Franziska HoppermannCDU/CSU - Digitales und Verkehr
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister Wissing! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als die Ampel im Dezember die Besetzung der Ministerien bekanntgab, titelte Telefónica Basecamp euphorisch „Volker Wissing – Digitalminister“. Deutschland war elektrisiert und hoffte auf die digitale Zeitenwende. Gesagt haben Sie aber weder in der Debatte zum Haushalt 2022 noch heute irgendwas zum Thema Digitalisierung.
(Beifall der Abg. Dr. Ingeborg Gräßle [CDU/CSU])
So wie Sie mit Zuständigkeiten und Kompetenzen ausgestattet sind – Sie sind nämlich immer weniger zuständig –, können Sie auch gar nichts voranbringen und vor allem auch gar nichts aufarbeiten, wie Sie gesagt haben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wenn ich jetzt den Haushaltsentwurf nach Digitalthemen durchgehe, sehe ich vollkommenes Chaos, keine Stringenz und ein einziges Kuddelmuddel. Jedes Ressort macht ein bisschen was, und es ist sogar noch schlimmer: Vorher gebündelte Zuständigkeiten, wie zum Beispiel für die Digitallabore, verteilen Sie auf alle Ressorts. Hier ist kein Koch sichtbar, und Sie sind schon gar nicht der Chefkoch. Im Übrigen redete auch in dieser Debatte bisher keiner der Koalitionsabgeordneten von Digitalisierung; es geht nur um digitale Infrastruktur.
(Detlef Müller [Chemnitz] [SPD]: Was? – Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja die Voraussetzung für Digitalisierung!)
Um Ihre Aktivitäten im digitalen Bereich zu illustrieren: Man muss schon dreieinhalb Monate in Ihrem Kalender durchgehen, um 28 Termine mit Digitalbezug zu finden, inklusive Sommerfesten, Grußworten und Gesprächen mit unserer Kollegin Nadine Schön.
(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na immerhin! Soso!)
Sie als Digitalminister zu bezeichnen, darüber würde Andrea Nahles hier wieder singen: „Ich mach’ mir die Welt, wie sie mir gefällt.“
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich hatte keinen Termin bei Herrn Dobrindt!)
Schauen wir mal näher in Ihren Einzelplan. In Kapitel 1204 führen Sie die digitale Infrastruktur auf; andere Kapitel zum Thema Digitales gibt es schon gar nicht. Die digitale Infrastruktur erschöpft sich in der Unterstützung digitaler Zukunftstechnologien und ihren infrastrukturellen Voraussetzungen.
(Falko Mohrs [SPD]: Ihnen ist aber bewusst, dass es ein Sondervermögen gibt, mit dem der digitale Infrastrukturausbau gefördert wird, oder?)
Auch im Vorwort fokussieren Sie sich in der Formulierung der Ziele ausschließlich auf Mobilität und digitale Souveränität. Das reicht nicht. Das soll alles sein, was von der Schaffung eines Digitalministeriums übrig geblieben ist?
(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oje, oje!)
Kommen wir nun zur Umsetzung der nationalen Digitalpolitik. Hierfür planen Sie 1,5 Millionen Euro ein.
Kollegin Hoppermann, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung des Kollegen Mohrs?
Nein, vielen Dank.
(Zurufe von der SPD: Oh!)
Das ist also das, was Sie uns als Digitalbudget angekündigt haben. Für die weitere Entwicklung des Digitalbudgets gilt bei Ihnen: Wenn du nicht mehr weiterweißt, bilde einen Arbeitskreis. Auf das große Digitalbudget können wir also noch ewig warten. Das sollte ja auf die Digitalstrategie folgen; die haben Sie gerade vorgestellt. Dazu fällt mir ein Spruch meiner Großmutter ein. Die sagte immer: Erst die Strümpfe, dann die Schuhe!
(Maximilian Funke-Kaiser [FDP]: Das sagt ausgerechnet die Union!)
Die Strümpfe, Herr Minister, um die es hier geht, sind noch nicht mal gestrickt. Um im Bild zu bleiben: Die Wolle hängt noch am Schaf.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nichts gegen das Schaf!)
Sie malen ein wolkiges Bild der Zukunft ohne konkrete Ziele. Sie bleiben komplett vage. Im Gesundheitsbereich zum Beispiel wollen Sie sich daran messen lassen, dass „das Pflegewesen durch die Digitalisierung und Robotik eine spürbare Unterstützung und Entlastung erfährt“, dass „sich die Datenverfügbarkeit bei der Gesundheitsversorgung verbessert hat“. Diese Ziele sind nicht konkret, nicht messbar und vor allem nicht ambitioniert.
Jedes Haus konnte Projekte benennen, auch solche, die schon ewig in der Pipeline und Umsetzung sind. Es fehlt an einer ganzheitlichen politischen Strategie und an einer Vision. Ihre Digitalstrategie und die mangelnde haushalterische Umsetzung sind eine einzige Enttäuschung.
Unser Fazit ist: Wir sehen nichts bei der Bündelung, nichts bei der Vereinheitlichung, nichts bei Controlling und Steuerung von Digitalisierung durch finanzielle Mittel in Ihrem Ministerium. Sie sollten das Ministerium umbenennen, und zwar wieder in „Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur“. Mehr ist in Ihrem Haus nämlich nicht erkennbar.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Wort hat Tabea Rößner für die Fraktion Bündnis90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7538617 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 49 |
Tagesordnungspunkt | Digitales und Verkehr |