07.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 50 / Einzelplan 05

Frank SchwabeSPD - Auswärtiges Amt

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Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Herr Krichbaum, vielleicht sollten Sie sich das Protokoll noch einmal angucken und nachlesen, was Sie gerade erzählt haben. Sie haben ja dargestellt, wie sich der Strom so verteilt. Die Wahrheit ist, dass wir in der Regel Strom aus Deutschland nach Frankreich exportieren, und der Bundeskanzler hat es heute Morgen schon einmal gesagt: Wären wir Ihren atompolitischen Vorstellungen gefolgt, dann wären wir nicht da, wo wir heute sind, auch nicht beim Ausbau der erneuerbaren Energien, und wären in der Tat in der energiepolitischen Sackgasse. Deswegen empfehle ich auch an dieser Stelle, Ihren Vorstellungen nicht zu folgen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Jede Generation, die politisch unterwegs ist, glaubt ja, dass sie in einer sehr schwierigen politischen Lage lebt. Nehmen wir einmal an, die Lage ist politisch schwierig. Wir haben heute Morgen in der Tat eine sehr stark innenpolitisch geprägte Debatte geführt. Wenn die Lage innenpolitisch schwierig ist, ist sie außenpolitisch mindestens genauso schwierig.

Wir haben gesteigerte Bedarfe – das ist schon dargestellt worden –, und wir haben – wir sind mitten in einer Haushaltsdebatte, und deswegen kann man das auch so klar benennen – eben eine Situation, dass aufgrund der konjunkturellen Lage die finanziellen Spielräume in diesem Bundeshaushalt entsprechend eng sind. Deswegen wird es eine große Herausforderung.

Ich habe von fast allen – nicht alle haben es erwähnt – hier gehört, dass die Mittel, die im Etat des Auswärtigen Amts, aber auch des Entwicklungsbereichs vorgesehen sind, zu gering sind. Deswegen wird es an uns allen sein, bis zum November dafür zu sorgen, dass wir den Herausforderungen da jedenfalls stärker gerecht werden.

(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Das kann die Regierung vorlegen!)

Das wird eine harte Arbeit, die auf uns zukommt.

Wie der Zustand der Welt ist, wurde, glaube ich, durch das beschrieben, was heute Morgen die Bundestagspräsidentin bei der Würdigung von Michail Gorbatschow gesagt hat. Wenn man seine Rolle mit der Realität bezüglich Wladimir Putin im Jahr 2022 vergleicht, dann beschreibt es eigentlich das, was wir in den letzten 30 Jahren an Hoffnung hatten, was wir erreicht haben, zum Beispiel beim Aufbau des Internationalen Strafgerichtshofs, des Jugoslawientribunals, im Bereich der Abrüstung, was aber auch in den letzten Jahren zunichte gemacht wurde und was eben auch gerade aktuell politisch nicht mehr möglich ist.

Diese Regierung hat sich vorgenommen, den Multilateralismus zu stärken, Menschenrechte in den Mittelpunkt zu stellen, die Schwachen durch eine feministische Außen- und Entwicklungspolitik zu stärken, Geflüchtetenschutz zu stärken und Krisenprävention, humanitäre Hilfe und Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik zu stärken. So steht das jedenfalls im Koalitionsvertrag. Aber alles das gerät eben zurzeit unter Druck: durch die Realität einer brutalen Machtpolitik, wie wir sie eben durch Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine sehen, durch das, was China immer mehr tut, aber andere Länder eben auch. Und gleichzeitig haben wir geringere Spielräume im Bundeshaushalt.

Dennoch: Deutsche Außenpolitik, die jedenfalls Menschenrechte auch in den Mittelpunkt stellen will, muss mit anderen Ländern Klartext reden, muss bilateral Klartext reden und muss das auch durchhalten, auch in diesen aktuellen Zeiten, auch bei stattfindenden Regierungskonsultationen.

