Helge LindhSPD - Bundeskanzler und Bundeskanzleramt
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herrschaften von der AfD, wer mit dem nationalistischen russischen Regime und den dortigen Energieerpressern fraternisiert wie Sie,
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Und das sagt einer von der SPD!)
der sollte angesichts der Energienot bei Kultur und Medien eines tun: beschämt das Haupt senken und einfach die Klappe halten.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Sagen Sie das Frau Schwesig!)
Das war nämlich der Gipfel der Scheinheiligkeit Ihrerseits.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wer, liebe Kolleginnen und Kollegen, gesellschaftlichen Fortschritt und Modernität nicht nur als technologischen Fortschritt begreift, der will und braucht starke Kultur und starke Medien. Weil das so ist, ist jetzt der Moment gekommen, dankzusagen, insbesondere den Kulturschaffenden, die nicht nur in den aktuellen Krisen, sondern seit Jahrzehnten oft unter prekären Arbeitsbedingungen genau das tun, nämlich in diesem Labor gesellschaftlicher Modernität arbeiten, sehr innovative Formen der Solidarität und Kollaboration finden und dabei eben nicht lamentieren, sondern handeln. Danke Ihnen, danke euch für diese Arbeit – ja, das ist Arbeit!
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf von der AfD: Wie bei Margot!)
Deshalb ist das, was wir tun, eben keine Wohltätigkeit, kein Almosen und auch kein Mäzenatentum, sondern es ist schlicht Pflicht – eine Pflicht, die aus dem deutschen Sozialstaat und Kulturstaat erwächst. Deshalb halte ich es für angebracht, dass wir, wenn wir zu Recht von kommunaler Daseinsvorsorge sprechen – darüber sprechen wir viel zu selten –, auch von kultureller Daseinsvorsorge sprechen; darum geht es. Es geht nicht um ein Add-on, ein Ornament, sondern es geht um das Elementare. Wenn wir den vorsorgenden Sozialstaat beschwören – wir sollten ihn heutzutage viel mehr beschwören –, dann, finde ich, sollten wir auch vom vorsorgenden Kulturstaat sprechen; so wichtig ist die Frage, von der wir sprechen.
Deshalb ist es eine gute Nachricht, dass die Mittel für den Kulturhaushalt wiederum gestiegen sind, stabilisiert werden konnten, gerade in der Krise und in der Situation des Sparens. Größten Respekt schulden wir dem Finanzminister, dem Kanzler und auch der Staatsministerin, dass sie es unbürokratisch möglich gemacht haben, dass ungefähr 1 Milliarde Euro aus dem Sonderfonds eingesetzt werden kann für Energienot im Bereich Kultur und Medien.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wenn es uns dann auch noch gelingt, das im Zusammenspiel mit Kommunen und Ländern mit einer gewissen bürokratischen Enthaltsamkeit und administrativen Diät umzusetzen, dann ist den Betroffenen noch mehr geholfen. Dabei geht es nicht nur um professionelle Kulturschaffende, sondern auch um den ganzen Bereich der Amateurkunst, der Chöre, der Kulturvereine, all der vielen, für die die Bedrohung durch die Energiekrise eine essenzielle Bedrohung ist.
Wenn wir – das erlaube ich mir auch zu sagen – kulturellen Fortschritt wollen, der weit mehr ist als das Aufzählen kultureller Tanker – wie ich es in einigen konservativen Kulturreden vernommen habe –, dann ist das gerade nicht der Syllogismus, also der logische Dreisatz, den Herr Merz vorhin präsentiert hat. Der ging ungefähr folgendermaßen: Staat ist Marktwirtschaft, ich bin die Marktwirtschaft, ergo bin ich der Staat – „L’État, c’est moi“. Das ist aber kein kultureller Fortschritt, das ist auch keine Politik, das ist Abwesenheit von Politik. Wo ist da Ernst? Wo ist die Bevölkerung? Und wo ist da eine Idee? Ich entdecke sie nicht.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Thomas Hacker [FDP])
Deshalb wollen wir Kultur und Medienpolitik mit einer Idee und mit der Bevölkerung, wir wollen den vorsorgenden Kultur- und Sozialstaat, in dem das, was die Kulturschaffenden leisten, begriffen wird als das, was es ist: harte gesellschaftliche und kulturelle Arbeit, die auch der entsprechenden Absicherung und Unterstützung bedarf. Wir sind gefordert, das nicht nur jetzt in der Krise, sondern auch künftig sicherzustellen und uns an den Kulturschaffenden, die nicht lamentiert haben, über Jahrzehnte, sondern gehandelt haben, ein Beispiel zu nehmen.
Was aber nicht sein kann ist – auch das ist ein Appell an konservative Fiskalpolitik –: dass reiche Kommunen und wohlhabende Menschen, die dort wohnen, sich Kultur leisten können, –
Herr Kollege.
– aber in armen Kommunen Kultur zum Luxus wird. Das ist zutiefst unsozial, ja, das ist buchstäblich asozial, nämlich gesellschaftsschädigend.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Erhard Grundl hat das Wort für Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 50 |
Tagesordnungspunkt | Bundeskanzler und Bundeskanzleramt |