06.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 49 / Einzelplan 12

Thomas BareißCDU/CSU - Digitales und Verkehr

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Wissing, wir beraten heute in erster Lesung den Haushalt 2023 für das Bundesverkehrsministerium. Das ist in der Tat einer der größten Investitionshaushalte des Bundes. Gerade hier ist es besonders wichtig, dass wir Langfristigkeit, Verlässlichkeit, Planbarkeit und auch eine nachhaltige Finanzierung als Grundlage nehmen.

Aber, lieber Herr Wissing, gerade bei Ihrem ersten großen Projekt – es gibt noch gar nicht so viele Projekte von Ihnen; bisher haben Sie auf dem aufgebaut, was Ihre Vorgänger in den letzten Jahren gemacht haben –, dem 9‑Euro-Ticket, so muss ich ganz offen sagen, ist letztendlich außer vielen Spesen nichts Bleibendes gewesen. Wir sehen nichts, was hier den Menschen auch langfristig gesehen zugutekommt.

Ohne Frage: Das 9‑Euro-Ticket war beliebt. Es war einfach, es war deutschlandweit gültig, es war günstig. In den drei Monaten haben durchschnittlich über 30 Millionen Menschen das 9‑Euro-Ticket genutzt. Aber es war auch eine unglaublich teure Veranstaltung. 2,5 Milliarden Euro, so viel haben uns diese drei Monate gekostet. Das ist eine enorm hohe Summe, wenn man überlegt, dass das Bundesgeld für Investitionen im Verkehrsbereich 20 Milliarden Euro jährlich ausmacht. Sie haben also über 10 Prozent des jährlichen Etats allein für dieses eine Marketingprojekt ausgegeben. Das ist nicht seriös, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das ist keine Verkehrspolitik, die, langfristig gesehen, auch die Probleme der Menschen adressiert.

Und es hat auch nicht viel gebracht. Die letzten drei Monate haben keinen Mehrwert geschaffen. Das Angebot vor Ort ist nicht besser geworden. Im Gegenteil: Es ist sogar zu befürchten, dass das Angebot in den nächsten Monaten schlechter wird. Es wird auf alle Fälle aufgrund der höheren Energiepreise teurer. Viele Omnibusunternehmen stehen mit dem Rücken an der Wand, und viele vor Ort sagen, sie müssen die Leistungen eventuell kürzen, weil sie einfach nicht mehr die Möglichkeit haben, das finanziell zu tragen. Auch hier fehlen die 2,5 Milliarden Euro, auch hier gibt es einen Rückschritt aufgrund Ihres 9‑Euro-Tickets.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Auch die Ziele wurden verfehlt, meine Damen und Herren. Nur ein ganz geringer Teil der Nutzer ist wirklich vom Auto auf die Bahn oder auf den Bus umgestiegen. Auch das hat leider nicht viel gebracht. Und viele Menschen können das Angebot nicht nutzen, weil sie einfach immer noch auf das Auto angewiesen sind. Deshalb war es oftmals auch ein Programm für die Städte, und die ländlichen Regionen sind wie bei so vielen anderen Projekten Ihrer Regierung leider wieder mal hinten runtergefallen.

Ein wirklich attraktives Angebot schaffen Sie auch nicht mit den 1,5 Milliarden Euro, die Sie hier jetzt am Wochenende beschlossen haben. Auch das wird sicherlich nicht in den nächsten Wochen funktionieren. Auch da haben wir leider nicht viel, was nachhaltig und langfristig finanziert ist.

Herr Wissing, sorgen Sie dafür, dass für den Ausbau und die Investitionen in den ÖPNV langfristig und nachhaltig Mittel fließen, damit wir auch hier Verlässlichkeit für die Kommunen und die Länder haben. Nur dann schaffen wir ein Angebot, das die Menschen auch wirklich nutzen. Nur dann, wenn Verlässlichkeit, Sicherheit und auch Umstiegsmöglichkeiten zwischen den Verbindungen bestehen, werden die Menschen auch wirklich das Auto stehen lassen und den ÖPNV nutzen. Das ist das langfristig erfolgversprechende Modell, das auch wirklich funktionieren wird.

Meine Damen und Herren, die zweite Säule des Entlastungspakets war der Tankrabatt. Auch dazu möchte ich kurz etwas sagen. 40 Millionen Menschen fahren Auto, sind Autofahrer. Und auch wenn der Tankrabatt nicht von allen immer sehr positiv und populär besprochen wurde, hat er den Menschen etwas gebracht. Die Reduktion kam vor Ort an. Und obwohl der Tankrabatt eine wichtige Säule war und auch jetzt die Lage nicht besser ist, wird er klammheimlich wieder zurückgenommen. Die Autofahrer werden voll zur Kasse gebeten: Energiesteuer, Mehrwertsteuer, CO2-Abgabe. Diesel kostet oft über 2,10 Euro und E 10 über 1,80 Euro.

Eine vierköpfige Familie muss voraussichtlich 2 500 Euro mehr zahlen als noch vor einem Jahr, eine enorme Steigerung der Kraftstoffkosten. Das schaffen viele Familien gar nicht mehr. Und Sie lassen diese Familien im Regen stehen, Herr Minister!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie lassen sie im Regen stehen. Und die Menschen, die auf das Auto angewiesen sind, gerade in den ländlichen Räumen, sind hier wieder diejenigen, die in die Röhre schauen.

Zum Thema Technologieoffenheit. Dazu haben wir wenig von Ihnen gehört. Auch da brauchen wir ein klares Bekenntnis gerade der FDP, dass Deutschland weiterhin Technologiestandort bleibt und wir weltweit die besten Antriebstechnologien produzieren.

Wir brauchen Investitionen im Verkehrsetat. Nur so erreichen wir volkswirtschaftlichen Nutzen. Wirtschaftliches Wachstum entsteht in besonderer Weise daraus.

Lieber Herr Wissing, ich bin daher maßlos über das enttäuscht, was Sie hier vorgelegt haben. Ihre Vorgänger haben schrittweise den Etat für Verkehrsinvestitionen von knapp 13 Milliarden Euro im Jahr 2017 auf über 20 Milliarden Euro im Jahr 2021 angehoben. Und Sie machen in Ihrem ersten Jahr 1 Milliarde Euro weniger Ausgaben. Im ersten Jahr, in dem Preissteigerungen in Höhe von 17 Prozent da sind, nehmen Sie eine Reduktion Ihres Etats vor. Das heißt, es gibt einen ganz starken Steinbruch in Ihrem Etat. Sie werden dafür sorgen, dass in den nächsten Jahren wenig investiert werden kann, weniger gebaut werden kann und die Infrastruktur dann einen Rückschritt macht. Das ist die Bilanz.

Kollege Bareiß, Sie können gerne weitersprechen, tun dies aber auf Kosten Ihrer Kollegen.

Ich komme zum Schluss; vielen Dank für den Hinweis. – Ich glaube, dass wir in vielen Bereichen wirklich mehr brauchen. Deshalb sind auch die Haushaltsberatungen, die anstehen, ganz wichtig. Die Wasserstraßen wurden genannt, auch andere Themen.

Wir brauchen verlässliche Investitionen, und die fehlen bei Ihnen, Herr Wissing. Insofern: Leider ein Rückschritt, kein Fortschritt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Wort hat die Abgeordnete Dorothee Martin für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7538611
Wahlperiode 20
Sitzung 49
Tagesordnungspunkt Digitales und Verkehr
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