Ich will das Beispiel Indien nennen, ein Land, mit dem wir eine gute Partnerschaft haben wollen und haben müssen – in der Klimapolitik, in der Wirtschaftspolitik, bei der Frage des Multilateralismus –, wobei es aber eben auch hochproblematische Entwicklungen gibt, so durch einen um sich greifenden Hindu-Nationalismus, Einschränkungen von Religionsfreiheit und eben auch durch die Einschränkung von Menschenrechts- und Nichtregierungsorganisationen. Dennoch müssen wir Klartext reden, auch wenn wir Indien für einen Multilateralismus, für unsere multilaterale Politik brauchen.

Zudem müssen wir dafür sorgen, dass Außenpolitik und Entwicklungspolitik ausreichend ausgestattet sind. Ich will es noch einmal sagen: Im Koalitionsvertrag steht, dass wir im Bereich der Außenpolitik und der Entwicklungszusammenarbeit einen Aufwuchs der Mittel von eins zu eins im Vergleich zum militärischen Bereich haben wollen. Wenn man sich die Zahlen anguckt, sieht man: Wir haben ein Jahrzehnt einer sehr positiven Entwicklung gehabt. Wir sind im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit in Richtung 0,7 Prozent marschiert. Wir hatten im Bereich der humanitären Hilfe einen Aufwuchs um 350 Millionen Euro auf 2,7 Milliarden Euro. Wir haben die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik gestärkt. Wir haben mehr Mittel für den internationalen Klimaschutz eingesetzt. Aber summa summarum, würde ich sagen, fehlen jetzt round about 2 oder 3 Milliarden Euro in diesem Bundeshaushalt. Und ich sage es noch mal: Wenn wir den internationalen Anforderungen in dieser Zeit gerecht werden wollen und wenn wir die Balance halten wollen zwischen dem, was wir militärisch tun müssen, und dem, was unser Anspruch im zivilen Bereich der Krisenprävention und der Krisenhilfe ist, dann ist bis zum November noch viel Arbeit zu leisten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich will betonen, dass wir über die Stärkung des Bundeshaushalts im Bereich der Menschenrechtspolitik, im Bereich des Ausbaus der Menschenrechtsarchitektur viel erreichen. Wir haben die Botschaften besser ausgestattet, sodass sie Menschenrechtsthemen stärker adressieren können. Wir haben uns vorgenommen, die Beauftragte für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe in ihrem Amt zu stärken.

Wir sind dabei, die multilaterale Zusammenarbeit auch finanziell zu unterstützen. Mein Paradebeispiel ist immer der Europarat; er steht vor großen Herausforderungen. Wenn wir die Welt beschreiben und vor welch schwierigen Herausforderungen für Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit sie steht, dann ist der Kern des Ganzen am Ende doch dieses Europa. Und wir müssen alles tun, dieses Europa dann auch als Kern dieser Werte zu erhalten; das wird schwierig genug. Wir haben Russland aus dem Europarat rausgeworfen – zu Recht. Wir haben Länder wie Ungarn, Polen, die Türkei, Aserbaidschan dabei, aber auch Länder wie Dänemark, wie Großbritannien, hoffentlich nicht eine neue Regierung in Italien, die es mit bestimmten Dingen des Menschenrechtsschutzes und des Respektes der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht so ernst nimmt.

(Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Das sozialdemokratisch regierte Dänemark!)

– Ja, alles das.

Ich sehe große Probleme auf uns zukommen, was den Respekt vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und dessen Urteilen angeht. Deswegen sage ich: Umso mehr muss das im Zentrum der deutschen Außenpolitik stehen. Das wird in diesem Haushalt auch durch eine Stärkung der Mittel für den Europarat deutlich. Das finde ich gut, und ich finde, das verdient den Respekt und die Unterstützung des gesamten Hauses.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Das Wort hat der Abgeordnete Petr Bystron für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7538707
Wahlperiode 20
Sitzung 50
Tagesordnungspunkt Auswärtiges Amt
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