07.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 50 / Einzelplan 04

Sepp MüllerCDU/CSU - Bundeskanzler und Bundeskanzleramt

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler, ich durfte Ihren vorherigen Ausführungen in der Generaldebatte lauschen. Zumindest für uns Ostdeutsche gehen diese ein wenig an der Realität vorbei. Sie haben am Anfang der Legislaturperiode gesagt, Sie wollen den Osten stärken, und haben den Staatsminister und den Beauftragten für Ostdeutschland in das Kanzleramt geholt. Sie haben vor einigen Monaten gemeinsam mit allen Ministerpräsidenten im Osten Deutschlands eine Riemser Erklärung auf den Weg gebracht, die inhaltlich richtig war, die deswegen auch unsere Unterstützung gefunden hat und die wir zur Abstimmung im Deutschen Bundestag gestellt haben. Dieser Riemser Erklärung ist die Ampelkoalition nicht gefolgt. Allen Worten, Herr Bundeskanzler, die Sie dort gefunden haben, insbesondere auf die Besonderheiten der neuen Bundesländer einzugehen, folgen keine Taten. Anscheinend haben Sie andere Realitäten im Bundeskanzleramt als Gesamtdeutschland und insbesondere Ostdeutschland, wo die Menschen betroffen sind.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wann kommen endlich die Lösungen? Sie legen mit Ihrer Politik die Axt an die Wurzeln der ostdeutschen Wirtschaft, insbesondere des Mittelstandes. Sie wissen, dass mit den Stickstoffwerken Wittenberg-Piesteritz der größte Gasverbraucher Deutschlands im Osten Deutschlands sitzt. Ihre Antwort auf meine Anfrage zeigt, dass Sie über die Probleme genau informiert sind und Sie mögliche Lösungen prüfen. Sie wissen auch, dass mittlerweile die ersten Nachfolgeunternehmen Kurzarbeit anmelden, weil das Ammoniak ausbleibt.

Ihre Politik des Stillstands, der Realitätsverweigerung ist nicht marktgetrieben, ist nicht technikgetrieben, sondern treibt die Menschen im Osten Deutschlands in die Kurzarbeit und später in die Arbeitslosigkeit. Und dafür tragen Sie einzig und allein die Verantwortung, Herr Bundeskanzler.

(Beifall des Abg. Alexander Dobrindt [CDU/CSU])

Ihr Entlastungspaket ist zu viel Gießkanne und zu wenig Genaues. Die angekündigten Unternehmenshilfen gehen absolut ins Leere, sie sind zu spät, sie sind nicht genau, und sie sind vor allem unkonkret. Die Umlage, die Sie ankündigen, unter der die mittelständische Wirtschaft, insbesondere Bäckereien, leidet und wegen der Unternehmen jetzt schon in Insolvenz gehen – vielleicht erklären Sie Ihrem Bundeswirtschaftsminister, was das bedeutet –, ist sozial ungerecht. Erklären Sie einer Verkäuferin bei uns im Supermarkt mit 1 500 Euro netto, alleinerziehend, warum sie mit ihrer Umlagezahlung Unternehmen retten soll, die dieses Jahr Milliardengewinne ausweisen werden. Das ist sozial ungerecht und hat nichts mit Respekt zu tun, Herr Bundeskanzler.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie führen sehenden Auges den Mittelstand in Ostdeutschland in den Ruin. Es droht steigende Arbeitslosigkeit, insbesondere aufgrund der Besonderheit des nationalen Embargos. Es ist richtig, dass wir uns schnellstmöglich von russischen Öl- und Gaslieferungen unabhängig machen. Aber Sie kennen die Probleme, die wir in Schwedt haben. Wir haben technische Probleme. Und da fehlen die Lösungen. Sie wissen, dass Schwedt mit 100 Prozent Rohöl versorgt werden muss. Das funktioniert nur, wenn der Rostocker Hafen ausgebaggert wird. Wo ist die Antwort? Das funktioniert nur, wenn eine Pipeline mit Verdichterstationen aufgebaut wird. Wo ist dort die Antwort? Das funktioniert nur, wenn nicht nur die Züge Vorrang haben, sondern wenn auch ausreichend Material und Lokführer vorhanden sind. Wo ist dort die Antwort aus dem Bundeskanzleramt? Hier versagen Sie. Wenn Schwedt am 1. Januar nächsten Jahres leerläuft, dann wird es Ihre Verantwortung sein, dass Hunderte, Tausende Menschen in die Arbeitslosigkeit gehen. Das wird Ihnen der Osten nicht verzeihen, Herr Bundeskanzler.

(Beifall bei der CDU/CSU – Kay Gottschalk [AfD]: Auch der Westen nicht!)

Robert Habeck war auch in Schwedt. Dazu folgendes Zitat:

Das Prinzip Habeck geht so: Auftritte filmreif, handwerkliche Umsetzung bedenklich und am Ende zahlt der Bürger drauf.

Dieses Zitat, liebe Kollegen der Sozialdemokratie, stammt von Ihrem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Dirk Wiese. Anscheinend hat er Robert Habeck nicht nur gestern im Fernsehen zugeschaut, sondern auch bei seinem Auftritt in Schwedt. Wir brauchen 100 Prozent Ölversorgung – dann kann sofort das nationale Embargo kommen –, damit die Menschen nicht nur in Schwedt wegen der drastisch teureren Fernwärme nicht im Kalten sitzen, sondern damit wir auch Treibstoffproduktion im ganzen Land haben.

Herr Bundeskanzler, beenden Sie diesen Klamauk. Holen Sie die Energie endlich ins Kanzleramt. Halten Sie Ihre Versprechen für Schwedt, für Leuna und für ganz Ostdeutschland. Schaffen Sie diese unsägliche Gasumlage ab.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Wort hat der Staatsminister Carsten Schneider.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7538690
Wahlperiode 20
Sitzung 50
Tagesordnungspunkt Bundeskanzler und Bundeskanzleramt
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