06.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 49 / Einzelplan 16

Klaus MackCDU/CSU - Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz

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Frau Präsidentin! Liebe Frau Ministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser Ziel ist die Bewahrung der Schöpfung, das heißt der Schutz, der Erhalt und die Wiederherstellung der Natur zum Wohle der Menschen in unserem Land, aber auch zum Wohle der nachfolgenden Generationen.

Deshalb führen wir die heutige Debatte zur Einbringung des Bundeshaushalts auch vor dem Hintergrund der Ausgestaltung des Green Deal der EU. Die Europäische Kommission will die biologische Vielfalt fördern. Dazu schlägt sie rechtsverbindliche Ziele für die Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme vor. Warum? Weil die bisherigen Empfehlungen nur zögerlich umgesetzt wurden.

Eine zentrale europaweite Regelung klingt da zunächst schlüssig. Die Bundesregierung sollte aber alles daransetzen, dass die zentralen Vorgaben aus Brüssel subsidiär angelegt werden. Die Länder, die Kreise und die Kommunen müssen auf ihre Verhältnisse vor Ort reagieren können, und wir müssen in Deutschland aufpassen, dass wir nicht wieder in vorauseilendem Gehorsam noch stringentere und noch detailliertere Vorgaben machen, Vorgaben, die am Ende an der Lebenswirklichkeit der Menschen vorbeigehen, gerade auch, Frau Ministerin, beim Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz. Wir brauchen Natur- und Artenschutz mit gesundem Menschenverstand, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und wir brauchen einen Perspektivwechsel in Europa. Die EU will weg vom rein defensiven Schutz von Biotopen und Arten hin zu einer offensiven, naturnahen und artenreichen Gestaltung von Lebensräumen.

Wir hier im Deutschen Bundestag hätten einen solchen Perspektivwechsel längst vollziehen können, und zwar bei der Verabschiedung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes hier im Juli dieses Jahres, als es hier darum ging, Natur- und Artenschutz mit den Klimaschutzzielen unter einen Hut zu bringen und die erneuerbaren Energien beschleunigt auszubauen. Leider haben Sie, liebe Koalitionäre der Ampel, die Chance verspielt, die Energiewende umfassend zu denken. Die Gesetzesnovelle wurde mit heißer Nadel gestrickt. Ihre eigenen Experten im Umweltausschuss sprachen von einem Arbeitsbeschaffungsprogramm für Rechtsanwälte und wiesen auf erhebliche Rechtsunsicherheiten hin. Sie haben die Menschen vor Ort mit unsinnigen pauschalen Vorgaben zur Ausweisung von Windkraftflächen verprellt. Sie haben die Flexibilität vor Ort verhindert. Das ist keine bürgernahe Umwelt- und Klimapolitik, meine Damen und Herren; das ist ein Durchregieren von Berlin aus. So nimmt man die Menschen vor Ort nicht ernst.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ein Punkt ging zumindest in die richtige Richtung: Die Artenhilfsprogramme richten den Fokus nicht mehr auf den Schutz eines einzelnen Vogels; es wird vielmehr der Erhalt der geschützten Population insgesamt in den Blick genommen. Damit sollen mehr Windräder noch schneller gebaut werden. Ob Ihnen das angesichts des handwerklich schlecht gemachten Gesetzes allerdings gelingt, wird das Jahr 2023 weisen. Am Ende wird es wohl viel Wind um nichts gewesen sein.

(Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hahaha!)

Dabei wäre es an der Zeit, diesen Perspektivwechsel im Artenschutz auch auf andere Bereiche auszuweiten. Solange wir aber eine Eidechse für 4 000 Euro pro Stück umsiedeln,

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oah!)

die am Zielort kurze Zeit später gar nicht mehr vorhanden ist, schütteln die Menschen zu Recht den Kopf.

(Dr. Jan-Niclas Gesenhues [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie schütteln den Kopf über solche Vergleiche!)

Oder denken Sie an die Wiederansiedlung des Wolfes: zweifelsohne ein Erfolg für den Artenschutz; aber die Akzeptanz schwindet eben, wenn die Population nicht geregelt wird.

(Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie erzählen doch Anekdoten!)

Ich sage das insbesondere auch mit Blick auf unsere Weidetierhalter. Sie leisten mit ihren Herden einen wertvollen Beitrag. Statt defensiv in diesem Haushalt in kostspielige Erstattungen für Wolfsschäden zu investieren, sollten diese Mittel besser offensiv für die Erforschung der Weidetierhaltung angelegt werden, gerade in Bezug auf den Erhalt wertvoller Ökosysteme. Aber gemäß dem Motto „Ein schwarzes Schaf findet sich immer“ verschließen Sie vor dieser Realität einfach die Augen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Sebastian Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schafe haben wir hier viel zu viele!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Erfolg aller Maßnahmen im Natur- und Artenschutz und damit im Klimaschutz steht und fällt aber natürlich auch mit einem erfolgreichen Vollzug dieser Programme. Beim Naturschutzfonds gab es beispielsweise letztes Jahr große Probleme bei der Verwendung der bereitgestellten Mittel. Auch dieses Jahr sieht es nicht viel besser aus. Wenn Sie aber das Geld nur in irgendwelchen Haushaltsresten hin- und herschieben, ist das wenig nachhaltig; denn an anderer Stelle könnten diese Mittel durchaus Positives für unsere Natur bewirken, zum Beispiel beim Programm zur Wiedervernetzung von Lebensräumen für das Rotwild. Wildtierbrücken können nicht gebaut werden; das Rotwild droht genetisch zu verarmen. Nutzen Sie doch jetzt in den Haushaltsberatungen einfach die Chance, umzuschichten!

Frau Ministerin, die Zahl der Beamtenstellen hat sich beim Bundesamt für Naturschutz mehr als verdreifacht. Allein mehr Personal und mehr Geld zu bewilligen, macht aber eben noch kein Erfolgsrezept.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jeden Tag verschwinden auf der Welt bis zu 150 Tier- und Pflanzenarten.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Und bei den Eidechsen haben Sie gesagt, es sei zu teuer!)

Der heutige Mensch ist also der Natur weitaus gefährlicher geworden, als sie für ihn jemals war. Wir alle haben also Verantwortung, uns für die Artenvielfalt einzusetzen. Erfolgreicher Natur- und Umweltschutz ist aber nur mit den Beteiligten möglich.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Doch wie die Grünen – Sie rufen ja gerade so laut – über Bürgerbeteiligung denken, das wissen wir ja. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann sagte mal bei der Diskussion um einen Nationalpark, es gehe bei der Bürgerbeteiligung ums Gehörtwerden und nicht um eine Politik des Erhörtwerdens.

(Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ah ja! Sie haben mal zugehört!)

Wenn wir die Menschen aber für eine nationale Kraftanstrengung im Klima- und Umweltschutz gewinnen wollen, dann dürfen wir sie mit solchen Aussagen eben nicht vor den Kopf stoßen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

„Panta rhei“, „Alles fließt“, das wussten schon die alten Griechen. Wir wollen und müssen also einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten. Das bedeutet, dass wir wegmüssen von starren, vergangenheitsbezogenen Regulierungen. Wir müssen eine moderne Umweltpolitik gestalten, und zwar mit den Menschen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Als Nächstes erhält das Wort die Abgeordnete Nadine Heselhaus für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7538642
Wahlperiode 20
Sitzung 49
Tagesordnungspunkt Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
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