahlperiode 20
Sitzung 49
Tagesordnungspunkt Digitales und Verkehr
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