07.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 50 / Einzelplan 05

Gabriela HeinrichSPD - Auswärtiges Amt

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Historikerinnen und Historiker werden wohl dereinst die aktuellen Jahre als „Zeiten der globalen Krisen“ bezeichnen: Klimawandel, Pandemie, Konflikte bis hin zu einem Krieg mit weltweiten Auswirkungen. Diese Krisen bestimmen die internationale Politik. Und in diesen Zeiten kommt dem Haushalt des Auswärtigen Amtes natürlich eine ganz besondere Bedeutung zu.

Deutschland ist ein geschätzter und anerkannter Partner, steht aber gerade auch deshalb unter Beobachtung durch unsere Partnerländer. Der Haushalt des Auswärtigen Amtes ist ein Kristallisationspunkt für die internationalen Beziehungen und für Deutschlands Verantwortung in der Welt. Das muss auch im Einzelplan 05 abgebildet werden.

Die Vereinten Nationen als Garant für eine regelbasierte Weltordnung wollen und müssen wir weiter stärken. Die UNO ist die Plattform für zahlreiche fortschrittliche Initiativen und unter Umständen auch dafür, einen Frieden vorzubereiten. Aber auch das Klimaabkommen müssen wir erfüllen; das ist absolut zentral. Wir verfolgen weiterhin den multilateralen Ansatz, was in der Krise nicht leichter geworden ist.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir nehmen jetzt mit Beobachterstatus an den Konferenzen des Atomwaffenverbotsvertrags teil. Und wir helfen mit, Konflikte friedlich unter Leitung der UNO beizulegen.

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, neben dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine gibt es leider auch in vielen anderen Teilen der Welt Gewalt, Zerstörung, sinnloses Blutvergießen. Das aktuelle Friedensgutachten spricht von 128 Konflikten. Hinzu kommen die Auswirkungen des Klimawandels: Dürren und Hunger. Die UN warnen aktuell zum Beispiel vor einer unmittelbar bevorstehenden humanitären Notlage in Somalia.

Deutsche Außenpolitik muss in vielen Regionen die blanke Not lindern. Dafür brauchen wir eine starke humanitäre Hilfe. Deswegen sind viele von uns auch nicht so glücklich mit einigen Ansätzen im Einzelplan 05. Der Ansatz für humanitäre Hilfe im Ausland ist zwar in den letzten zehn Jahren massiv gestiegen – das war richtig –, er hat aber trotzdem schon in der Vergangenheit nicht gereicht. Die Mittel für humanitäre Hilfe im Ausland müssen Kriege und die Folgen des Klimawandels unbedingt abbilden. Dafür werden wir uns in den Haushaltsberatungen einsetzen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ähnliches gilt für die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik; es ist bereits angesprochen worden. Sie soll mit einem Finanzvolumen von knapp 1 Milliarde Euro ausgestattet werden. Wir werden auch hier versuchen, in den Haushaltsberatungen die sogenannte Kulturmilliarde wieder zu erreichen; sie ist wichtig. Mit diesen Geldern betreiben wir werteorientierte Außenpolitik. Kultur, Bildung, das Angebot zur Vermittlung unserer Werte – alles das stärkt die Zivilgesellschaft in unseren Partnerländern. Es ist, denke ich, eine Frage der Glaubwürdigkeit, hier genug Geld in die Hand zu nehmen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte das Friedensgutachten noch einmal heranziehen. Es gibt ein ganzes Kapitel über die feministische Außenpolitik; das ist eine lohnende Lektüre. Da steht zum Beispiel – ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis –:

Internationale Politik muss inklusiver gestaltet werden. Sie muss Standards entgegenwirken, die auf Überlegenheitsdenken, patriarchalischen Strukturen oder Normen der Heterosexualität basieren.

Deshalb ist es auch richtig, dass das Auswärtige Amt in diesem Sinne arbeitet. So wie es richtig ist, dass die Entwicklungsministerin das Thema „feministische Entwicklungspolitik“ besetzt. Feministische Außenpolitik und feministische Entwicklungspolitik sind zwei Seiten einer Medaille.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Die Bedürfnisse von Mädchen und Frauen müssen überall mitgedacht werden. Ihnen stehen die sogenannten drei Rs zu: gleiche Rechte, gleiche Ressourcen und gleiche Repräsentanz. Frauen angemessen einzubinden, ist, wie wir wissen, sehr schlau. Die Stellung der Frau ist der beste Indikator für die Friedfertigkeit eines Staates. Werden die Perspektiven von Frauen und Mädchen nicht berücksichtigt, bleiben Krisenprävention und Krisenbewältigung immer unzureichend, und die Ursachen von Konflikten werden allenfalls symptomatisch bearbeitet. Wir wollen aber an die Wurzel.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, noch ein paar Worte zur Königsdisziplin des Auswärtigen Amtes, der Diplomatie. Sie haben erwähnt, wie Sie es sehen, und ich kann für die SPD-Bundestagsfraktion sagen: Wir haben stets deutlich gemacht: Wir geben der Diplomatie immer den Vorrang. – Dass jetzt mehr über Waffenlieferungen und über Entlastungspakete für die Bürgerinnen und Bürger diskutiert werden muss, liegt allein am russischen Überfall auf die Ukraine.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Putin ist aktuell null an Verhandlungen interessiert, und er war es auch nie. Olaf Scholz hat es ja – wie viele andere auch – versucht. Wir können im Moment nur die Tür offen halten und die VN, wo es geht, unterstützen. Ob Putin dereinst hindurchgeht, steht in den Sternen.

Wir haben entschlossen auf diesen Angriff reagiert, und das war richtig. Im besten Falle bereiten Unterstützung für die Ukraine und Sanktionen gegen Russland der Diplomatie den Weg. Im genannten Friedensgutachten von 2022 steht das so – ich darf noch mal zitieren –:

Sanktionen und militärische Unterstützung für die Ukraine müssen dem Zweck dienen, Russland zu einem verlässlichen Waffenstillstand und langfristig zu einer Friedenslösung zu bewegen, die Völkerrechtsbruch

– und das ist wichtig –

nicht belohnt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Deutschland ist ein verlässlicher, respektierter und geachteter Partner in der Welt. Die SPD-Bundestagsfraktion wird sich dafür einsetzen, dass dem Auswärtigen Amt für seine wichtige Arbeit ausreichend Mittel zur Verfügung stehen: für Diplomatie und Krisenprävention, humanitäre Hilfe, Abrüstung und Rüstungskontrolle sowie Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik. Wenn wir Verantwortung in der Welt übernehmen wollen – wenn wir diese Rolle wirklich ausfüllen wollen –, dann kostet das Geld. Geld, das wir jetzt einplanen müssen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Michael Espendiller für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7538701
Wahlperiode 20
Sitzung 50
Tagesordnungspunkt Auswärtiges Amt
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